Wir möchten vor dem Kauf von Kunstschwärmen warnen, die nicht aus Deutschland stammen oder deren Herkunft nicht eindeutig bekannt beziehungsweise belegt ist.
Vorsicht beim Kauf von Kunstschwärmen!
Wir möchten vor dem Kauf von Kunstschwärmen warnen, die nicht aus Deutschland stammen oder deren Herkunft nicht eindeutig bekannt beziehungsweise belegt ist.
Schon jetzt, bevor die Überwinterung der Bienenvölker überhaupt ganz überstanden ist, zeichnen sich in Deutschland teils erhebliche Völkerverluste ab. Ausgehend von der Erhebung von Verlusten im vergangenen Herbst durch das Bieneninstitut Mayen, wird von einer Winterverlustquote in Deutschland von im Mittel 25 Prozent ausgegangen [Infobrief Bienen@Imkerei 27/2024 - 22.11.2024] . Dieser prognostizierte Wert wird regional zwar unterschiedlich ausfallen, liegt aber deutlich über dem schon hohen Wert von durchschnittlich 15,3 Prozent der letzten dreizehn Jahre. Hohe Winterverluste wollen einige Imkerinnen und Imker möglichst schon mit Beginn der neuen Saison ausgleichen. Händlerinnen und Händler von Kunstschwärmen bewerben seit einiger Zeit ihre Angebote für 2025 zum Beispiel im Internet. Das ist ein bedenklicher Weg und die Preise sind inzwischen erheblich gestiegen. Wir möchten vor dem Kauf von Kunstschwärmen warnen, die nicht aus Deutschland stammen oder deren Herkunft nicht eindeutig bekannt beziehungsweise belegt ist. Das begründen wir wie folgt.
Mit der Einfuhr von Kunstschwärmen können neue Bienen-Krankheitserreger und Schädlinge, vor allem aber auch virulentere Stämme importiert werden
Im Allgemeinen ist die Einfuhr von Bienen von außerhalb Deutschlands mit den entsprechenden Seuchenfreiheitsbescheinigungen erlaubt. Sofern aber die Herkunft der Kunstschwärme nicht eindeutig belegt ist und/oder deren Seuchenfreiheitsbescheinigungen fehlen oder fehlerhaft erscheinen, verbietet sich der Import/der Kauf dieser Bienenvölker.
Grundsätzlich aber birgt jeder Import von Kunstschwärmen die Gefahr des Einschleppens neuer Krankheiten und Bienen-Schädlinge. Es besteht zudem die Gefahr der Einschleppung virulenterer, für die hiesigen Bienen gefährlicherer Genotypen von hier schon vorhandenen Krankheitserregern und auch von akarizid-resistenten Varroa-Milben.
Vor einigen Jahren sind in Frankreich beispielsweise Amitraz-resistente Varroa-Milben nachgewiesen worden1. Werden solche resistenten Milben mit den Kunstschwärmen importiert, werden diejenigen Imker in Deutschland Probleme bekommen, die Amitraz-haltige Varroazide einsetzen. In Bezug auf die Europäische Faulbrut ist belegt, dass es in Europa unterschiedliche Melissococcus plutonius-Stämme gibt, die stark in ihrer Virulenz variieren2. Werden solche gebietsfremden, virulenteren Genotypen mit den Kunstschwärmen importiert, kann es zu einer seuchenhaften Ausbreitung der Europäischen Faulbrut kommen. Das ist eine Brutkrankheit, die derzeit in Deutschland eher eine untergeordnete Rolle spielt, aber beispielsweise in der Schweiz vor einigen Jahren überraschend massive Probleme in der Imkerei verursacht hat.
Vorsorglich erneuern wir auch unseren früheren Warnhinweis für Kunstschwärme, die aus Italien stammen, denn sie dient der Vermeidung der Einschleppung des Kleinen Beutenkäfers (Aethina tumida). Der Kleine Beutenkäfer ist ein anzeigepflichtiger Vorratsschädling, der sich in Italien (in der Region Kalabrien und auf Sizilien) seit seinem Erstnachweis in 2014, trotz intensiver Bemühung um dessen Ausrottung, inzwischen etabliert hat. Wenn auch die dortige Veterinärverwaltung bemüht ist eine weitere Ausbreitung des Käfers in Italien zu verhindern, so zeigt die Entwicklung und Verbreitung zehn Jahre nach dem Erstnachweis, dass das ein schwieriges Unterfangen bleibt. Eine Herkunftsbeschreibung „Kunstschwärme aus Italien“ ist eher kein sicherer Garant, dass auf diesem Wege nicht doch unbemerkt der Kleinen Beutenkäfer nach Deutschland gelangen kann.
Importierte Kunstschwärme sind gestresst und überleben den Transport mitunter nicht
Generell ist der Transport von Kunstschwärmen unter bienengerechten Bedingungen für kurze Zeit unbedenklich. Bei lang andauernden Transporten innerhalb von Europa stresst dies jedoch die Bienen. Oftmals überleben diese Kunstschwärme den Transport nicht oder die Ausgangsbienenmasse schrumpft schnell nach ihrer Ankunft, so wie es die letzten Jahre oft zutraf. Das ist nicht nur bedauerlich, es ist auch mit der Verantwortung für das Tierwohl nicht vereinbar.
Importe von Bienen nach Deutschland sind zudem nicht nötig
Grundsätzlich gilt zu bedenken, Kunstschwärme schrumpfen naturgemäß nach dem Einschlagen zunächst an Bienenmasse deutlich und erst nach drei Wochen beginnen sie langsam, diesen Verlust zu kompensieren. Später dann erst fangen sie an zu wachsen. Von daher erzielt man mit den Kunstschwärmen nicht wirklich einen großen Vorsprung gegenüber Völkern, die etwas später in Deutschland zu erwerben sind. Für den Saisonstart 2025 werden sogar jetzt schon ganze Bienenvölker auch in Deutschland angeboten. Zudem kann man alljährlich bei einer Vielzahl von versierten Imkern und Imkerinnen in Deutschland später deren Überschuss an Jungvölkern kaufen. Das gilt ebenso für Kunstschwärme, die ab Mitte des Jahres von hiesigen Betrieben angeboten werden. Ferner sollte die eigene Vermehrung aus dem eigenen Bestand zu den selbstverständlichen imkerlichen Fähigkeiten gehören. Von daher ist ein oftmals sogar erheblich überteuerter Import von Kunstschwärmen nicht nötig.
Wir kommen daher zu dem Schluss, dass Kunstschwarm-Importe aus anderen Ländern als fahrlässig, verantwortungslos und nicht zielführend bezeichnet werden können.
1 Almecija et al. (2020) Exp. Appl. Acarol., 82(1):1-16, doi: 10.1007/s10493-020-00535-w
2 Grossar et al. (2020) Virulence, 11(1): 554–567, doi: 10.1080/21505594.2020.1768338