Yersiniose (Pseudotuberkulose)
Im Allgemeinen versteht man unter einer Yersiniose alle Infektionen, die durch Bakterien der Gattung Yersinia verursacht werden. Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES wurden Hasen auf Yersinien-Arten hin untersucht. |
Zu der Gattung Yersinia gehören neben dem Erreger der Pest, Yersinia pestis, zwei für Hasen, Kaninchen und andere Nagetiere ansteckende Erreger: Yersinia (Y.) pseudotuberculosis und Yersinia (Y.) enterocolitica.
In der Humanmedizin wird in der Regel eine Infektion mit dem Erreger Y. enterocolitica als Yersiniose bezeichnet.
In der Veterinärmedizin ist jedoch mit dem Begriff „Yersiniose“ häufig nur die Infektion mit dem Bakterium Y. pseudotuberculosis gemeint, die bei Hasen, Kaninchen und Nagetieren eine verlustreiche, manchmal seuchenhaft verlaufende Krankheit verursacht. In Bezug auf die Organveränderungen wird synonym auch der Begriff „Pseudotuberkulose“ verwendet.
Übertragung
Beide Erreger (Y. enterocolitica und Y. pseudotuberculosis) sind in der Natur weit verbreitet. Sie überleben und vermehren sich im Erdboden oder in aquatischen Umgebungen.
Y. pseudotuberculosis ist gegen äußere Einflüsse sehr widerstandsfähig und kann in der Umwelt monatelang infektiös bleiben. In Wasser kann sich dieses Bakterium bei 18-20 Grad Celsius sogar vermehren, so dass insbesondere in feuchten Biotopen die Krankheit das ganze Jahr über zu beobachten ist. Gegen hohe Temperaturen und Eintrocknung ist das Bakterium dagegen sehr empfindlich.
Im Labor lassen sich Yersinien auf Nährböden (Universal- und/oder Selektivplatten) relativ einfach anzüchten. Die Differenzierung erfolgt dann anhand des Wachstumsverhaltens der Yersinia-Bakterien auf den eingesetzten Nährböden und deren biochemischen Eigenschaften.
Die Yersiniose ist eine typische Faktorenkrankheit, d.h. es müssen bestimmte Faktoren zusammenkommen, damit die Erkrankung ausbricht. Sie tritt insbesondere bei einer Schwächung der Widerstandskraft, beispielsweise in lang andauernden Kälte- oder Nässeperioden und dadurch entstehender Nahrungsknappheit, Endoparasitenbefall oder Stress, bei Hasen daher vor allem im Winterhalbjahr auf.
Krankheitsbild
Kommt es bei einer Infektion mit Y. pseudotuberculosis zu einer bakteriellen Erregerstreuung (Sepsis) zeigen betroffene Tiere einen normalen Ernährungszustand, können jedoch leichte Allgemeinstörungen aufweisen. Diese Form der akuten Yersiniose ist recht selten.
Bei der Zerlegung zeigen sich unspezifische Symptome wie Milzschwellung, Schwellung von Darmlymphknoten sowie eine Entzündung des Darmtraktes.
Wesentlich häufiger ist die subakut bis chronische Verlaufsform, die nach ca. 8-10 Tagen manchmal jedoch auch erst nach einigen Wochen zum Tode führt. Chronisch erkrankte Hasen sind hochgradig geschwächt, magern stark ab und sind apathisch. Atembeschwerden und Durchfälle sowie Inkoordination und Lähmungen können vorkommen.
Beim Aufbruch zeigen sich vergrößerte Darmlymphknoten und stecknadelstich- bis erbsengroße, graue bis gelblich-weiße Knötchen, hauptsächlich in Leber und Milz, mit verkästem Inhalt. Auch lassen sich weißliche, hirsekorn- bis erbsengroße, z.T. ineinander übergehende Entzündungsherde in anderen Organen wie Haut oder Hoden beobachten. Bei den Knötchen bzw. Entzündungsherden handelt sich um eine pyogranulomatöse Entzündung. Diese erinnern an tuberkulöse Granulome, was zur Bezeichnung „Pseudotuberkulose“ geführt hat.
Feingeweblich setzen sich diese Entzündungen aus neutrophilen Granulozyten, Makrophagen, Lymphozyten, Plasmazellen sowie Plaque-artigen Bakterienkolonien zusammen.
Obwohl die Organbefunde bei Pseudotuberkulose recht charakteristisch sind, müssen im Labor andere differentialdiagnostisch bedeutsame bakteriell bedingte Erkrankungen ausgeschlossen werden (Brucellose, Tularämie, Pasteurellose und Tuberkulose).
Untersuchungen im LAVES
Im Jahr 2014 wurden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES 153 Hasen untersucht, von denen sich 41 Hasen als positiv erwiesen. Dabei handelte es sich 36 mal um eine Infektion mit Y. pseudotuberculosis, und vier mal um eine Ansteckung mit Y. enterocolitica.
Einer der Hasen wies interessanterweise eine selten vorkommende Doppelinfektion mit beiden Yersinien-Arten auf. Von zwölf untersuchten Wildkaninchen konnte 2014 bei einem Tier Y. pseudotuberculosis nachgewiesen werden. Bei den seit Jahresbeginn 2015 untersuchten 21 Hasen wurde bei sieben Tieren der Erreger Y. pseudotuberculosis nachgewiesen.