Pflanzenschutzmittelrückstände in Säuglings- und Kleinkindernahrung (PDF, nicht barrierefrei)
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Pflanzenschutzmittelrückstände in Säuglings- und Kleinkindernahrung?
In den Jahren 2020-2021 wurden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg des LAVES insgesamt 27 Proben Säuglings- und Kleinkindernahrung auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Bei den Proben handelte es sich um 15-mal Getreidebrei, 9-mal Säuglingsmilchnahrung und jeweils einmal Folgemilch, Obstzubereitung sowie ein obst- und gemüsehaltiges Getränk (siehe Abbildung eins). 18 Proben stammten aus Bioanbau. Während 19 Proben aus Deutschland kamen, blieb bei 8 Proben das Herkunftsland ungeklärt. Da die Angabe der Erzeugungsländer der einzelnen Zutaten rechtlich nicht vorgeschrieben ist, wird bei den Produkten häufig nur auf EU- und/oder Nicht-EU-Landwirtschaft hingewiesen.
In 26 Proben waren keine Pflanzenschutzmittelrückstände nachweisbar.
In einer Probe eines obst- und gemüsehaltigen Getränks („Bio-Multifruchtsaft mit Karotte“, „Hergestellt in Deutschland“) wurde ein Phosphonsäurerückstand festgestellt. Hierbei handelte es sich um eine Verfolgsprobe aus dem Jahr 2020 zu zwei Proben desselben Produkts, welche im Jahr 2018 mit überhöhten Fosetyl-/Phosphonsäure-Gehalten auffällig waren.
Gemäß Pestizidrückstände-Höchstgehaltsverordnung (EG) Nr. 396/2005 ist Phosphonsäure als Summenparameter Fosetyl-Al (Summe von Fosetyl, Phosphonsäure und ihren Salzen, ausgedrückt als Fosetyl) geregelt.
Auch in der Verfolgsprobe wurde ein Phosphonsäuregehalt festgestellt, der umgerechnet 0,117 mg/kg des Fungizids Fosetyl ergab.
Gemäß Diätverordnung (DiätV) § 14 (1) 1. a) dürfen diätetische Lebensmittel für Säuglinge oder Kleinkinder, soweit keine spezifischen strengeren Regelungen bestehen, jeweils nicht mehr als 0,01 mg/kg an Pflanzenschutzmitteln enthalten. Der berechnete Fosetylgehalt überschritt auch unter Berücksichtigung der analytischen Messunsicherheit von 50 Prozent gesichert den Höchstgehalt, sodass die Probe nach LFGB § 9 (1) 1. nicht verkehrsfähig war.
Hierbei ist anzumerken, dass Rückstände von Phosphonsäure verschiedene Ursachen haben können. Im ökologischen Landbau ist die Anwendung fosetylhaltiger Pflanzenschutzmittel, deren eigentlicher Wirkstoff die fungizide Phosphonsäure ist, nicht zulässig. Rückstände können auch aus der Anwendung phosphorsäurehaltiger Pflanzenstärkungsmittel sowie (Blatt-) Düngemittel, die Phosphonsäure oder deren Salze (Phosphonate) enthalten, stammen.
In den Jahren 2020-2021 wurden 43 Säuglings- und Kleinkindernahrungen auf Rückstände von Chlorat und eine mögliche Belastung mit der Düngemittelkontaminante Perchlorat untersucht, darunter 28 Bioproben. Bei den Proben handelte es sich um 14 Getreidebreie, 13 Gemüsezubereitungen, 9 Säuglingsmilchnahrungen, 3 Obstzubereitungen, 2 Mahlzeiten mit Rindfleisch, eine Zubereitung mit Obst- und Gemüseanteil und eine Folgemilch (siehe Abbildung zwei). Unter den Proben waren 28 Proben mit Herkunftsangabe „Deutschland“ und 15 Proben ungeklärten Ursprungs. Wie aus den beiden Abbildungen ersichtlich, überschnitten sich die Proben teilweise mit denjenigen der zuvor genannten Untersuchungen auf Pflanzenschutzmittel.
Während Chlorat als ehemaliges Pflanzenschutzmittel unter die Höchstgehaltsregelung von 0,01 mg/kg der DiätV fällt, gilt für Perchlorat die Kontaminanten-HöchstgehalteVO (EG) Nr. 1881/2006. Je nach Erzeugnis für Säuglinge und Kleinkinder beträgt der Perchlorathöchstgehalt 0,01 mg/kg oder 0,02 mg/kg.
In 42 Proben waren weder Chlorat noch Perchlorat nachweisbar. Hingegen wies eine Gemüsezubereitung („Bio-Gemüsesoße“, mit Süßkartoffeln, Butternutkürbis, Karotten Zucchini und weiteren Zutaten), Herkunftsangabe „EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft“, einen Chloratgehalt von 0,212 mg/kg auf.
Die auch unter Berücksichtigung der analytischen Messunsicherheit gesicherte Überschreitung des Höchstgehaltes von 0,01 mg/kg führte zu einer Beurteilung der Probe aus dem Jahr 2021 als nicht verkehrsfähig nach LFGB § 9 (1) 1.
Neben seiner früheren (nicht mehr zulässigen) Verwendung in Pflanzenschutzmitteln handelt es sich bei Chlorat auch um ein Reaktionsprodukt aus der Verwendung chlorhaltiger Reinigungs- und Desinfektionsmittel in der Lebensmittelproduktion und der Trinkwasseraufbereitung (Chlorung). Dadurch kann es zu Chloratrückständen in Lebensmitteln kommen.
Fazit:
Wie bereits in den Jahren 2015-2017 und 2018-2019 wurden auch 2020-2021 Rückstände und Höchstgehaltsüberschreitungen von Phosphonsäure-/Fosetyl sowie Chlorat in einzelnen Proben Säuglings- und Kleinkindernahrungen festgestellt.
Guter Start ins Leben
Babybrei ist schnell selbst angerührt und hat den Vorteil, dass man die verwendeten Zutaten kennt, auf Haushaltszucker und auf Salz verzichten kann. Weiterer Vorteil: Auch Verpackungsmüll kann so vermieden werden. Eltern sollten auf gezuckerte Fertigprodukte nach Möglichkeit verzichten, um ihre Kinder nicht an süßes Essen zu gewöhnen. Das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) empfiehlt zum Beispiel einen Milch-Getreide-Brei aus Vollmilch, Vollkorn-Getreideflocken oder Grieß und Fruchtsaft oder zerdrücktem Obst.
Weitere Informationen zum Thema Säuglings- und Kinderernährung:
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