Wie man die Varroa-Bekämpfung elegant mit der Spätsommerpflege der Wirtschaftsvölker verknüpfen kann: das Konzept „Teilen und Behandeln“
Varroabekämpfungskonzept Teilen und Behandeln (nicht barrierefrei)
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Schon seit geraumer Zeit haben wir unsere frühere Empfehlung zur Anwendung der Ameisensäure (AS) als ein bekanntermaßen sehr wirksames Varroazid weniger aktiv propagiert. Das, obwohl AS das einzige Varroazid ist, welches eine varroazide Wirkung selbst in die verdeckelte Brut hinein aufweist und auch nur anwendbar ist, wenn die Völker Brut haben. Die Praxis hat gezeigt, ihr varroazider Erfolg hängt von einigen Unwägbarkeiten ab, insbesondere aber vom Wetter. Auch in diesem Jahr ist aufgrund der vorherrschenden Witterungsbedingungen eine AS-Applikation eher schwierig. Die erheblichen Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen, gepaart mit hoher nächtlicher Luftfeuchte, sind für eine Wirksamkeit der AS eher nicht förderlich. Zudem gibt es inzwischen einfacher anwendbare, zugelassene Alternativen mit dem Wirkstoff Oxalsäure-Dihydrat (OS). Die genannten Schwierigkeiten mit der AS bestehen mit den verschiedenen OS-Applikationsmöglichkeiten nicht. Wir propagieren als Alternative seit geraumer Zeit schon das Konzept „Teilen und Behandeln“ (TuB) unter Verwendung eines zugelassenen OS-Produktes.
Diejenigen Imkerinnen und Imker, die gute Erfahrungen und Erfolge mit der AS-Applikation haben, möchten wir jedoch keinesfalls von ihrem Tun abhalten.
Beim TuB wird das Volk zargenweise geteilt und zunächst ein brutfreier Flugling gebildet, der mit der Königin des zu teilenden Volkes ausgestattet wird. Mit den Brutzargen wird zeitgleich ein Brutling erstellt, der sich eine Nachschaffungskönigin selber aufzieht. So wird in beiden getrennten Volksteilen eine Brutunterbrechung vollzogen, ohne dabei die Brut zu vernichten, wie es teilweise von anderen propagiert wird. Eine Vernichtung der Brut ist in den allermeisten Fällen überhaupt nicht notwendig und stellt eine Verschwendung von Ressourcen dar. Es gilt zu bedenken, wenn rein theoretisch ein 20-prozentiger Varroa-Befall in allen verdeckelten Brutzellen vorhanden wäre, was einem hohen Befall gleichkommt, dann entwickeln sich in 80 Prozent der Brutzellen die Bienen ohne Einfluss und Schädigung durch die Varroa-Milbe. Diesen Anteil der gesunden Brut gilt es zu erhalten. Mit der Brutunterbrechung wird in beiden Volksteilen für einen Neustart gesorgt, was auch die Virenproblematik miterfasst. In der Brutpause sitzen alle Varroa-Milben auf den erwachsenen Bienen und können so wirksam bekämpft werden. Das geschieht beim Flugling zwei Tage nach dem Beginn des TuB. Der Brutling ist 21 Tage nach seiner Erstellung ebenso brutfrei und wird dann behandelt. Lediglich an dem Tag, wenn man mit dem TuB beginnt, muss gutes Flugwetter herrschen, damit die Flugbienen auch tatsächlich den Flugling besiedeln können. Die anschließende OS-Applikationen können hingegen witterungsunabhängig erfolgen. Neben der Tatsache, dass die Varroazid-Anwendung im brutfreien Zustand der zwei Volksteile wirksam erfolgt, liegt der Vorteil des TuB zudem darin, diesen Schritt mit der Spätsommerpflege der Wirtschaftsvölker zu verbinden. Werden die Wirtschaftsvölker sinnigerweise mit zwei Brutzargen durch die Saison geführt, kann jetzt die ältere, untere Brutzarge mit dunklen Waben im Zuge des TuB am 21. Tag ganz entnommen werden. Die alten Waben werden dem Wachsschmelzer zugeführt. Damit erfolgt eine einfache und systematische Wabenhygiene, ein essentieller Bestandteil der „Guten imkerlichen Praxis“. Alte dunkle, mehrfach bebrütete Waben haben in einem Bienenvolk nichts zu suchen. Sie sind mögliche Quellen verschiedener Krankheitserreger und gegebenenfalls von Varroazid-Rückständen. Ein weiterer Vorteil des TuB liegt darin, dass man gegebenenfalls die Erstellung des Fluglings zum Austausch einer alten oder sonst unerwünschten Königin nutzen kann. Dann wird die auszuwechselnde Königin einfach durch eine andere begattete Königin ersetzt. Sie wird, wie sonst auch bei der Erstellung des Fluglings, in einen Zusetzkäfig mit Futterverschluss in den Flugling gehängt.
Jetzt und bis Mitte August ist die richtige Zeit das Konzept TuB zu starten. Später besteht die Gefahr, dass der Begattungserfolg der Nachschaffungsköniginnen in den Brutlingen nicht mehr zufriedenstellend ausfällt.
1. Wichtigster erster Schritt für das TuB war eine Varroa-Befalls-Diagnose der Völker Mitte Juli, so wie wir darauf in unserem Infobrief vom 19.07.2024 hingewiesen haben. Anschließend werden üblicherweise die leergeschleuderten Honigwaben der letzten Honigernte über Absperrgitter aufgesetzt, so dass die Bienen diese sauberlecken. Dafür brauchen sie etwa drei Tage. Keinesfalls darf mit honigfeuchten Waben der Flugling gebildet werden, denn das endet unweigerlich in einer massiven Räuberei. Auch der Einsatz von Mittelwänden für den Flugling wird nicht gelingen, weil die Bienen diese eher nicht (mehr) ausbauen.
2. Eine weitere wichtige Bedingung für den Erfolg des TuB ist, die Bienen müssen ihren Standplatz vor dem Prozedere schon gut kennen. Anders gesagt, bringt man die Wirtschaftsvölker nach einer Wanderung auf einen neuen Standplatz, müssen die Völker sich dort schon eingeflogen und damit gut orientiert haben.
3. Für das TuB eignen sich nur starke Wirtschaftsvölker. Sind Völker zum Beispiel durch einen späten Schwarmabgang beziehungsweise ein starkes Schröpfen oder gar aufgrund hoher Varroa-Last geschwächt, haben die daraus gebildeten Flug- und Brutlinge keine Chance und fallen womöglich der Räuberei durch andere Bienenvölker zum Opfer.
4. Bei allen Arbeitsschritten muss zügig gearbeitet werden, da sonst schnell zu dieser Jahreszeit eine Räuberei ausgelöst wird. Von daher sollte man die Morgenstunden nutzen und alles gut vorbereiten.
5. Stehen die zu teilenden Völker in Reihenaufstellung, muss bedacht werden, dass die Flugbienen anfangs womöglich Schwierigkeiten haben den Flugling als ihr Volk wiederzuerkennen, wenn die ursprüngliche Gesamtsilhouette verändert wird. Dann verfliegen sie sich womöglich in nahestehende andere Völker. So erscheint es sinnvoll, den Brutling zunächst auf den Flugling zu stellen. Oder man stellt stattdessen zumindest Leerzargen auf den Flugling, um die ursprüngliche Gesamtsilhouette zu erhalten. Hat man seine Völker am Bienenstand hingegen von vornherein locker mit verschiedenen Flugrichtungen verteilt, scheint es diesbezüglich weniger Probleme zu geben. Dann kann der Brutling sogleich irgendwo anders am selben Bienenstand platziert werden und die Flugbienen fliegen in die Fluglingszarge, die auf dem originalen Beutenboden platziert wurde.
6. Bislang zeigt sich, das Sprühen des „OXUVAR 5,7%“ ist die bessere und wirksamere Applikationsform bei der Varroa-Bekämpfung im brutfreien Flug- und Brutling. Sie ist eindeutig zeitaufwendig und muss zügig erfolgen, um keine Räuberei auszulösen. Die Träufel-Applikation kann hingegen ihre Wirkung gar nicht entfalten, weil die Bienen dafür nicht eng genug im Flug- und Brutling sitzen. Bei den vorherrschenden warmen Temperaturen zeigt das Verdampfen von „Varroxal 0,71g/g Bienenstock-Pulver“, nach Aussage von Kolleginnen und Kollegen, offenkundig eine geringere Wirksamkeit. Von daher scheint es kein Zugewinn zu sein, das „Varroxal 0,71g/g Bienenstock-Pulver“ für die Varroa-Bekämpfung bei den Flug- und Brutlinge zu sublimieren. Hier bedarf es weiterer Erfahrungen.
Das TuB startet an einem Tag X, den Sie festlegen. Dem folgen dann weitere zeitlich festgelegte Maßnahmen am Tag 2 und am Tag 21 nach Beginn des Konzeptes.
Tag X: Bei gutem Flugwetter wird das Bienenvolk in einen Brut- und Flugling geteilt. Idealerweise beginnt man mit dem Teilen am frühen Vormittag. Dann haben die Flugbienen einen ganzen Tag Zeit in den Flugling zu fliegen. Zudem ist dann beim offenen Hantieren mit den Völkern die Gefahr der Räuberei erheblich reduziert.
Zunächst wird der lange zuvor von den Bienen ausgeleckte Honigraum abgenommen und beiseitegestellt. Die Königin wird aus den Bruträumen gesucht und mit etwas Futterteig gekäfigt und beiseitegelegt. Anschließend werden die Bruträume auf einen neuen Boden gesetzt und der nun entstandene Brutling etwas abseits am Bienenstand mit stark eingeengtem Flugloch aufgestellt. Dabei sollte auch schon darauf geachtet werden, dass der Brutling über ausreichend Futter verfügt. Gegebenenfalls sollten noch Futterwaben zugehängt werden. Auch der ehemalige Honigraum wird mit einer vollen Futterwabe ausgestattet und an den alten Standplatz auf den dort zurückgelassenen Boden gestellt. Dann muss die Königin mit geöffnetem Zugang zum Futterteig in den Flugling gehängt werden. Die Flugbienen finden sich dort ein. Auch beim Flugling muss das Flugloch bis auf wenige Zentimeter eingeengt sein, damit die Bienen sich besser verteidigen können. Sollten die Beutenböden des Flug- und Brutlings mit offenen Gittern ausgestattet sein, sollte bis zum Abschluss des TuB eine Windel eingeschoben werden, damit die Bienen sich nicht unter dem Gitter sammeln.
Tag X +2: Zwei Tage nach Erstellung des Fluglings wird dieser kurz auf Weiselrichtigkeit überprüft und anschließend mit drei-prozentiger Oxalsäuredihydrat-Lösung besprüht (2–4 Milliliter pro Wabenseite). Zur Sprühapplikation eignet sich nur das OXUVAR 5,7%. Einige Tage später kann begonnen werden, den Flugling regelmäßig mit kleinen, steten Futtergaben zu versorgen.
Tag X +21: Frühestens 21 Tage nach der Teilung des Bienenvolkes, wenn dann alle Brut auch im Brutling geschlüpft ist, wird zunächst nach einer stiftenden Nachschaffungskönigin beziehungsweise nach Eiern und offener Brut geschaut. Anschließend wird das Bienenvolk auf eine Brutraumzarge eingeengt, indem die untere Zarge mit dunklen Altwaben weggenommen wird. Nach dem Einengen wird auch der Brutling mit einer drei-prozentigen Oxalsäuredihydrat-Lösung besprüht (2–4 Milliliter pro Wabenseite). Einige Tage später beginnend, muss dann auch die stete Futterversorgung des Brutlings gewährleistet werden.
Eine detaillierte praktische Anleitung des Konzeptes „TuB“ finden Sie in einer fünfteiligen Videoserie auf unserem YouTube-Kanal.
Ende Oktober wird überprüft, ob die Flug- und Brutlinge eine ausreichende Überwinterungsstärke aufweisen. Gegebenenfalls werden sie dann rückvereinigt.
Wie man die Varroa-Bekämpfung elegant mit der Spätsommerpflege der Wirtschaftsvölker verknüpfen kann: das Konzept „Teilen und Behandeln“
Varroabekämpfungskonzept Teilen und Behandeln (nicht barrierefrei)
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