90 Jahre „Institut für Bienenkunde“ in Celle – eine Erfolgsgeschichte
Der Weg vom „Hannoverschen Landesinstituts für Bienenforschung und bienenwirtschaftliche Betriebslehre“ zum „Institut für Bienenkunde Celle“
Die Imkerei hatte in Deutschland schon immer eine herausragende Bedeutung. Bereits im Mittelalter war die Lüneburger Heide eine sehr bedeutende Region für die Honig- und Wachsproduktion. Celle war ein Zentrum für den Handel mit Honig und Wachs. Gleichwohl konnte zu Beginn des 20. Jahrhunderts trotz zahlreicher privater Initiativen und einer gewissen staatlichen Förderung der stetige Rückgang von Imkerei und von Bienenvölkern in der damaligen Provinz Hannover nicht verhindert werden.
Der Rückgang der Heideflächen, die damit einhergehend notwendige Umstellung der Imkerei von der Spätsommertracht „Heide“ auf Frühtrachten, fehlende Schulung und Beratung, Bienenkrankheiten sowie unzureichende Honigqualität gehörten zu den strukturellen Problemen.
1927 musste eine Lösung gefunden werden.
Namhafte Persönlichkeiten in der Provinz Hannover trieben die Idee einer Institutsgründung erfolgreich voran: Dr. von Campe (Vorsitzender des Bienenwirtschaftlichen Centralvereins), Dr. Gerriets (preußischer Oberregierungsrat) und Dr. Levin (Provinz Hannover).
Im April 1927 wurde auf dem 62. Provinziallandtag zu Hannover der Beschluss gefasst, das „Hannoversche Landesinstitut für Bienenforschung und bienenwirtschaftliche Betriebslehre“ in Celle zu gründen.
Am 1. Juli 1927 war es dann soweit. Von nun an wurde auf den ganzheitlichen Ansatz in den Bereichen Forschung, Entwicklung, Untersuchung, Beratung und Schulung gesetzt.
Dem „Hannoverschen Landesinstitut für Bienenforschung und bienenwirtschaftliche Betriebslehre“ wurde ein umfangreicher Aufgabenkatalog auferlegt. All diese Aufgaben sind heute wie damals von großer Bedeutung, auch wenn die Schwerpunkte sich immer wieder verlagern.
Offene Fragen und damit Aufgaben für das Bieneninstitut Celle gestern und heute
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Aufgabenbereich |
damals (heute weitestgehend geklärt / gelöst) |
heute |
Bienenbiologie |
Vererbung, Fütterung |
Organisation des Sozialstaates, Kompensationsmöglichkeiten des Bienenvolkes |
Bienenkrankheiten |
Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut |
Bienengesundheit, Bekämpfung von Varroamilben, Viren und Beutenkäfern unter möglichsten geringem Medikamenteneinsatz |
Zucht |
Suche nach einer Alternative für die schwarmfreudige, wenig sanftmütige „Heidebiene“ |
Zucht ohne zu starke Einengung der genetischen Basis und Erhalt lokal angepasster Rassen (Biodiversität) |
Bienenwohnung und Betriebsmittel |
von der Korb- zur Kastenimkerei |
Modernisierung und Rationalisierung ohne negativen Einfluss auf die Bienen und Berücksichtigung der Gesundheit der Imker |
Bienennährpflanzen |
Nektar- und Pollenwert für die Bienen |
Verbesserung der Biodiversität und des Nahrungsangebotes |
Honiguntersuchung |
Nachweis von Verfälschung sowie Importware |
Weiterentwicklung der Qualitätsuntersuchung: Nachweis von Verfälschung und Kontaminanten sowie deren Vermeidung |
Wachs |
Nachweis von Verfälschung |
Vermeidung von Verfälschung |
Bestäubung |
Bedeutung der Honigbienen für die Erträge bei Kulturpflanzen |
Gezieltes Bestäubungsmanagement |
Ökologische Fragen |
Bedeutung der Imkerei für den Naturhaushalt |
Bienenvölker als Umweltindikator, Bienenvölker im Umweltmonitoring, Wildbienen |
Pflanzenschutzmittel |
Prüfung auf die Bienengefährdung |
Weiterentwicklung von Testdesigns zur weiteren Minimierung von negativen Auswirkungen |
Fortbildung der Imker |
Schulung + Beratung |
Schulung + Beratung – never ending |
Berufsausbildung |
Etablierung des Berufsstandes |
Bundesweite Berufsschule und deren beständige Weiterentwicklung |
bienenkundliches Beobachtungswesen |
landesweiter Beobachtungsdienst |
gezieltes Monitoring zu bestimmten Fragestellungen
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Der erste Direktor des Bieneninstitutes Celle wurde Prof. Dr. Albert Koch, der zuvor das Bieneninstitut in Münster aufgebaut und geleitet hatte. Dr. Börger, Imker Carstens und eine Laborkraft standen ihm in dieser Gründungsphase zur Seite. Es ist Albert Kochs Aktivitäten und Einflußnahme zu verdanken, dass kurz nach der Institutsgründung eine Polizeiverordnung zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut, die 1. Honigverordnung und eine Verordnung zur Prüfung von Imkergehilfen und -meistern erlassen wurden.
1938 wechselte die Institutsleitung. Prof. Koch übernahm die Leitung der Reichsanstalt für Seidenbau in Celle und ihm folgte Dr. Erich Wohlgemuth in das Bieneninstitut. Wohlgemuth war zuvor im Bieneninstitut Erlangen beschäftigt. Eine schwierige Zeit in der Phase der Konsolidierung begann. Er und seine Mitarbeiter haben es geschafft die Institutsaufgaben auch in den Kriegsjahren sowie der Nachkriegszeit zu erfüllen.
1960 gab Wohlgemuth nach 22 Jahren die Leitung an Dr. Walter Kaeser ab. Die Amtszeit des Freiburgers ist als Phase der Neuausrichtung zu sehen. Doch durch seinen frühen Tod konnte er sein Werk nicht beenden.
1976 übernahm Prof. Dr. Jost H. Dustmann und vollendete Kaesers Planungen. In der Ära Dustmann konnte das Institut ausgebaut werden.
Im Jahr 2000 übernahm Dr. Werner von der Ohe die Leitung des Instituts. Anfang 2004 wurde das Bieneninstitut in das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit integriert und in das „Institut für Bienenkunde Celle“ umbenannt. Diese Umstrukturierung wurde vom Niedersächsischen Landtag am 4. November 2003 beschlossen. Das Ziel: „Die Zusammenführung bestehender, gemeinsamer Berührungspunkte bei der lebensmittelrechtlichen Überwachung des Honigs sowie bei der Tierseuchenbekämpfung bei Bienenkrankheiten“. (Anmerk. d. R.: Seit 2021 ist Dr. Kirsten Traynor Leiterin des Instituts).
Bereits Anfang der 2000er Jahre wurde der Forschungs- und Entwicklungsbereich weiter ausgebaut und an neue Erfordernisse angepasst.
Damit wuchs auch der Mitarbeiterstab von 4 (1927) auf 35 (2017). In dieser neuen Ära hat sich das Institut für Bienenkunde in Niedersachsen zu einem einzigartigen Kompetenzzentrum für alle Belange der Bienenhaltung und angrenzender Bereiche wie Umweltmonitoring, Pflanzenschutz und Landwirtschaft entwickelt. Die Themengebiete des Instituts reichen von der Honig- und Wachsproduktion über die Zucht von Bienenköniginnen, die Vorbeugung und Behandlung von Bienenkrankheiten bis hin zu Untersuchungstätigkeiten in der Qualitätskontrolle von Honig.
Es wurden Konzepte zur Bekämpfung von Bienenkrankheiten wie der Amerikanischen Faulbrut sowie der zügigen Aufdeckung von Bienenvergiftungen durch Pflanzenschutzmittel entwickelt.
Die Untersuchungs-, Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten gehören zu den weiteren wichtigen Bereichen des Instituts. Die Kooperationen mit anderen Instituten (Inland und Ausland) und mit imkerlichen Verbänden wurden ausgeweitet. Außerdem berät das Institut die Imker vor Ort. Es veranstaltet Seminare und Fortbildungen, an denen auch internationale Fachleute teilnehmen. Bundesweit ist das LAVES-Institut die einzige Berufsschule für die Ausbildung zum Berufsimker.
Durch diese erfolgreiche Arbeit des Instituts für Bienenkunde konnte die Situation der Imkerei in Niedersachsen wesentlich verbessert werden. Auch andere Bundesländer profitieren von diesem unermüdlichen Einsatz im Namen der Wissenschaft und für eine nachhaltige Imkerei.
Institut für Bienenkunde Celle