Tierwohl (Bienenwohl) und „Gute Imkerliche Praxis“
Bienenvölker sind aufgrund ihrer Bestäubungsleistung von großer ökologischer und ökonomischer Bedeutung. Die erhöhte Aufmerksamkeit von Politik und Gesellschaft führte in den vergangenen Jahren zu zahlreiche Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung von Honigbienen, Wildbienen und anderen Insekten. In den vergangenen 10 Jahren ist die Anzahl der Imker und Imkerinnen beim Deutschen Imkerbund um über 60 Prozent gestiegen. Viele von ihnen haben in den Fortbildungsveranstaltungen für Anfänger/-innen des LAVES-Instituts für Bienenkunde bekundet, dass sie mit der Bienenhaltung beginnen wollen, um etwas für diese Insekten und damit die Natur zu tun. Diese Tendenz ist grundsätzlich sehr erfreulich. Gleichwohl tragen Bienenhalter/-innen große Verantwortung für ihre Bienenvölker und haben eine erhebliche Sorgfaltspflicht zu erfüllen.
Die rechtlichen Pflichten und Sorgfaltspflichten ergeben sich aus diversen Gesetzen und Verordnungen:
Es beginnt damit, dass jede Bienenhaltung mit der Angabe über den Halter, Standort sowie die Anzahl der Bienenvölker gemäß Bienenseuchenverordnung (BienSeuchV) § 1a dem jeweils zuständigen Veterinäramt angezeigt werden muss.
Ebenso dürfen nach § 5 dieser Verordnung Bienenvölker nur mit einer gültigen amtstierärztlichen Seuchenfreiheitbescheinigung verbracht/gewandert werden. Die Verbringung muss dem am neuen Standort zuständigen Amtstierarzt unverzüglich angezeigt werden. Selbstverständlich muss gemäß Bundesgesetzblatt (BGB) bei der Aufstellung von Bienenvölkern, sofern es nicht das eigene Grundstück ist, immer die Zustimmung des Grundstückeigentümers vorliegen.
Nach § 15 der Bienenseuchenverordnung ist der/die Bienenhalter/-in verpflichtet regelmäßig die Bienenvölker gegen die Varroamilbe zu behandeln.
Geernteter Honig darf nur vermarktet werden, wenn er den Vorgaben des Lebensmittelrechts, hier insbesondere Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, Honigverordnung, Lebensmittelhygieneverordnung sowie Lebensmittelinformationsverordnung entspricht.
Dieses alles dürfte den meisten Bienenhalter/-innen bekannt sein. Aber auch das Tierschutzgesetz(TierSchG) greift. Zwar sind in den spezielleren Paragraphen dieses Gesetzes konkret Wirbeltiere, Kopffüßer benannt, gleichwohl gelten gerade Paragraphen 1 und 2 auch für Bienenvölker.
§ 1 TierSchG
„Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“
Und § 2 TierSchG äußert sich wie folgt zur Tierhaltung:
„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
- muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
- darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden
- und muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“
Diese gesetzlichen Vorgaben spiegeln sich in den Fortbildungsinhalten für Imker und Imkerinnen wider. Sie sind Katalog der „Guten Imkerlichen Praxis“ (GIP) subsummiert.
Lernziele gemäß „Guter Imkerlicher Praxis“ sind
- Gesundheits- und Versorgungszustand von Bienenvölkern beurteilen können.
- Selbstständig Bienenvölker durch das Jahr führen können.
- Honig sachgerecht ernten und vermarktungsgerecht aufbereiten können.
- Wesentliche rechtliche Grundlagen der Bienenhaltung kennen.
Imkerinnen und Imker sollen...
- sich richtig an Bienenvölkern verhalten können.
Hierzu gehört auch das Fingerspitzengefühl bei der Bearbeitung der Bienen. Dies ist nicht gegeben, wenn man mit dicken Lederhandschuhen an den Bienenvölkern arbeitet. Dabei kommt es zum Drücken und Rollen von Bienen. Dieses stimmt die Bienen verteidigungsbereit (Alarmpheromon) und es gibt bedauerlicherweise Verlust an Bienenleben.
- über Grundkenntnisse zur Biologie der Honigbiene verfügen.
Gleichwohl müssen die Grundkenntnisse auf Basis des wissenschaftlich erforschten Bienenverhaltens beruhen und nicht durch die häufig anzutreffende Vermenschlichung des Bienenvolkes und seines Verhaltens verklärt sein. Fragen verunsicherter Neuimker/-innen zeigen uns immer wieder, dass von scheinbar kundigen Bienenhaltenden „Ammenmärchen“ verbreitet werden. Praxis am Bienenvolk basierend auf „Ammenmärchen“ kann nachteilig für die Bienenvölker sein.
- für die Aufstellung von Bienenvölkern geeignete Standorte erkennen können.
- die Trachtsituation und den Ernährungszustand der Völker richtig bewerten können.
- die Fähigkeit besitzen, Bienenvölker durch das gesamte Bienenjahr zu führen (Auswinterung, Schwarmkontrolle, Honigernte, Einfütterung und Einwinterung).
- die Entwicklung, die Stärke, den Gesundheitszustand von Bienenvölkern beurteilen und Vorbeugungs- beziehungsweise Behandlungsmaßnahmen sachgerecht durchführen können.
Wesentliche Grundvoraussetzung dazu ist eine geeignete Beute, die es dem Tierhalter ermöglicht überhaupt Einblick in das Bienenvolk zu erlangen und notfalls helfend und regulierend eingreifen zu können. Derzeit werden von manchen Personenkreisen in Hinblick auf das Bienenwohl Nachbauten von historischen Beuten (zum Beispiel Klotzbeute) propagiert. So kann beispielsweise in der sogenannten „Schifferbeute“ das Wabenwerk überhaupt nicht betrachtet werden. Ein eklatantes Manko, das den Vorgaben des Tiergesundheitsgesetzes widerspricht. Um Bienenvölker gemäß des Tierwohl- und Tiergesundheitsgedankens in derartigen Beuten führen zu können, bedarf es sehr langer Erfahrungen in der Bienenhaltung. Nach hiesigen Informationen scheinen Anfänger/-innen, die mit diesen Systemen starten, frühzeitig wieder aufzugeben. Dies ist der Bienengesundheit nicht dienlich und fördert die Ausbreitung von Krankheiten.
- die Varroose mit Hilfe eines in die Betriebsweise eingebundenen Plans erfolgreich behandeln können.
- Honig sachgerecht und nach den gesetzlichen Richtlinien ernten, schleudern, pflegen und marktgerecht aufbereiten können.
- eine gezielte Jungvolkbildung durchführen können (Ableger- und Kunstschwarmbildung, einfache Königinnenaufzucht).
- Waben beurteilen und sachgerecht schützen, Altwaben verarbeiten und Wachsblöcke herstellen können.
- Bienenvölker ordnungsgemäß wandern können (Vorbereitung des Transports, Auf- und Abladen, Aufstellung).
Außerdem gehört es zur Guten Imkerlichen Praxis, Geräte und Einrichtungen sachgerecht zu reinigen und alle notwendigen Maßnahmen zum Unfall- und Arbeitsschutz zu beachten.
Das Institut für Bienenkunde bietet zahlreiche weitere Hilfestellungen für Neuimkerinnen und -imker: