Rote Liste der Süßwasserfische, Rundmäuler und Krebse Niedersachsens
3. FASSUNG, SEPTEMBER 2023
Die Fischfauna der niedersächsischen Binnengewässer ist durch massive Veränderungen ihrer Lebensräume gefährdet. Gründe sind langjährige menschliche Eingriffe und die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels. Die Hälfte aller Arten ist daher gefährdet oder bereits in der Vergangenheit ausgestorben. Dies verdeutlicht die im September 2023 erschienene Rote Liste der Süßwasserfische (Pisces), Rundmäuler (Cyclostomata) und Krebse (Decapoda) Niedersachsens.
Von den aktuell vorkommenden 77 Taxa (72 Arten, davon 3 Arten in Ökotypen differenziert sowie ein Sammeltaxon) wurden 51 in der vorliegenden Roten Liste bewertet.
Die drei Wanderfischarten Europäischer Atlantischer Stör, Schnäpel und Maifisch gelten als ausgestorben oder verschollen, weitere 20 Taxa (39,2 Prozent) sind in ihrem Bestand gefährdet (Rote-Liste-Kategorie 1, 2, 3 und G). Zusammen mit zwei als „extrem selten“ eingestuften Arten stehen somit insgesamt 25 Taxa (49 Prozent) auf der Roten Liste. Zudem sind acht Arten (15,7 Prozent) in die Vorwarnliste aufgenommen, nur 18 (35,5 Prozent) sind aktuell ungefährdet.
Im Vergleich mit der letzten veröffentlichten Fassung der Roten Liste aus dem Jahr 1993 hat sich für insgesamt 26 Taxa (51 Prozent) eine Änderung der Gefährdungskategorie ergeben. Während 16 Taxa (31,4 Prozent) aktuell als geringer gefährdet eingestuft werden konnten, mussten zehn Taxa (19,6 Prozent) einer höheren Gefährdungskategorie zugeordnet werden. Gründe sind sowohl reale Veränderungen der Bestände als auch Kenntniszuwachs und die Anwendung einer neuen, bundesweit standardisierten Methodik.
Neben den drei ausgestorbenen Wanderfischarten zeigen sich negative Bestandsentwicklungen auch bei anderen Arten: Etwa beim Atlantischen Lachs, der Karausche, bei Stint (Binnenform), Zährte und Edelkrebs, deren Bestände bereits seit vielen Jahrzehnten anhaltend rückläufig sind, so dass sie als „vom Aussterben bedroht“ gelten. Zudem wird die Äsche aufgrund starker Bestandsabnahmen insbesondere in der jüngeren Vergangenheit nunmehr in die Kategorie „stark gefährdet“ hochgestuft. Weiterhin gibt die negative Bestandsentwicklung der in den Ästuaren von Elbe, Weser und Ems lebenden Massenfischarten mit ökosystemarer Bedeutung Anlass zur Besorgnis. Zu diesen Arten zählen der Kaulbarsch (aktuell in die „Vorwarnliste“ aufgenommen) sowie die wandernden Ökotypen von Stint und Dreistachligem Stichling (beide gelten als „stark gefährdet“).
Demgegenüber gibt es auch positive Entwicklungen: Wels und Zander gelten beispielsweise aktuell als ungefährdet, da ihre Bestände zugenommen haben. Zudem stehen Groppe und Steinbeißer aufgrund eines verbesserten Kenntnisstandes beziehungsweise der veränderten Methodik derzeit nur noch auf der Vorwarnliste.
Notwendige Schutzmaßnahmen für die Fischfauna betreffen vorrangig die Sicherung und Entwicklung ihrer Lebensräume, insbesondere durch die konsequente Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Ein besonderes Augenmerk muss auf die Verbesserung der Ästuare als Lebensräume für Fische gerichtet werden.
Die neue Rote Liste wurde im Rahmen der Umsetzung des Niedersächsischen Weges durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) herausgegeben und ist beim NLWKN sowohl als gedrucktes Heft (4,- Euro, zzgl. Versandkosten) als auch kostenfreies PDF erhältlich. Nähere Informationen finden sich im dazugehörigen Artikel des NLWKN.