Mykotoxine
Mykotoxine sind von Schimmelpilzen gebildete Stoffwechselprodukte, die aufgrund ihrer Giftigkeit (Toxizität) in Lebens- und Futtermitteln unerwünscht sind. Sie sind für Menschen selten akut gesundheitsschädigend, können jedoch krebserregend und erbgutschädigend wirken. Mykotoxine unterliegen daher strengen Höchstgehaltsregelungen. |
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1. Definition2. Einleitung
3. Vorkommen
4. Toxizität (Giftigkeit)
5. Haushaltstipps
6. Gesetzliche Regelungen
7. Probenahme und Analytik
8. Untersuchungen
9. Quellen und Literatur
1. Definition - Was sind Mykotoxine?
Der Begriff Mykotoxine bezeichnet giftige Stoffwechselprodukte, die von Schimmelpilzen gebildet werden. Aufgrund ihrer Toxizität (Giftigkeit) für Mensch und Tier zählen Mykotoxine zu den unerwünschten Kontaminanten in Nahrungs- und Futtermitteln.
Bereits im Mittelalter traten mykotoxinbedingte Krankheitsausbrüche auf. So wurde der Ergotismus, an dem Hunderttausende Menschen starben durch den Verzehr von mit Mutterkorn (Ergotalkaloiden) verunreinigtem Getreide ausgelöst. In den 60er Jahren war die Verfütterung von aflatoxinbelastetem Futter der Auslöser für den Tod hunderttausender Truthähne und Gänse - „Turkey X Disease".
Die FAO (Food and Agriculture Organization) schätzt, dass bis zu 25 % der Weltproduktion an Getreide und daraus hergestellten Grundnahrungsmitteln mit mykotoxinbildenden Pilzen kontaminiert sind.
Bis heute sind über 250 Schimmelpilzarten bekannt, die mehr als 300 verschiedene Mykotoxine bilden (schätzungsweise wird von mehreren Tausend noch unbekannten Mykotoxinen ausgegangen). Zu den relevanten Verbindungen zählen:
Feldpilze, wie:
- Fusarium: Fusarientoxine, wie Trichothecene (Deoxynivalenol, T-2/HT-2 Toxin), Zearalenon und Fumonisine
- Claviceps: Ergotalkaloide (Mutterkornalkaloide, z.B. Ergotamin, Ergometrin, Ergocornin, Ergokryptin, Ergocristin und Ergosin und deren „inin-Formen“)
Lagerpilze, wie:
- Aspergillus: Aflatoxine B1, B2, G1, G2, M1, sowie Ochratoxin A (OTA) und Citrinin
- Penicillium: Ochratoxin A (OTA), Citrinin und Patulin
- Alternaria: Tenuazonsäure, Alternariatoxin, Alternariomonomethylether, Altenuen, Tentoxin
3. Vorkommen - Eintragswege in die Nahrung
Primärkontamination
Mykotoxine können primär durch Schimmelbefall der landwirtschaftlichen Rohprodukte in die Lebensmittelkette gelangen, wenn beispielsweise das Getreide vor der Ernte von Feldpilzen befallen wird, oder wenn durch falsche Lagerung, Transport oder Weiterverarbeitung das Wachstum von Schimmelpilzen gefördert wird (Lagerpilze). Während der weiteren Verarbeitung wird das Pilzmyzel so zerkleinert und fein verteilt, dass es im Endprodukt für den Konsumenten nicht mehr sichtbar ist.
Sekundärkontamination
Eine sekundäre Mykotoxinkontamination kann durch Verschimmeln der Zwischen- und Endprodukte auf allen Stufen der Herstellung, des Handels und im privaten Haushalt eintreten. An der verfärbten Pilzkolonie kann der Konsument ein mögliches Mykotoxinrisiko erkennen.
Carry over
Wird mykotoxinhaltiges Futter an Nutztiere verfüttert, können einige Mykotoxine in unveränderter oder metabolisierter Form (Zwischenprodukte) in verschiedenen Organen abgelagert oder ausgeschieden werden. Auf diese Weise können Lebensmittel tierischer Herkunft, wie z. B. Milch und Fleisch mit Mykotoxinen kontaminiert sein, ohne dass das Produkt selbst verschimmelt ist. Dieser Prozess wird auch als „carry over" bezeichnet. Diese Art der Kontamination ist äußerlich nicht erkennbar.
Empfindliche/anfällige Lebensmittel
Viele Nahrungsmittel bieten Schimmelpilzen ideale Voraussetzungen für das Wachstum:
- Kohlenhydrate
- pflanzliche und tierische Öle
- organisch und anorganisch gebundener Stickstoff
- Beschaffenheit des Lebensmittels, z. B. weich, großporig
Des Weiteren begünstigen folgende Faktoren ein optimales Wachstum:
- warme Temperatur
- pH-Wert
- hoher Wassergehalt
Die Toxinmenge steht nicht in Korrelation zum Pilzwachstum. So kann trotz eines schwachen Pilzwachstums eine hohe Toxinbelastung vorliegen. Weiterhin wachsen die Pilze nicht nur an der Oberfläche, sondern dringen je nach Beschaffenheit tief in das Lebensmittel ein. Die dabei gebildeten Mykotoxine werden entweder in das Lebensmittel ausgeschieden oder in den Zellen eingelagert und dann freigesetzt, wenn das Pilzmyzel auseinander bricht.
Der Großteil der Mykotoxine wird über den Verzehr pflanzlicher Lebensmittel aufgenommen.
- Aflatoxine: Erdnüsse, Schalenfrüchte, Trockenfrüchte, Getreide, Gewürze
- OTA: Getreide, Trockenfrüchte, Kaffee, Wein, Bier, Traubensaft, Kakao, Gewürze, Süßholz
- Patulin: Früchte, vorwiegend Apfel
- Fusarientoxine: Getreide und Mais
- Ergotalkaloide: Getreide
- Alternariatoxine: Tomatenprodukte
- Citrinin: Reis, Nahrungsergänzungsmittel
Die Aufnahme von Mykotoxinen über die Nahrung stellt die wichtigste Quelle einer Mykotoxinbelastung dar. Eine weitere Kontamination kann aber auch durch Inhalation von Pilzsporen (z. B. aus verschimmelten Wänden, Müll) erfolgen.
Erwünschter Schimmel - Edelschimmel
Bestimmte Schimmelpilze werden in der Lebensmittelproduktion zur Herstellung oder Veredelung von Lebensmitteln eingesetzt:
- Bei der Käseherstellung kommen Penicillium roqueforti für Roquefortkäse und Penicillium camemberti für Camembert zum Einsatz.
- Bei der Weinbereitung verleiht der Pilz Botrytis cinerea dem Wein unter bestimmten Bedingungen ein gewolltes Edelfäulebukett.
- Bei der Wurstherstellung werden ebenso Edelschimmelkulturen verwendet.
- Bei der Herstellung von Sojasauce kommt der Pilz Aspergillus oryzae zum Einsatz.
Diese Edelpilze bilden keine Giftstoffe, sondern verleihen den Produkten z. B. einen würzigen Geschmack, konservieren diese und schützen vor der Besiedelung mit gefährlichem Schimmel.
4. Toxizität - Wirkung von Mykotoxinen
Mykotoxin verursachte Erkrankungen werden als Mykotoxikosen bezeichnet.
In Abhängigkeit von der Toxinart und der aufgenommenen Menge kann die Wirkung der Mykotoxine aufgrund von cancerogenen, mutagenen, immunsuppressiven, teratogenen, nephrotoxischen und östrogenen Eigenschaften akut und/oder chronisch toxisch sein. Sie können beim Menschen zu unterschiedlichen Krankheiten führen, wie z. B. die Entstehung von Krebs begünstigen, Nieren und Leber schädigen, das Immunsystem beeinträchtigen oder Durchfall und Erbrechen verursachen.
Durch sein extrem hohes cancerogenes (=krebserregendes) Potential besitzt Aflatoxin B1 das größte Gefährdungspotential aller Mykotoxine. Da akute Vergiftungen durch vergleichsweise hohe Mykotoxinkonzentrationen ausgelöst werden, sind diese in Mitteleuropa und anderen entwickelten Staaten aufgrund der allgemein guten Lebensmittelqualität und häufigen Kontrollen sehr selten. Hingegen kam es aufgrund von schlechten Wachstums-, Lagerungs- und Transportbedingungen sowie durch besondere Essgewohnheiten insbesondere in subtropischen und tropischen Gebieten Afrikas und Asiens durch den Verzehr von stark mit Aflatoxinen belasteten Erdnüssen oder Maisprodukten immer wieder zu akuten Vergiftungen mit Todesfällen.
5. Haushaltstipps - Maßnahmen zur Verringerung des Mykotoxingehaltes
Mykotoxine sind in den üblicherweise vorliegenden Konzentrationen für Konsumenten nicht wahrnehmbar und werden durch hohe Temperaturen beim Kochen, Rösten oder Backen nicht zerstört. Daher sollten Verbraucher mit Produkten, die sichtbaren Schimmelbefall oder abweichende sensorische Eigenschaften aufweisen sowie überlagert sind, äußerst kritisch umgehen. Empfehlungen zur weiteren Verwendung angeschimmelter Lebensmittel sind mit Vorsicht zu genießen, da bereits beim Bewegen dieser Lebensmittel große Mengen an mykotoxinhaltigen Pilzsporen aufgewirbelt, dadurch verteilt und dann auch eingeatmet werden können. Folgende Punkte sollten daher im Haushalt beachtet werden:
- Lebensmittel trocken und kühl lagern.
- Verlassen Sie sich in erster Linie auf Ihre Sinne. Fallen Verfärbungen und unangenehme Gerüche auf, wird vom Verzehr abgeraten.
- Das Abschneiden verschimmelter Bereiche hilft nur bedingt, da sich der Pilz meist schon unsichtbar in größere Bereiche ausgebreitet hat. Schimmelstellen auf ganzen Brotstücken können großzügig ausgeschnitten werden. Bei Schnittbrot sollten neben der angeschimmelten Scheibe unbedingt ein bis zwei darunter liegende Scheiben entfernt werden. Im Zweifel sollte angeschimmelte Ware nicht mehr verzehrt werden.
- Je höher der Wassergehalt des Lebensmittels, desto wahrscheinlicher ist die Ausbreitung des Schimmelpilzes und seiner Toxine. Solche vom Schimmel befallene Lebensmittel müssen weggeworfen werden. Angefaultes Obst sollte weder gegessen noch weiterverarbeitet werden.
Auch für Tiere sind Mykotoxine schädigend, daher sollten verschimmelte Produkte nicht an Tiere verfüttert werden.
Um den Verbraucher vor einer unannehmbaren Mykotoxinbelastung zu schützen, sind auf europäischer Ebene in der VO (EG) Nr. 1881/2006 Höchstgehalte in Lebensmitteln festgelegt. Im Rahmen dieser Verordnung werden Höchstgehalt für Aflatoxine, Ochratoxin A, Patulin, Deoxynivalenol, Zearalenon, Fumonisine, Citrinin und Mutterkornalkaloide in verschiedenen Lebensmittelmatrices geregelt. Aufgrund der empfindlichen Verbrauchergruppe sind Produkte für Säuglinge und Kleinkinder besonders streng reglementiert.
Zusätzlich zur VO (EG) Nr. 1881/2006 sind auf nationaler Ebene in der Verordnung zur Begrenzung von Kontaminanten in Lebensmitteln (KmV) Höchstgehalte für Aflatoxine und Ochratoxin A in Lebensmitteln geregelt, die nicht unter dem Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 1881/2006 fallen.
Für die Beurteilung der Mykotoxine T-2 und HT-2 wird die Empfehlung der Kommission vom 27. März 2013 über das Vorhandensein in Getreide und Getreideerzeugnissen (2013/165/EU) herangezogen.
Für eine einheitliche amtliche Kontrolle des Mykotoxingehaltes in Lebensmitteln sind in der VO(EG) Nr. 401/2006 Probennahmeverfahren und Analysenmethoden festgelegt.
Schimmelpilze wachsen im Lebensmittel nesterartig (Cluster), so dass die Verteilung der Mykotoxine im Lebensmittel inhomogen ist. Zur lebensmittelrechtlichen Beurteilung ganzer Partien müssen daher möglichst repräsentative Proben gemäß der VO(EG) Nr. 401/2006 entnommen werden. Der Nachweis und die Bestimmung extrem niedriger Mykotoxinkonzentrationen im Spurenbereich sind nur mit aufwändigen analytischen Verfahren im Labor möglich.
Arbeitsschritte im Labor:
- Herstellen einer homogenen Probe mittels geeignetem Zerkleinerungsgerät zum Teil unter Zugabe von Wasser (Slurry)
- Einwaage eines aliquoten Teils
- Extraktion der Mykotoxine mittels geeignetem Extraktionsmittel
- Aufreinigung und Konzentrierung der Extrakte über eine Festphasenextraktion (SPE – solid phase extraction) oder mittels Affinitätschromatographie ( z. B. IAC – immuno affinity chromatography)
- Einengen des Extraktes und Aufnahme in einem geeignetem Lösungsmittel
- Mikrofiltration
- Injizieren der Probe in HPLC-FLD oder LC-MS/MS
Aktuelle Untersuchungsergebnisse sind u. a. im jährlich erscheinenden Tätigkeitsbericht zu finden. Des Weiteren geben spezielle Artikel Auskunft über einzelne Mykotoxine und deren Gehalt in Lebensmitteln (siehe Linkliste rechts oben).
Informationen zu Toxikologie, Bedeutung für Pflanzenproduktion, Tierernährung und Lebensmittelverarbeitung:
Fachinformationen zu Mykotoxinen, einschließlich gesetzlicher Regelungen:
- Patulin in Äpfeln und Apfelerzeugnissen
- Tenuazonsäure - ein Mykotoxin in Tomatentrockensuppen
- Belastungssituation von Mais und Maisprodukten mit Fumonisinen
- Aflatoxingehalte verschiedener Lebensmittel
- Zearalenon-Gehalte in Lebensmitteln
- Trichothecene in Lebensmitteln
- Untersuchung von Mutterkornalkaloiden in Getreideerzeugnissen