Phthalate in Lebensmitteln
Phthalate - Eigenschaften und Vorkommen
Phthalate (Ester der Phthalsäure) werden vor allem in der Kunststoffproduktion verwendet, um spröden Kunststoffen eine elastische und geschmeidige Eigenschaft zu verleihen. Die Phthalate, die man auch als äußere Weichmacher bezeichnet, gehen dabei keine chemische Bindung mit dem Kunststoff ein. Das hat zur Folge, dass Phthalate aus dem Material relativ leicht „ausdünsten“ oder in Kontakt mit fettreichen Medien herausgelöst werden können.
Phthalate stehen im Verdacht kanzerogen, reproduktionstoxisch und hormonell wirksam zu sein. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft haben unter anderem Diethylhexylphthalat (DEHP), Dibutylphthalat (DBP) und Butylbenzylphthalate (BBP) als wahrscheinlich reproduktionsschädigende Stoffe eingestuft. [1]
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA=European Food Safety Authority) hat daher für diese drei Phthalate eine tolerierbare, also bedenkenlose, tägliche Aufnahmemenge (TDI=Tolerable Daily Intake) in Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag definiert (mg/ kg KG/ Tag).
Phthalat |
TDI in mg/ kg KG/ Tag |
TDI in mg für 60 kg KG pro Tag |
Quelle |
DBP |
0,01 |
0,6 |
The EFSA Journal (2005) 242, 1-17 [2] |
DEHP |
0,05 |
3,0 |
The EFSA Journal (2005) 243, 1-20 [3] |
BBP |
0,50 |
30,0 |
The EFSA Journal (2005) 241, 1-14 [4] |
Tabelle 1: Tolerierbare Tagesdosis in Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (mg/ kg KG/ Tag)
Für Lebensmittel ergeben sich in Bezug auf Phthalate zahlreiche Kontaminationsquellen. Zum Beispiel bei der Lebensmittelproduktion und -verarbeitung, durch Kontakt mit weichmacherhaltigen Kunststoffen (Schläuche, Sammelbehälter etc.). Phthalate werden auch als Dichtmassen in den Verschlüssen (Twist Off-Deckel) bei Lebensmittelbehältnissen aus Glas eingesetzt. Dadurch ist ein direkter Kontakt mit den entsprechend verpackten Lebensmitteln gegeben. [5]
Phthalate dienen weiterhin als Zusätze zu Druckfarben und Dispersionsklebstoffen, unter anderem bei der Herstellung bzw. Produktion von Papier und Verpackungen. Über den Papierrecyclingkreislauf gelangen diese dann in Verpackungsmaterialien für Lebensmittel. Besonders betroffen sind hier trockene Lebensmittel, da diese häufig im direkten Kontakt mit der Umverpackung stehen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat in diesem Zusammenhang besonders auf Diisobutylphthalat (DiBP) hingewiesen. [6]
Das Vorkommen von Phthalaten in Lebensmitteln ist aber nicht nur auf den direkten Kontakt mit Verpackungsmaterialien zurückzuführen. Durch die vielfältigen Einsatzgebiete und die enorm hohen Produktionsmengen gelten Phthalate als ubiquitär vorkommende Umweltkontaminanten. [7]
Untersuchungsergebnisse - Trockene Lebensmittel (Haferflocken und Reis)
Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) wurden 32 Haferflocken- und 11 Reisproben, die im Zeitraum von Februar bis April 2011 im LI BS eingegangen sind, auf den Gehalt an Dibutylphthalat (DBP), Diethylphthalat (DEP), Diisobutylphthalat (DiBP), Diethylhexylphthalat (DEHP) und Butylbenzylphthalat (BBP) untersucht.
Die 32 Haferflockenproben sind in Fertigpackungen in den Handel gekommen - drei davon in einer Kunststoffverpackung (siehe Diagramm 1: Nr. 18, 27 und 32) und die restlichen Proben in einer Karton- bzw. Papierverpackung. In fünf Proben konnten keine Phthalate und in sechs Proben nur Gesamtphthalatgehalte unter 0,05 mg/ kg nachgewiesen werden. DEP wurde nur in zwei Proben (Nr. 5 und 14) und BBP nur in der Probe 2 in nennenswerten Konzentrationen nachgewiesen. Die höchsten Gehalte an DBP sind in der Probe 12 (0,28 mg/ kg), an DiBP in der Probe 30 (0,12 mg/ kg) und an DEHP in der Probe 10 mit 0,24 mg/ kg Probe gefunden worden. Den höchsten Gesamtphthalatgehalt mit 0,47 mg/ kg weist die Probe 10 auf.
Vergleicht man die für die Probe 10 ermittelten Gehalte an DBP (0,23 mg/ kg) und DEHP (0,24 mg/ kg) mit den von der EFSA festgelegten TDI-Werten (siehe Tabelle 1) müsste eine 60 kg schwere Person täglich ca. 2,5 kg (bezogen auf DBP) und mehr als 12 kg (bezogen auf DEHP) dieser Haferflockenprobe zu sich nehmen, um den jeweiligen TDI-Wert zu erreichen.
(0,28 mg/ kg), an DiBP in der Probe 30 (0,12 mg/ kg) und an DEHP in der Probe 10 mit 0,24 mg/ kg Probe gefunden worden. Den höchsten Gesamtphthalatgehalt mit 0,47 mg/ kg weist die Probe 10 auf.
Vergleicht man die für die Probe 10 ermittelten Gehalte an DBP (0,23 mg/ kg) und DEHP (0,24 mg/ kg) mit den von der EFSA festgelegten TDI-Werten (siehe Tabelle 1) müsste eine 60 kg schwere Person täglich ca. 2,5 kg (bezogen auf DBP) und mehr als 12 kg (bezogen auf DEHP) dieser Haferflockenprobe zu sich nehmen, um den jeweiligen TDI-Wert zu erreichen.
Von den elf Reisproben, die im Lebensmittelinstitut Braunschweig untersucht wurden, waren zwei Proben in Karton/Pappe verpackt (siehe Diagramm 2: Nr. 10 und 11). Die Probe drei wurde in Kochbeuteln, die wiederum in einem Karton umverpackt waren, angeboten.
In zwei Proben (Nr. 4 und 6) wurden Gesamtphthalatgehalte unter 0,10 mg/ kg gefunden.
Bei DEP, DiBP und BBP wurden Maximalwerte von 0,08 mg/ kg, 0,12 mg/ kg und 0,11 mg/ kg festgestellt. In den meisten Proben machen DBP und DEHP einen Großteil des Gesamtphthalatgehaltes aus.
Bei der Probe (Nr. 11) mit dem höchsten Gesamtphthalatgehalt (0,53 mg/ kg) und gleichzeitig auch den höchsten Einzelmesswerten für DBP (0,28 mg/ kg) und DEHP (0,16 mg/ kg) handelt es sich um eine Duftreisprobe, welche lose in einer Kartonverpackung angeboten wurde.
Untersuchungsergebnisse - Öle
In den letzten Jahren wurden im Lebensmittelinstitut Braunschweig wiederholt Olivenöle auf die Gehalte von Phthalaten (insbesondere DEHP und Butylhexylphthalat) hin untersucht. [8]
Im Mai 2011 wurden 10 Proben im Lebensmittelinstitut Braunschweig eingeliefert und dahingehend überprüft. Die Ergebnisse sind in Diagramm 3 graphisch dargestellt.
DBP und DEP waren in allen Proben nicht nachweisbar. Die Gehalte an DiBP lagen in allen 10 Proben unter 0,10 mg/ kg. Der höchste Gehalt an BBP mit 1,01 mg/ kg wurde in Probe Nr. 1 gefunden. Die Gehalte an DEHP reichen von 0,24 mg/ kg (Nr. 2) bis 1,97 mg/ kg (Nr.9)
Im direkten Vergleich mit den Trockenen Lebensmitteln wurden in den Olivenölen deutlich höhere Gehalte an BBP und DEHP gemessen. Legt man jedoch den für die Probe neun ermittelten Gehalt an DEHP von 1,97 mg/ kg für einen Vergleich mit dem von der EFSA festgelegten TDI-Wert (s. Tabelle 1) zu Grunde, so lässt sich berechnen, dass eine 60 kg schwere Person täglich mehr als einen Liter Olivenöl zu sich nehmen müsste, um den TDI-Wert für DEHP zu erreichen.
Ein Eintrag der Phthalate in die Olivenöle über das Verpackungsmaterial kann größtenteils ausgeschlossen werden, da alle Proben in Glasgefäßen in den Handel gekommen sind. Lediglich die Schraubdeckel der Flaschen können kunststoffhaltig sein. Es wird aber davon ausgegangen, dass der Hauptanteil während der Herstellung in die Olivenöle gelangt ist.
Untersuchungsergebnisse - alkoholfreie Erfrischungsgetränke und Fruchtnektare
Über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) wurde Ende Mai 2011 bekanntgegeben, dass in Taiwan Saftgetränke in den Handel gekommen sind, denen als Trübungsstoffe unzulässiger Weise die Phthalate DEHP oder Diisononylphthalat (DiNP) zugesetzt wurden. Im Lebensmittelinstitut Braunschweig wurden daraufhin 13 Getränkeproben asiatischer Herkunft auf die Gehalte dieser Phthalate untersucht. Bei den Getränken handelte es sich um ein Getränk mit Aloe Vera aus der Republik Korea, einem Litschinektar aus Thailand und einem Guavennektar, sowie 10 Proben Mangonektar, davon acht aus den Philippinen und zwei aus Taiwan.
DiNP war in keiner der Proben nachweisbar. DEHP war in dem Getränk mit Aloe Vera und zwei Mangogetränken nicht nachweisbar. In den restlichen Proben wurden DEHP-Gehalte bis 0,035 mg/ L gefunden. Dabei handelt es sich um Konzentrationen, die einen Zusatz von Phthalaten als Trübungsstoffe zu den oben genannten Getränken ausschließen.
Fazit:
Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden unterschiedlichste Lebensmittel auf ihren Gehalt an Phthalaten untersucht. Als sogenannte Weichmacher finden Phthalate Verwendung in der Produktion von Kunststoffen, Druckfarben oder Klebstoffen. Durch die Untersuchung konnte bestätigt werden, dass während der Lebensmittelherstellung, aber auch aus den entsprechenden Verpackungen, Phthalate auf die Lebensmittel übertragen werden können. Die im Lebensmittelinstitut Braunschweig analysierten Proben wiesen jedoch nur so geringe Konzentrationen auf, dass eine Beeinträchtigung der Gesundheit durch deren Verzehr nicht zu erwarten ist. Der Gehalt an Phthalaten in Lebensmitteln wird auch weiterhin im Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit untersucht.
Literatur
[1] VERORDNUNG (EG) Nr. 1272/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006
[2] http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/242.htm
[3] http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/243.htm
[4] http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/241.htm
[5] Toxische Substanzen in Bedarfsgegenständen, kosmetischen Mitteln und Tabak (BfR)
[6] Di-isobutylphthalat in Papieren und Kartons für den Kontakt mit Lebensmitteln; Kurzprotokoll einer außerordentlichen Sitzung der Arbeitsgruppe „Papier, Karton und Pappe“ vom 5. Juli im BfR
[7] Umweltbundesamt Februar 2007: Phthalate - Die nützlichen Weichmacher mit den unerwünschten Eigenschaften
[8] Phthalate in Speisölen (LAVES, 2005)