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Mehr Wirkstoffe, mehr Automatisierung - Neue Herausforderungen in der Pestizidanalytik

Lebensmittelchemikerin Dr. Iris Suckrau über ihre Arbeit im Labor und den Gewinn des Arne-Andersson-Awards


Gruppenbild von den Kolleginnen und Kollegen vom LVI Oldenburg, die mit dem Arne-Andersson-Award ausgezeichnet wurden. Bildrechte: © LAVES
Dr. Iris Suckrau (Bildmitte mit dem Arne-Andersson-Award in der Hand) und ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Pestizidanalytik am LVI Oldenburg

Dr. Iris Suckrau und ihr Team vom Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg (LVI) des LAVES haben in der Pestizidanalytik schon große Erfolge erzielt: In europäischen Laborvergleichsuntersuchungen (LVU) erreichten sie die besten Werte von mehr als 100 teilnehmenden Laboren und wurden dafür 2021 mit dem Arne-Andersson-Award ausgezeichnet. Im Gespräch erklärt sie, wie ihre Arbeit in der Pestizidanalytik abläuft und welche Herausforderungen für diese Auszeichnung zu bewältigen waren.

Frage: Wie haben Sie und Ihr Team sich auf die europäischen Vergleichsuntersuchungen vorbereitet?

Dr. Iris Suckrau: Im Vorfeld wird je eine Liste mit verpflichtenden und freiwillig zu untersuchenden Stoffen von den entsprechenden Europäischen Referenzlaboren (EURL) veröffentlicht. Auch das zu untersuchende Lebensmittel wird bekannt gegeben. Häufig werden gerade für freiwillige Stoffe auch Untersuchungsverfahren vor der LVU auf der Webseite der EURLs veröffentlicht. Meist geht es dabei um Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die von den meisten Laboren noch nicht in der Routine untersucht werden.

Wir überprüfen im Vorfeld, ob alle Wirkstoffe aus den Listen (verpflichtend/freiwillig) bei uns verfügbar sind und ob bereits eigene praktische Erfahrungen zu diesen Stoffen vorliegen. Neue freiwillige Stoffe, die noch nicht vorrätig sind, werden beschafft, damit wir sie messtechnisch erfassen können.

Insbesondere für Kalibrierreihen und zur Absicherung der Ergebnisse werden die Stoffe benötigt.

Frage: Die Lebensmittel, die zu untersuchen sind, variieren und stellen die Teilnehmenden vor große Herausforderungen. Wie gehen Sie und Ihr Team genau vor?

Dr. Iris Suckrau: Wir stellen uns im Vorfeld folgende Fragen:

  1. Haben wir Erfahrung mit der Untersuchung des Lebensmittels?
  2. Ist dieses Lebensmittel in unserem Bestand vorrätig?
  3. Ist es notwendig das Lebensmittel in Bio-Qualität zu kaufen, dann muss es auch auf eine eventuelle Pestizidbelastung geprüft werden. Ein pestizidfreies Lebensmittel wird zur Herstellung von Kalibrierreihen und Wiederfindungsversuchen verwendet.

Frage: Wie laufen die Untersuchungen ab?

Dr. Iris Suckrau: Durch die Untersuchung von Teilproben mit unterschiedlichen Methoden und Messverfahren wird in einem ersten Schritt festgestellt, welche Pflanzenschutzmittelrückstände im zu untersuchenden Lebensmittel vorhanden sind. Daran schließt sich die Quantifizierung an, das heißt die Gehalte der nachgewiesenen Stoffe werden ermittelt. Zur Absicherung der Ergebnisse werden Wiederholungsanalysen mit angepassten Kalibriergeraden durchgeführt. Denn sehr oft müssen geringe Gehalte - beispielsweise 0,02 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) - und hohe Gehalte - beispielsweise 2,5 mg/kg - in einer Probe bestimmt werden.

Frage: Welche Untersuchungen sind besonders anspruchsvoll?

Dr. Iris Suckrau: Lebensmittel mit sehr niedrigen Höchstgehalten für schwierig zu bestimmende Stoffe stellen immer eine Herausforderung dar. Als Beispiel ist hier Säuglingsnahrung zu nennen.

Lebensmittel wie Gewürze, Rosinen oder Weinblätter sind aufgrund der meist sehr vielen unterschiedlichen Pflanzenschutzmittelrückstände in der Untersuchung sehr aufwändig - insbesondere wenn zahlreiche Höchstgehaltsüberschreitungen festgestellt werden.

Frage: Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie in Zukunft für die Arbeit in der Rückstandanalytik?

Dr. Iris Suckrau: Die heute schon sehr große Anzahl an Wirkstoffen von Pflanzenschutzmitteln, die in der Routine untersucht werden müssen, wird in den nächsten Jahren weiter steigen. Aus toxikologischen Gründen werden immer mehr Metabolite (Abbaustoffe) von Wirkstoffen in die Rückstandsdefinitionen aufgenommen. Auch Biozide sind ein Thema für die Zukunft. Nachdem mittlerweile standardmäßig auf Dialkyldimethylammoniumchlorid (DDAC) und Benzalkoniumchlorid (BAC) sowie Chlorat geprüft wird und hier die Höchstgehaltsüberschreitungen zurückgegangen sind, ist mit anderen Bioziden in Lebensmitteln zu rechnen.

Frage: Wo sehen Sie weitere Entwicklungen?

Dr. Iris Suckrau: Die technische Weiterentwicklung geht in Richtung Automatisierung. Um auf dem Stand der Technik zu bleiben, wird hierfür ein ausreichendes Geldbudget benötigt.

Ein weiterer, wichtiger Punkt sind die Herausforderungen, die sich durch den Fachkräftemangel ergeben. Für den in den nächsten Jahren kommenden Generationswechsel zeichnet sich bereits jetzt ab, dass es immer schwieriger sein wird, ausreichend gut ausgebildetes Personal zu bekommen.

Zur Person: Dr. Iris Suckrau arbeitet seit Ende 1994 für das LAVES und ist seit rund 27 Jahren in der Pestizidanalytik tätig. Zuvor studierte sie Lebensmittelchemie an der Universität Karlsruhe, an der sie auch promovierte. Am LVI Oldenburg des LAVES leitet sie heute das Team, das sich mit der Analytik von Pflanzenschutzmitteln in Frischobst, Frischgemüse und Kartoffeln befasst. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen wurde sie 2021 aufgrund herausragender Leistungen in europäischen Vergleichsuntersuchungen mit dem Arne-Andersson-Award ausgezeichnet.

Ausführliche Informationen zur Auszeichnung mit dem Arne-Andersson-Award gibt es in folgendem Artikel:

Bildrechte: © LAVES

Hohe Auszeichnung für LAVES Labor - ARNE-ANDERSSON-AWARD für Bestleistungen in europaweiten Vergleichsuntersuchungen

Das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg (LVI) des LAVES wurde mit dem Arne-Andersson-Award ausgezeichnet. Das LAVES-Institut erhält diesen europäischen Preis für herausragende Leistungen in der Pestizidanalytik in europäischen Vergleichsuntersuchungen. mehr
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