Im Rahmen einer Doktorarbeit, die im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover (LVI BS/H) durchgeführt und 2013 abgeschlossen wurde, konnte bei 30 von mehr als 200 daraufhin untersuchten Waschbären aus fünf niedersächsischen Landkreisen das Staupevirus nachgewiesen werden. Am häufigsten kam das Virus bei Tieren aus dem Landkreis Hameln-Pyrmont vor. Retrospektive Untersuchungen lassen aber vermuten, dass die ersten infizierten Waschbären ursprünglich aus dem benachbarten Landkreis Holzminden stammten und die Infektion möglicherweise dort ihren Ursprung nahm.
Staupe - nach wie vor aktuell
Hochansteckend und häufig tödlich endend ist die Staupe eine der gefürchtetsten Viruskrankheiten bei Hunden. Die Sterbewahrscheinlichkeit betroffener Hunde nach Infektion wird weltweit nur von der Tollwut übertroffen. Das Hundestaupevirus wird immer wieder bei Wildtieren nachgewiesen, denn neben dem Hund erkranken ebenso Wildtiere wie Dachs, Baum- und Steinmarder, Fuchs, Iltis, Wiesel, Fischotter sowie Wolf und zunehmend der Waschbär.
Ausgelöst wird die Hundestaupe durch das Canine Staupevirus, das eng mit dem Masernvirus des Menschen verwandt ist. Für Menschen ist das Hundesstaupevirus allerdings ungefährlich. Ein weiterer Verwandter ist das Seehundstaupevirus, das nach der Epidemie im Jahr 2002 in Nord- und Ostsee den Tod von Tausenden von Seehunden verursachte.
Das Canine Staupevirus wird, wie auch das Masern- und Seehundstaupevirus, durch Speichel, Nasen-, Augensekret, Kot und Urin infizierter Tiere übertragen. Empfängliche Tiere können sich somit direkt über diese Ausscheidungen durch gegenseitiges Belecken oder Tröpfcheninfektion anstecken oder nehmen den Krankheitserreger mit verunreinigtem Futter, Wasser oder aus der Umgebung auf. Besonders gefährdet sind Jungtiere durch Alttiere, die das Virus in sich tragen und ausscheiden, aber nicht selbst erkrankt sind.
Gerade Fuchs, Marder und der Waschbär werden als sogenannte Erregerreservoire des Staupevirus angesehen. Bedingt durch das reichhaltige Nahrungsangebot, fehlenden Jagddruck und der schnellen Lern- und Anpassungsfähigkeit trifft man sie immer häufiger in der Nähe menschlicher Siedlungen an. So können sich nicht impfgeschützte Hunde nicht nur durch andere Hunde, sondern auch durch Wildtiere in ihrer näheren Umgebung oder auch beim Waldspaziergang infizieren.
Untersuchungsergebnisse des LAVES
Ergebnisse aus den Jahren 2021 bis 2023: Schwerpunkt Staupenachweis bei Füchsen
Die Ergebnisse der Untersuchungen der vergangenen Jahre, die im Wildtierkompetenzzentrum des Lebensmittel- und Veterinärinstituts (LVI) Braunschweig/Hannover am Standort Hannover durchgeführt wurden, bestätigen das hohe Vorkommen der Hunde Staupe in eingesandten tot aufgefundenen oder aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten beziehungsweise Krankheitsanzeichen erlegten Wildtieren in Niedersachsen.
95 karnivore Wildtiere wurden im Jahr 2023 untersucht. Im Rahmen der Tollwutausschlussuntersuchung wird differentialdiagnostisch auch eine Staupevirus-Infektion abgeklärt. Insgesamt wurde bei 33 Prozent der Tiere das Staupevirus nachgewiesen, darunter waren Waschbären (vier positive von acht untersuchten), Marder (ein positiver von zehn untersuchten) sowie ein Fischotter. Den größten Anteil an Einsendungen machten wie in den Vorjahren die Füchse aus (64 Tiere), wovon 39 Prozent positiv waren. Neun untersuchte Dachse und zwei untersuchte Marderhunde waren negativ.
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 168 Wildtiere im LVI Braunschweig/Hannover mittels Immunfluoreszenz oder PCR auf das Staupevirus hin untersucht. Bei 48 Tieren (29 Prozent) konnte das Virus nachgewiesen werden. Den größten Anteil an Einsendungen bildeten die Füchse: 40 (38 Prozent) der eingesandten 104 Füchse waren positiv. Von den 31 eingesandten Waschbären wurden fünf (16 Prozent) positiv befundet. Bei einem vom 17 Dachsen und zwei von acht Mardern (Mustelidae) wurde das Virus ebenfalls gefunden. Die acht untersuchten Marderhunde waren alle negativ.
Im Jahr 2021 wurden 146 Wildtiere zur Untersuchung auf Staupe eingesandt. Das Wildtierspektrum umfasste Dachse, Füchse, Marder, Waschbären und Marderhunde sowie verschiedene weitere Tierarten, wobei die Füchse die größte Gruppe bildeten. Von den insgesamt 100 im Rahmen dieser Untersuchung eingesandten Füchsen wurden rund 51 Prozent der Tiere positiv auf das Staupevirus getestet. Bezogen auf alle eingesandten Tierarten wurden rund 42 Prozent der Tierkörper – mittels Immunfluoreszenz und/oder PCR – positiv auf Staupe getestet.
Die Zahlen aus 2020 zum Vergleich: 146 Wildtiere wurden eingesandt. Von 126 eingesandten Füchsen wurden 43 Prozent der Tiere positiv auf Staupe getestet.
Eine Häufung der Erkrankung in bestimmten Regionen war in den vergangenen Jahren nicht erkennbar; in vielen der untersuchten Landkreise gibt es Nachweise der Staupe. Allerdings wurden zumeist auch nur sehr wenige Tierkörper je Landkreis zur Untersuchung eingesendet, so dass keine Aussage über eventuelle Hotspots möglich ist. Die Nachweisraten können durch die niedrige Zahl der Einsendungen verzerrt sein. Weiterhin wurden durch die Vorselektion auf kranke und tot aufgefundene Tiere keine repräsentativen Stichproben untersucht. Die wahre Staupe-Prävalenz in der Wildtierpopulation liegt vermutlich sehr viel niedriger als es die Ergebnisse der Untersuchungen suggerieren.
Staupe bei Hunden
Zunächst wurde die Infektion mit dem Caninen Staupevirus aufgrund ähnlicher klinischer Symptomatik zumeist im Zusammenhang mit der Tollwutabklärung untersucht. Nach der erfolgreichen Bekämpfung der Tollwut steht nun die Staupevirusinfektion bei Wildtieren mit vorberichtlich erwähnter Veränderung des artspezifischen Verhaltens (Verlust der natürlichen Scheu, Schläfrigkeit, Bewegungsstörungen oder auch Aggressivität) im Vordergrund. Seltener waren parasitäre und Stoffwechselerkrankungen oder Vergiftungen die Ursache.
Obwohl die Häufigkeit des Auftretens dieser Infektionskrankheit zunächst durch regelmäßig durchgeführte Schutzimpfungen erheblich verringert werden konnte, wird nun europaweit eine Zunahme von Staupefällen auch bei Hunden beobachtet. Hier spielen unter anderem die Virusreservoire Fuchs, Marder sowie auch Waschbär, die Impfmüdigkeit der Hundehalter und der zunehmende Ankauf von nicht geimpften oder infizierten Hunden aus dem Ausland eine Rolle.
Erste Anzeichen der Staupe beim Hund
Allgemein: Appetitlosigkeit, Teilnahmslosigkeit, hohes Fieber, Nasen- und Augenausfluss
Darmform: Erbrechen und wässriger, später blutiger Durchfall
Lungenform: Niesen, erst trockener, dann feuchter Husten mit blutigem Auswurf, „Giemen“, Atemnot
Ein Schnelltest beim Tierarzt kann innerhalb kürzester Zeit zur Staupe-Diagnose führen.
Hygienemaßnahmen
Gegenüber Trocknung und tiefen Temperaturen ist das Staupevirus zwar sehr unempfindlich und kann sich jahrelang halten, verhält sich jedoch bei Hitze und im Wirksamkeitsbereich gängiger Desinfektionsmittel labil. Somit kann eine Reinigung von Gebrauchstextilien (30 Minuten bei mindestens 56 Grad Celsius), Desinfektion von Hundezubehör und Umgebung, regelmäßiges Waschen und Desinfizieren der Hände sowie die Isolation eines erkrankten Tieres vor der Weiterverbreitung dieser Virusinfektion schützen.
Einen wirksamen Schutz vor dieser Krankheit, deren Sterbewahrscheinlichkeit je nach Verlaufsform und Schwere des Krankheitsverlaufs zwischen 30 und 80 Prozent liegt, erreicht man durch prophylaktische Impfungen schon im Jungtieralter. Zwar kann beim erkrankten Tier auch eine passive Impfung und Behandlung von Begleit- und Folgeerkrankungen durchgeführt werden, ein Erfolg ist allerdings in solch einem Fall fraglich.
In der Vergangenheit konnte in Zusammenarbeit mit dem Institut für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover gezeigt werden, dass die Staupeviren, die aus niedersächsischen Wildtieren isoliert werden konnten, sehr eng mit denen des Hundes verwandt sind, während im Süden Deutschlands offenbar eher an Wildtiere adaptierte Stämme in Füchsen zirkulieren. Wie aus diesen Ausführungen ersichtlich, besteht eine akute Gefahr durch das auch in Wildtieren vorkommende Staupevirus vor allem für jagdlich geführte, aber auch häufig freilaufende Hunde, so dass eine prophylaktische Staupeimpfung dringendst empfohlen wird, um einen bestmöglichen Schutz zu erreichen.