Morphingehalte in Mohnsamen und Mohngebäck
Mohnsamen für Speisezwecke sind die reifen Samen von Papaver somniferum L. (Schlafmohn). Sie dienen in Deutschland hauptsächlich zur Herstellung von mohnhaltigen Backwaren. Die Samen von Blau-, Grau oder Weißmohn werden z.B. zum Bestreuen der Gebäckoberfläche von Brot, Brötchen oder Knabbergebäck verwendet. In gemahlener Form werden sie für die Herstellung von Mohnmassen zum Füllen von Mohnkuchen, Mohnstollen usw. eingesetzt.
Untersuchungen zeigten, dass Mohnsamen höhere Gehalte an Morphin aufweisen können. Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint der Morphingehalt in Speisemohn vor allem von der Mohnsorte und den jeweiligen Ernteverfahren abhängig zu sein.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat eine gesundheitliche Bewertung des Morphingehaltes in Mohnsamen vorgenommen.
In dieser Bewertung wird eine vorläufige maximale tägliche Aufnahmemenge von 6,3 µg Morphin/kg Körpergewicht/Tag angegeben. Für einen Erwachsenen mit einem Körpergewicht von 60 kg errechnet sich daraus eine vorläufige maximale tägliche Aufnahmemenge von 0,38 mg Morphin. Hieraus wurde ein vorläufiger Richtwert von 4 mg/kg Mohnsaat abgeleitet. Auch für Kinder ist bei Einhaltung dieses vorläufigen Richtwertes mit keinen negativen Wirkungen zu rechnen. Mehr unter www.bfr.bund.de
Der Morphingehalt kann in Mohnsamen und Mohngebäcken durch eine praxisübliche Verarbeitung gesenkt werden. Dazu zählen z.B. Erhitzungsprozesse wie Backen und Rösten oder auch Waschen bzw. Dämpfen des Mohns. Bereits ein Mahlen der Mohnsamen bewirkt eine Reduzierung des Morphingehaltes. Beim Verzehr von verarbeiteten mohnhaltigen Lebensmitteln wird im Vergleich zu rohen, unbearbeiteten Mohnsamen eine deutlich geringere Morphinmenge aufgenommen.
Im Lebensmittelinstitut Braunschweig wurden verschiedene Proben Speisemohn, Mohnmassen zum Füllen von Mohnkuchen sowie Mohngebäcke auf einen Gehalt an Morphin untersucht.
Als Herkunftsländer des Mohns waren in einigen Fällen Polen, Österreich und Tschechien angegeben.
Mohn für den Endverbraucher
Grundsätzlich sollte angestrebt werden, nur Mohn mit einem Gehalt unterhalb des vorläufigen BfR-Richtwertes von 4 mg/kg direkt an den Verbraucher abzugeben.
Bei Gehalten von über 4 mg/kg bis 20 mg/kg wird empfohlen, als Deklaration einen allgemeinen Hinweis anzubringen. Dieser könnte z.B. lauten: "vor Verzehr mit warmem Wasser waschen, bei rohem Verzehr maximale tägliche Verzehrsmenge 20 g, kein Lebensmittel für Kleinkinder".
Mohnsamen mit Morphingehalten über 20 mg/kg sollten nach entsprechender Prüfung nur noch an weiterverarbeitende Betriebe abgegeben werden.
Von 11 untersuchten Proben abgepackter Mohn aus dem Einzelhandel wiesen fünf Proben Morphingehalte über dem vorläufigen BfR-Richtwert von 4 mg/kg auf. Die Gehalte lagen zwischen 4,2 und 17,3 mg/kg.
Entsprechende Verarbeitungs- und Verzehrshinweise waren auf keiner Packung vorhanden.
Mohn für weiterverarbeitende Betriebe
Für Mohn, der z.B. für Bäckereien zu Backzwecken bestimmt ist, verhält sich die Situation etwas anders, da hier durch entsprechende Verarbeitungsschritte eine deutliche Senkung des Morphingehaltes erzielt werden kann. Der vorläufige BfR-Richtwert von 4 mg/kg kann daher für den Rohmohn nur bedingt angewendet werden. Der Verantwortliche muss allerdings in jedem Fall nachweisen, dass die Verarbeitung der Mohnsamen durch Wasch-, Mahl und Erhitzungsprozesse zu einer ausreichenden Reduzierung des Morphingehaltes geführt hat.
Durch den Verzehr des hergestellten Mohngebäcks darf die maximal tägliche Aufnahmemenge von 0,38 mg Morphin pro Person nicht überschritten werden.
Der Lieferant hat daher gegenüber dem Weiterverarbeiter die Informationspflicht über den Morphingehalt des angelieferten Mohns.
Die seit September 2014 vorliegende Empfehlung der Kommission 2014/662/EU vom 10.09.2014 beinhaltet Informationen über gute Praxis zur Vermeidung und Verringerung des Vorhandenseins von Opiumalkaloiden in Mohnsamen und Mohnerzeugnissen (ABl. Nr. L 271/96 vom 12.9.2014).
Untersucht wurden 13 lose Proben Mohnsamen für Bäckereien sowie zwei Proben Mohnmassen aus verarbeitetem, gemahlenem Mohn. Nur drei Proben Mohnsamen wiesen Morphingehalte unter 4 mg/kg auf. Bei allen anderen wurden Morphingehalte zwischen 4,3 und 22,6 mg/kg festgestellt.
In den beiden Mohnmassen war Morphin dagegen nicht nachweisbar bzw. nur in sehr geringer Menge (0,8 mg/kg) vorhanden. Dies zeigt, dass Verarbeitungsprozesse den Morphingehalt deutlich senken können.
Lediglich eine Probe loser Mohn mit einem Morphingehalt von 20,68 mg/kg enthielt in den Lieferpapieren den Hinweis "nur zur Weiterverarbeitung für Backwaren vorgesehen".
Mohngebäcke
In der Bäckerei und Konditorei wird Mohn als Aufstreu für Kleingebäcke und zur Herstellung von Mohnmassen für Füllungen und Auflagen von Feinen Backwaren, insbesondere Mohnkuchen, verwendet.
Zur Herstellung von Mohnfüllungen wird gequetschter Mohn mit Milch aufgekocht, mit Zucker gesüßt und durch Zugabe von Bröseln, gekochtem Vanille- oder Grießpudding, ergänzt durch Vollei, gebunden. Weitere Zutaten wie Marzipanrohmasse, Sultaninen und kandierte Früchte werden oft zur Verfeinerung des charakteristischen Mohngeschmacks zugefügt. Im Fachhandel werden auch einfach zu verarbeitende Fertigprodukte angeboten.
Nach allgemeiner Verkehrsauffassung enthalten Mohnfüllungen mindestens 20 Prozent Mohnsamen mit handelsüblichem Feuchtigkeitsgehalt.
Es wurden 32 Proben von mohnhaltigen Feinen Backwaren auf ihren Gehalt an Morphinen untersucht.
Dabei handelte es sich überwiegend um Mohnkuchen und Mohnstreuselkuchen, wobei 20 lose Proben aus handwerklicher Produktion und 12 Proben in Fertigpackungen aus dem Handel eingeliefert wurden.
Bei neun Proben wurden keine Morphingehalte und bei drei Proben nur Gehalte in Spuren festgestellt.
18 Proben enthielten Morphin im Bereich von 0,1 bis 1,0 mg pro Kilogramm Gebäck.
Zwei Proben wiesen einen sehr hohen Morphingehalt von 4,2 bzw. 23,9 mg pro Kilogramm Gebäck auf und wurden daher als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt. Beim Verzehr eines üblichen Stückes dieser beiden Kuchen wird die vom BfR empfohlene, maximal duldbare tägliche Aufnahmemenge von 0,38 mg Morphin pro Person überschritten.
Zusammenfassung
Morphingehalte über dem vorläufigen BfR-Richtwert wurden bei 45 % der untersuchten Mohnproben aus dem Einzelhandel sowie bei 77 % der untersuchten Mohnsamen für Bäckereien festgestellt. Gegenüber den Vorjahren fallen die Morphingehalte in den diesjährigen Proben jedoch insgesamt schon erheblich niedriger aus.
Durch entsprechende Verarbeitungsschritte im weiterverarbeitenden Betrieb kann zusätzlich eine deutliche Senkung des Morphingehaltes auf unbedenkliche Anteile erzielt werden.
Bei den untersuchten Mohnmassen und Mohngebäcken wurden daher bis auf zwei Fälle überwiegend keine oder nur geringe unbedenkliche Morphingehalte festgestellt.