Verbreitung von Zoonose-Erregern und Antibiotikaresistenzen in der niedersächsischen Fleischgewinnungskette
Ausgewählte Ergebnisse des Zoonosemonitorings 2015
Unter einer Zoonose versteht man eine Erkrankung, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden kann. Das von Bund und den Ländern seit 2009 jährlich durchgeführte Zoonosemonitoring erstreckt sich entlang der Lebensmittelkette vom Erzeugerbetrieb über die Fleischgewinnung im Schlachthof bis zum Endprodukt im Einzelhandel. Es folgt einem langfristig angelegten Plan, der entsprechend der aktuellen Erfordernisse jährlich angepasst wird. Der Probenumfang ist auf repräsentative Aussagen für Deutschland ausgerichtet.
Aufgrund des großen niedersächsischen Anteils an der deutschen Agarproduktion entfielen 2015 wie in den vorangegangenen Jahren etwa 22 % der bundesweit 6.866 Proben auf Niedersachsen. Deren Untersuchung erfolgte in den Instituten des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES). Für die Probennahme waren die kommunalen Veterinärbehörden verantwortlich, die ihre Aufgabe vorbildlich erfüllten.
Die Ergebnisse der am Schlachthof gewonnenen Proben zeigen, dass bei der Schweine- und Rinderschlachtung im Vergleich zur Geflügelschlachtung eine deutlich geringere Verschleppung von eingetragenen Keimen auf die Schlachtkörper erfolgt. Da Schweine- und Rindfleisch jedoch auch roh verzehrt wird, stellen sie dennoch mögliche Infektionsquellen des Menschen mit Zoonoseerregern dar. Rohes Hackfleisch und Rohwurstprodukte sind aus diesem Grund keine geeigneten Lebensmittel für empfindliche Verbrauchergruppen wie Kleinkinder, ältere und immungeschwächte Menschen sowie Schwangere.
Die Untersuchungen einer möglichen Kontamination der Lebensmittelkette durch Milch von Schafen und Ziegen bestätigen, dass von deren Rohmilch und Rohmilchkäse ein Infektionsrisiko ausgeht (s. Abb. 1). Unter den nachgewiesenen Verotoxin bildenden Escherichia coli (VTEC) wurden auch vereinzelt Bakteriengruppen nachgewiesen, die als häufige Erreger von EHEC-Infektionen (enterohämorrhagische Escherichia coli) und des hämolytisch urämischen Syndroms bekannt sind.
Abbildung 1 zeigt die Häufigkeit des Nachweises verschiedener Krankheitserreger bei Schafen und Ziegen in Tankmilch und Rohmilchkäse im Einzelhandel (und Großhandel sowie Einfuhrstellen).
Abgesehen von den VTEC-Nachweisen in der Tankmilch kamen die untersuchten Erreger nur in geringer Häufung vor.
Da Konsummilch in Deutschland vor der Abgabe an Verbraucher grundsätzlich wärmebehandelt wird, stellen Zoonoseerreger in der Tankmilch keine unmittelbare Gefahr für den Verbraucher dar, denn bei dieser Behandlung werden Bakterien abgetötet. Eine gesundheitliche Gefahr geht aber von aus Rohmilch hergestelltem Käse und anderen Rohmilchprodukten aus. Der Aufforderung, sogenannte "Milch ab Hof" vor dem Verzehr durchzuerhitzen, sollten Verbraucher deshalb konsequent nachkommen. Empfindlichen Verbrauchergruppen wie Kleinkindern, älteren und immungeschwächten Menschen sowie Schwangeren sollte geraten werden, auf den Konsum von nicht wärmebehandelter Rohmilch und Rohmilchprodukten zu verzichten.
Methicillin-resistente Staphylokokkus aureus (MRSA) kommen in der Lebensmittelkette Mastschwein häufig vor: 26,3 % der Umgebungsproben von Zuchtsauen waren positiv für MRSA. Bei MRSA handelt es sich um Bakterien, die gegen bestimmte Antibiotika unempfindlich sind. Die Nachweisrate vom MRSA in Proben aus dem Aufzuchtbereich von für die Mast vorgesehenen jungen Schweinen war mit 41,3 % noch höher.
Auch Extended-Spectrum Beta-Lactamase (ESBL) bildende E. coli sind in der Schweinefleischgewinnungskette sehr präsent (s. Tabelle 1). Diese Bakterien tragen ESBL-Resistenz-Gene mit deren Hilfe ein Enzym produziert wird, welches bestimmte Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine) zerstören kann. Die Gene, die diese Eigenschaften vermitteln, werden leicht zwischen verschiedenen Bakterienarten übertragen.
MRSA und ESBL-bildende E. coli wurden in den Mastschweinen und Mastkälbern bzw. Jungrindern zuzuordnenden Lebensmittelketten demnach sehr häufig nachgewiesen.
Die Übertragung von MRSA auf den Menschen durch den Verzehr von Lebensmitteln scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen. Dagegen ist bei ESBL-bildenden E. coli nach derzeitgem wissenschaftlichen Kenntnisstand davon auszugehen, dass diese resistenten Keime auch über Lebensmittel auf den Menschen übertragen werden können, wobei sich das Infektionsrisiko jedoch noch nicht genau abschätzen lässt. Die Ergebnisse zeigen aber, dass Fleisch eine potentielle Quelle für die Übertragung von Zoonose-Erregern auf den Menschen sein kann. Eine gute Hygienepraxis ist daher bei der Zubereitung von Fleisch auch im privaten Haushalt unabdingbar. Hinweise zur Küchenhygiene finden sich im Artikel "Hygieneregeln im Haushalt".
Zur weiteren Beurteilung des von Nutztierhaltungen potentiell ausgehenden Risikos der allgemeinen Antibiotikaresistenz werden seit 2009 kommensale, das heißt "gewöhnliche, E. coli als Indikatorkeime untersucht. Zurzeit deutet sich bei den Mastschweinen eine verglichen mit 2011 verbesserte Sensitivität dieser Bakterienart an. Des Weiteren kommen bei ihnen Resistenzen gegen drei und mehr antibiotische Wirkstoffklassen jetzt seltener vor (s. Abb. 2). Für eine Überprüfung dieser Entwicklung, die durch einen im Rahmen der niedersächsischen Antibiotikaminimierungsstrategie verringerten Einsatz von Antibiotika in der Mastschweinehaltung verursacht sein könnte, bedarf es jedoch noch weiterer Untersuchungsreihen.