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Pyrrolizidin-Alkaloide: Honig, Pollen, Bienen (nicht barrierefrei)
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Pyrrolizidin-Alkaloide (PA) sind eine Gruppe von pflanzlichen Sekundärstoffen die über 660 verschiedene Strukturen umfasst. PA schützen die Pflanze vor Fressfeinden. Das Vorkommen toxischer Pyrrolizidin-Alkaloide ist nahezu ausschließlich auf vier nicht direkt miteinander verwandter Pflanzenfamilien beschränkt; Asteraceae (Senecioneae und Eupatorieae), Boraginaceae, Apocynaceae und den Genus Crotalaria innerhalb der Fabaceae. Nicht jedes Pyrrolizidin-Alkaloide ist toxisch. Die Toxizität hängt von Veränderungen an der Grundstruktur ab (reduzierte Form, Doppelbindung 1-2 C-Atom, Veresterungen und so weiter).
Die Pyrrolizidin-Alkaloide können durch beständige Aufnahme in den Körper zu Leberschäden (chronische Giftigkeit) führen. Zudem stehen einige der Pyrrolizidin-Alkaloide in Verdacht krebserregend (kanzerogen) und erbgutschädigend (genotoxisch) zu sein. Es besteht die Möglichkeit, dass Lebens- oder Futtermittel potentiell mit Pyrrolizidin-Alkaloiden belastet sein können. Eine mögliche Gefährdung von Weidetieren durch die Ausbreitung von Senecio jacobea (Jakobskreuzkraut) sowie anderen Senecio-Arten auf Weiden wird diskutiert. Die Ausbreitung auf Wiesen ist bedenklicher, da durch das Mähen Pyrrolizidin-Alkaloid-haltige Pflanzen in Heu oder Silage „versteckt“ sein können. Pyrrolizidin-Alkaloide wurden auch in Kräutertees, Nahrungsergänzungsmitteln, Gewürzen, Kräutern und weiteren nachgewiesen, aber auch in Honigen und Pollen, und stellen somit ein potentielles Gesundheitsrisiko für Konsumenten dar.
Honig: Von den kritischen Pflanzengattungen sind Echium (Natternkopf) und Borago (Borretsch) aus der Familie der Boraginaceae sowie Eupatorium (Wasserdost) aus der Familie der Asteraceae Bienennährpflanzen, die intensiv von Bienen beflogen werden. Obwohl Senecio-Arten (unter anderem Jakobskreuzkraut) nicht zu den klassischen, eher unattraktiven Bienenweidepflanzen gehören, werden sie von Honigbienen beflogen und entsprechend wurden Pyrrolizidin-Alkaloide aus Senecio-Arten in Honigen nachgewiesen.
Die Ergebnisse der Autoren der Universitäten Braunschweig und Würzburg sowie dem LAVES Institut für Bienenkunde Celle (Kempf, M. und andere in Molecular Nutrition and Food Research 52, 2008, Seite 1193-1200) haben allerdings gezeigt, dass bisher nur in den Honigen Pyrrolizidin-Alkaloide detektiert wurden, in denen auch Pollen der entsprechenden kritischen Pflanzengattungen nachgewiesen wurden. Gleichwohl zeigen unsere Daten, dass es keinen gesicherten Zusammenhang zwischen Anzahl kritischer Pollenkörner und Pyrrolizidin-Alkaloid-Gehalt gibt.
Aktuell wurde in zwei Studien nachgewiesen, dass in belasteten Honigen im Laufe der Zeit immer weniger Pyrrolizidin-Alkaloide nachgewiesen werden. Insbesondere Pyrrolizidin-Alkaloide mit der oxidierten Struktur, die so genannten PANO (N-Oxid-Pyrrolizidinalkaloide), „verschwinden“, wobei alles auf einen Abbau hindeutet. (Gottschalk und andere, Food Additives and Contaminants: A, 1-18, 2018, Kaltner und andere, J. Agriculture and Food Chemistry, 5221-5228, 2018).
Derzeit ist noch kein Grenzwert vorgeschlagen respektive festgelegt worden. Nach einer aktuellen Veröffentlichung der EU Verbraucherschutzbehörde EFSA („Risks for human health related to the presence of pyrrolizidine alkaloids in honey, tea, herbal infusions and food supplements“. 27. Juli 2017, EFSA Journal 2017; 15(7): 4908) beträgt die maximale tägliche Aufnahmemenge 0,0237 Mikrogramm Pyrrolizidin-Alkaloide pro Kilogramm Körpergewicht. Dieser Wert ergibt sich aus dem mittels Tierversuchen ermittelten Referenzpunkt von 237 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht sowie einer 10.000fachen Sicherheitsmarge. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, dass eine tägliche Aufnahmemenge von 0,0237 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht (entspricht bei 60 Kilogramm Körpergewicht 1,42 Mikrogramm pro Tag) nicht überschritten werden sollte. Bei einem Honigkonsum von 20 Gramm Honig pro Tag und einem Körpergewicht von 60 Kilogramm liegt danach der Richtwert bei maximal 71 Mikrogramm Pyrrolizidin-Alkaloide pro Kilogramm Honig, bei einem Konsum von 10 Gramm bei 142 Mikrogramm Pyrrolizidin-Alkaloide pro Kilogramm Honig. Nach den bisherigen Empfehlungen des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) (BfR Nr. 038/2011 vom 11. August 2011, ergänzt am 21. Januar 2013, ergänzt 020/2018 vom 14.06.2018) kann man davon ausgehen, dass für den durchschnittlichen Erwachsenen bezogen auf Honigkonsum und Körpergewicht beim Verzehr von Honig mit mehr als 474 Mikrogramm pro Kilogramm Pyrrolizidin-Alkaloide eine gesundheitliche Beeinträchtigung möglich ist. Der Entwurf einer neuen EU Verordnung sieht für Pollen einen Höchstmengenwert von 500 Mikrogramm pro Kilogramm ab 01. Juli 2022 vor.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt den Personen mit einem hohen Honigkonsum zwischen verschiedenen Sorten/Herkünften zu wechseln. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die meisten deutschen Honige keine Pyrrolizidin-Alkaloide aufweisen. Das heisst, dass man bei einem hohen Konsum von verschiedenen Honigen (diverse Sorten und Herkünfte) vorhandene Pyrrolizidin-Alkaloide in einzelnen Honigen durch die am häufigsten vorkommenden Pyrrolizidin-Alkaloid-freien Honige „verdünnt“.
In Kooperation mit dem LAVES Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover wurden Untersuchungen von Honigen bezüglich Pyrrolizidin-Alkaloid-Gehalt und botanischer Herkunft durchgeführt. In dem Projekt wurden zur Klärung der Fragen vorerst zirka 200 authentische Honige aus Deutschland sowie authentische Importware inklusive per se kritische Honige auf Pyrrolizidin-Alkaloid-Gehalte und das jeweilige Pollenspektrum untersucht.
Bisherige Ergebnisse belegen, dass deutsche Honige keine beziehungsweise sehr geringe Pyrrolizidin-Alkaloid-Gehalte aufweisen. Gleichwohl gibt es auch in Deutschland Ausnahmen. Vereinzelt wiesen auch Honige mit Anteilen von Kreuzkrautgewächsen (Senecio) erhöhte Werte auf.
Kritisch sind insbesondere Honige aus Australien, Neuseeland, Südamerika, Spanien, wo großflächig Echiumbestände auftreten können.
Die relative Unbedenklichkeit bei deutschen Honigen wurde durch weitere Untersuchungen zahlreicher, typischer Honigernten unterstützt. Nach den bisherigen Untersuchungen scheint Kreuzkraut (Senecio) nicht besonders attraktiv für Bienen zu sein. Im Frühjahr sind zum Beispiel Rapsblüten und Obstblüten wesentlich attraktiver als zeitgleich blühende Kreuzkrautarten. Die meisten Honige in Deutschland werden vor allem im Frühjahr und Frühsommer geerntet. Viele Kreuzkrautarten (Senecio) und Wasserdost (Eupatorium) blühen erst relativ spät im Jahr. Zu dieser Zeit ist bei den meisten Imkern die Honigernte für das laufende Jahr bereits abgeschlossen.
Die Untersuchungen zeigen auch, dass bei einem geringen Nektarangebot für die Bienenvölker der Eintrag von weniger attraktiven Pyrrolizidin-Alkaloid-haltigen Pflanzen größer sein kann als bei einem guten Nahrungsangebot. In letzterem Fall war, obwohl Pyrrolizidin-Alkaloid-haltige Pflanzen an demselben Standort wie im Vorjahr blühten, der Eintrag an Pyrrolizidin-Alkaloiden in den Honigen deutlich geringer, da andere Pflanzen wie die Heide sehr viel Nektar gegeben hatten.
Pollen: Native Pollen von Pyrrolizidin-Alkaloid-Pflanzen können bis zu 4000 Mikrogramm pro Gramm Pyrrolizidin-Alkaloide enthalten (zum Beispiel Jakobskreuzkraut 3300 Mikrogramm pro Gramm, Gewöhnlicher oder auch Blauer Natternkopf 900 Mikrogramm pro Gramm oder Gewöhnlicher Wasserdost 600 Mikrogramm pro Gramm).
Aus diesem Grund wurde seitens der Arbeitsgruppe Beuerle (Technische Universität Braunschweig), Kempf (Universität Würzburg) und K. von der Ohe (LAVES Institut für Bienenkunde Celle) eine Reihe von kommerziellen Pollenproben (Pollenhöschen angeboten als Nahrungsergänzungsmittel) auf Pyrrolizidin-Alkaloide untersucht. Im Vergleich zu Honig war die Rate an positiven Proben (31 Prozent positive Proben gegenüber 9 Prozent bei Honig) und die mittlere gefundene Konzentration (zirka 5000 Mikrogramm pro Kilogramm im Vergleich zu Honig mit 50 Mikrogramm pro Kilogramm) um den Faktor 100 höher als bei zeitgleich untersuchten Honigproben. Parallel durchgeführte Pollenanalysen zeigten, dass sowohl in Pollen als auch in Honig Echium spp., gefolgt von Eupatorium spp. die ursächlichen pflanzlichen Quellen für die Pyrrolizidin-Alkaloide darstellten. (Kempf, M.; T. Beuerle, K. von der Ohe und andere Pyrrolizidine alkaloids in pollen and pollen products, Molecular Nutrition and Food Research, 54, 2010: 292–300).
Da der empfohlene tägliche Pollenkonsum mit zirka 5-10 Gramm angegeben wird, ist bei entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln mit hohem Pollenanteil von Pyrrolizidin-Alkaloid-Pflanzen mit hohen Pyrrolizidin-Alkaloid-Belastungen zu rechnen und diese sind somit als kritisch und nicht verzehrfähig zu betrachten. Jeder Verkäufer von Pollen sollte sich dieser Problematik bewusst sein. Imkern, die zugekauften Pollen weiterverkaufen, ist dringend anzuraten nur Pollen zu vermarkten, von dem sie die genaue botanische Herkunft oder die Gehalte an Pyrrolizidin-Alkaloiden kennen. Dies bedeutet, dass man vom Großhändler entsprechende Zertifikate verlangt. Der Entwurf einer neuen Verordnung der Europäischen Union sieht für Pollen einen Höchstmengenwert von 500 Mikrogramm pro Kilogramm ab 01. Juli 2022 vor.
Bienen: Untersuchungen der Technischen Universität Braunschweig und des LAVES Institut für Bienenkunde Celle haben den Einfluss der Pyrrolizidin-Alkaloide auf die Honigbiene und das Bienenvolk näher beleuchtet. Dabei zeigte sich, dass Arbeiterinnen relativ tolerant gegenüber Pyrrolizidin-Alkaloiden sind und Konzentrationen bis zu 0,2 Prozent (entspricht zirka dem Maximalgehalt, der natürlicherweise in Pflanzen zum Beispiel Pollen zu erwarten ist) in der Nahrung ohne gravierende negative Effekte überstehen können. Ein anderes Bild bietet sich jedoch für die Larvenstadien. Diese reagieren etwa zehn Mal empfindlicher auf Pyrrolizidin-Alkaloide als die adulten Bienen und sind dem Einfluss der Pyrrolizidin-Alkaloide auch wesentlich länger ausgesetzt, da sie in der Zelle während ihrer Fressphase im Futter „schwimmen“ und die Pyrrolizidin-Alkaloide nicht über die Kotblase entgiften können. Wenn nun zusätzlich zum Futtersaft (nahezu Pyrrolizidin-Alkaloid frei, da über die produzierende Ammenbiene Pyrrolizidin-Alkaloid-entgiftet) Pyrrolizidin-Alkaloid-haltiger Honig und vor allem Pyrrolizidin-Alkaloid-reicher Pollen gefüttert werden, könnten unter ungünstigen Eintragsbedingungen Pyrrolizidin-Alkaloid-Level erreicht werden, die einen negativen Einfluss auf die Entwicklung der Larve haben.
In einem Fütterungsexperiment konnte gezeigt werden, dass die natürlichen Pyrrolizidin-Alkaloid-Gehalte in Echium-Nektar Sammelbienen nicht abschrecken und somit bei einem entsprechenden Nektarangebot in den Stock eintragen werden. Zugleich haben die toxikologischen Versuche gezeigt, dass Bienen in der Lage sind, mit natürlicherweise im Nektar vorkommenden Pyrrolizidin-Alkaloid-Konzentrationen zurechtzukommen. (Reinhard, A., Einfluss von Pyrrolizidinalkaloiden auf die Honigbiene (Apis mellifera), Dissertation, Technische Universität Braunschweig 2011).
Deutsche Honige sind bezüglich Pyrrolizidin-Alkaloid-Gehalten unbedenklich. Pyrrolizidin-Alkaloide in Honigen können vermieden werden, wenn Massentrachten von Pyrrolizidin-Alkaloid-haltigen Pflanzen gemieden werden.
Weitere Informationen:
Beuerle, T., W. von der Ohe, T. Blacquière: Pyrrolizidin-Alkaloide – Giftige (Bienen)-Weide.
ADIZ 45 (10) 2011: 12-13
Beuerle, T., W. von der Ohe, T. Blacquière: Pyrrolizidin-Alkaloide – Was bedeutet dies für Bienen, Honig und Pollen? ADIZ 45 (10) 2011: 14-15
Ohe, W. von der, A. Last, A. Huckauf
Sommerhonig – aber sicher! Tipps und Techniken zur Minimierung von Pyyrolizidin-Alkaloiden im Sommerhonig. Molfsee 2018, 23 Seiten
Lebensmittelverband Deutschland: Code of Practice zur Vermeidung und Verringerung der Kontamination von Lebensmitteln mit Pyrrolizidinalkaloiden
Kooperationspartner:
Doktor Till Beuerle, Doktor Annika Reinhardt (Technische Universität Braunschweig)
Doktor M. Kempf (ehemals Universität Würzburg)
Doktor Monika Bronner, Doktor Lilli Reinhold (Laves Lebensmittel- und Veterinärinstitut
Braunschweig/Hannover)
Doktor Aiko Huckauf (Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein)
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