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Mycoplasma hyopneumoniae

Mycoplasma hyopneumoniae ist der Primärerreger der Enzootischen Pneumonie (EP). Dieses Bakterium ist der am weitesten verbreitete und ökonomisch bedeutendste Krankheitserreger des Schweins.
Infolge der EP entstehen wegen der schlechten Mast- und Futterleistung und der notwendigen Therapie mit Antibiotika weltweit große wirtschaftliche Schäden. Allein in Nordamerika werden die Kosten auf 200 Millionen bis 1 Milliarde US-Dollar geschätzt. Im Jahre 1965 wurde M. hyopneumoniae gleichzeitig von zwei verschiedenen Arbeitsgruppen erstmals beschrieben. Diese Mykoplasmenspezies hat eine runde Zellform mit einem Durchmesser von 0,2 µm und bildet sehr kleine Kolonien, die im Gegensatz zu anderen Mykoplasmenspezies nicht die sonst typische spiegeleiartige Kolonieform aufweisen. Die Größe des Genoms von M. hyopneumoniae beträgt 1.140 kBp.

Klinik

Die EP ist durch eine Krankheitsrate zwischen 30 und 80 % und eine sehr niedrige Mortalität charakterisiert. Die Infektion mit M. hyopneumoniae erfolgt über den Respirationstrakt durch erregerhaltige Aerosole der Atemluft, die über eine Entfernung von mehreren Kilometern durch die Luft übertragen werden können, oder Nasensekrete. Nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Wochen ist über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten zunächst trockener Husten das einzige klinische Symptom. Obwohl Schweine aller Altersgruppen für eine Infektion mit M. hyopneumoniae empfänglich sind, infizieren sich vor allem Ferkel in den ersten Lebenswochen. Der Erreger wird von infizierten Sauen auf ihre Ferkel, zwischen den Würfen oder später von älteren Schweinen auf die Läufer übertragen. Von den klinischen Symptomen sind vor allem Läufer und Mastschweine betroffen. Nach Infektion von EP-freien Herden mit M. hyopneumoniae entwickeln allerdings alle Tiere eine Pneumonie. Die Tiere weisen ein verzögertes Wachstum und eine geringere Zunahme des Gewichtes auf und Kümmern. Nach bronchogener Ausbreitung adhäriert der Erreger an das Flimmerepithel. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu Veränderungen der Alveolarwände. Nach zusätzlichen Infektionen (Superinfektionen) mit anderen Krankheitserregern können weitere Symptome festgestellt werden: Aufgrund des Verlustes der Zilien und der damit einhergehenden verminderten mukoziliären Clearance, degenerativen Veränderungen des Alveolarepithels und verminderter Produktion von Surfactant können sich andere bakterielle Krankheitserreger leichter ansiedeln. Infektionen mit Pasteurella multocida, Bordetella bronchiseptica, Hämophilus parasuis oder Actinobacillus pleuropneumoniae führen dann schließlich zu einer interstitiellen Pneumonie mit vermehrt feuchtem Husten, hohen Fieber und schwerer Atemnot, Pleuritis und Perikarditis, die auch als MIRD (Mycoplasma-induced Respiratory Disease) bezeichnet wird. Nach anfänglicher Schädigung des Alveolarepithels durch virale Erreger, wie dem Porcine-Respiratory-and-Reproductive-Virus oder dem Porcine-Respiratory-Corona-Virus kann eine Infektion mit M. hyopneumoniae auch die Dauer und Schwere der viralen Erkrankungen negativ beeinflussen. Gelegentlich kann unter Feldbedingungen eine Beteiligung der Gelenke nachgewiesen werden. Die Schwere der klinischen Symptome hängt aber nicht nur von Superinfektionen mit anderen Krankheitserregern ab, sondern auch von weiteren Faktoren, wie beispielsweise den Haltungsbedingungen, den klimatischen Bedingungen und möglicherweise auch der unterschiedlichen Virulenz einzelner Stämme von M. hyopneumoniae.

Pathologie

Pathologisch ist die durch M. hyopneumoniae hervorgerufene Erkrankung eine katarrhalische Pneumonie mit Exsudat in den Luftwegen. Die makroskopisch sichtbaren, scharf abgegrenzten Läsionen sind auf die Spitzen- und Mittellappen beschränkt und treten ein bis zwei Wochen nach der Infektion auf. Histopathologisch kann zunächst eine Besiedlung der Zilien des oberen Respirationstraktes mit Mykoplasmen festgestellt werden, die insbesondere auf der Adhärenz eines Adhäsins von M. hyopneumoniae an Glykolipidrezeptoren der Zilienoberfläche beruht und zu degenerativen Veränderungen und schließlich zum Verlust von Zilien führen kann. In der akuten Phase der Infektion ist eine Hyperplasie der Epithelzellen und eine perivaskuläre und peribronchiale Anhäufung von mononukleären Zellen nachweisbar. Im späteren Stadium der Erkrankung können charakteristische perivaskuläre und peribronchiale Knötchen beobachtet werden. Das Exsudat besteht aus mukoiden Bestandteilen, neutrophilen Granulozyten und Makrophagen.

Diagnostik

M. hyopneumoniae stellt besonders hohe Anforderungen an die Kultivierungsbedingungen und hat eine lange Generationszeit. Für den kulturellen Nachweis werden u. U. mehrere Wochen benötigt. Für den direkten Erregernachweis ist daher der Nachweis von spezifischen Gensequenzen mit der Polymerase-Kettenreaktion die Methode der Wahl. Indirekt kann eine Infektion mit M. hyopneumoniae zur Herdendiagnostik durch die Überprüfung des Antikörperstatus mittels serologischer Tests wie z. B. dem ELISA nachgewiesen.

Bekämpfung

Zur Bekämpfung der EP stehen, im Gegensatz zu fast allen anderen durch Mykoplasmen ausgelösten Erkrankungen, kommerziell erhältliche Impfstoffe zur Verfügung.

Mycoplasma hyopneumoniae  

Mycoplasma hyopneumoniae-Kolonien auf Friis-Agar (Koloniegröße ca. 0,05 mm)

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