MCPD- und Glycidyl-Fettsäureester in Lebensmitteln
Die Fettsäureester von 2- und 3-Monochlorpropandiol (2- und 3-MCPD) und auch Glycidyl-Fettsäureester sind unerwünschte Stoffe, welche bei Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln (vor allem in pflanzlichen Ölen und Fetten) aus natürlichen Inhaltsstoffen gebildet werden können. Da diese Verbindungen zum Teil genotoxische und karzinogene Eigenschaften besitzen, sollte die ernährungsbedingte Aufnahme so gering wie möglich gehalten werden.
Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES wurden in den Jahren 2018 bis 2020 über 500 Lebensmittelproben auf MCPD- und Glycidyl-Fettsäurester untersucht. Der Schwerpunkt lag bei Fetten und Ölen, sowie Feinen Backwaren und Brotaufstrichen.
Was sind MCPD- und Glycidyl-Ester?
Gibt es Grenzwerte für Lebensmittel?
Untersuchungsergebnisse des LAVES zu MCPD- und Glycidylestern in verschiedenen Lebensmitteln
Was sind MCPD- und Glycidyl-Ester?
Bei den Prozesskontaminanten 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) und 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD), ihren Fettsäureestern (3-MCPD-Ester beziehungsweise 2-MCPD-Ester) und Glycidyl-Fettsäureester (GE), handelt es sich um unerwünschte Stoffe, welche bei der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln aus natürlichen Inhaltsstoffen gebildet werden können. Freies 3-MCPD und freies 2-MCPD werden vor allem in hydrolisierten Pflanzenproteinen (zum Beispiel Sojasoße) gefunden. Wenn pflanzliche Fette und Öle im Herstellungsprozess hohen Temperaturen (zum Beispiel bei der Raffination) ausgesetzt werden, können MCPD-Fettsäureester und Glycidyl-Fettsäureester entstehen.
3-MCPD gilt als potenziell humankarzinogen und Glycidol stellt eine genotoxische und karzinogene Verbindung dar. Für freies 2-MCPD liegen nur wenige Informationen zur Toxikologie vor. Aufgrund der vorhandenen Datenlage kann davon ausgegangen werden, dass während der Verdauung im menschlichem Organismus die MCPD-Ester und Glycidyl-Ester nahezu vollständig in ihre jeweilige freie Form umgewandelt werden. Eine ernährungsbedingte Aufnahme dieser Verbindungen sollte daher so gering wie möglich gehalten werden.
Die höchsten Konzentrationen dieser Fettsäureester finden sich in Palmölen und Palmfetten, sie kommen jedoch auch in anderen Pflanzenölen und Pflanzenfetten vor (zum Beispiel: Kokosöl/-fett, Walnussöl, Sonnenblumenöl, Sojabohnenöl, Rapsöl und Margarine). Laut einer Datenerhebung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2016 [1] enthält Palmfett/-öl mittlere Gehalte von 2.912 µg/kg Lebensmittel für 3-MCPD-Ester und 3.955 µg/kg für Glycidyl-Ester. Für andere Öle wurden niedrigere mittlere Gehalte festgestellt: zwischen 48 und 608 µg/kg für 3-MCPD-Ester und zwischen 15 und 650 µg/kg für Glycidyl-Ester.
Gibt es Grenzwerte für Lebensmittel?
Im Mai 2016 hat das Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Stellungnahme zur gesundheitlichen Risikobewertung von 3- und 2-MCPD, den entsprechenden Fettsäureestern und Glycidyl-Estern in Lebensmitteln veröffentlicht. [2] Im Januar 2018 gab die EFSA eine Neubewertung von 3-MCPD Und 3-MCPD-Estern heraus. [3] Diese Stellungnahmen bildeten die Grundlage zu den Diskussionen zu Höchstgehalten von MCPD- und Glycidyl-Estern in Lebensmitteln auf europäischer Ebene.
Glycidyl-Ester
Im Jahr 2018 wurden in der Verordnung (EG) 1881/2006 [4] auf europäischer Ebene erstmals Höchstgehalte für Glycidyl-Ester in Ölen und Fetten und in Säuglingsnahrung aufgenommen. Die in der Verordnung festgelegten Höchstgehalte sind in Tabelle eins aufgeführt.
Tabelle1: Höchstgehalte für Glycidyl-Fettsäureester (ausgedrückt als Glycidol)
Lebensmittel |
Höchstgehalt (µg/kg) |
Pflanzliche Öle und Fette, Fischöle und Öle anderer mariner Organismen, die für Endverbraucher/-innen oder zur Verwendung als Zutat in Lebensmitteln in Verkehr gebracht werden |
1.000 |
Pflanzliche Öle und Fette, die für die Herstellung von Beikost und Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind |
500 |
Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung und Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge und Kleinkinder (in Pulverform) |
50 |
Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung und Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge und Kleinkinder (als Flüssigkeit) |
6,0 |
3-MCPD-Ester
Die im Mai 2016 veröffentliche Stellungnahme der EFSA [2] wurde hinsichtlich der Bewertung von 3-MCPD-Estern überarbeitet. Grund dafür waren Divergenzen zwischen der Bewertung der EFSA und der Bewertung des Gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschusses für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) bezüglich der Festlegung der duldbaren täglichen Aufnahmemenge (TDI). Nach der EFSA-Neubewertung [3] wurden auf europäischer Ebene die untenstehenden Höchstgehalte (siehe Tabelle zwei) für 3-MCPD-Ester in Ölen und Fetten und in Säuglingsnahrung festgelegt. Diese Höchstgehalte gelten seit dem 01.01.2021:
Tabelle 2: Höchstgehalte für 3-MCPD und 3-MCPD-Fettsäurester (ausgedrückt als 3-MCPD)
(Auszug)
Lebensmittel |
Höchstgehalt (µg/kg) |
Pflanzliche Öle und Fette, Fischöle und Öle anderer mariner Organismen, die für Endverbraucher/-innen oder zur Verwendung als Zutat in Lebensmitteln in Verkehr gebracht werden: - Öle und Fette aus Kokosnuss, Mais, Raps, Sonnenblumen, Sojabohnen, Ölpalmenkernen und Olivenölen (bestehend aus raffiniertem Olivenöl und nativem Olivenöl) sowie Mischungen aus Ölen und Fetten mit ausschließlich dieser Kategorie angehörenden Ölen und Fetten; - andere pflanzliche Öle (einschließlich Oliventresterölen), Fischöle und Öle anderer mariner Organismen sowie Mischungen aus Ölen und Fetten mit ausschließlich dieser Kategorie angehörenden Ölen und Fetten |
1250 2500 |
Pflanzliche Öle und Fette, die für die Herstellung von Beikost und Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind |
750 |
Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung und Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge und Kleinkinder (in Pulverform) |
125 |
Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung und Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge und Kleinkinder (als Flüssigkeit) |
15 |
2-MCPD-Ester
Auf Grund nicht ausreichender toxikologischer Daten konnte bis dato keine Risikobewertung von 2-MCPD und den entsprechenden Estern vorgenommen werden. Daher wird derzeit auch nicht über entprechende Grenzwerte diskutiert.
Untersuchungsergebnisse des LAVES zu MCPD- und Glycidylestern in verschiedenen Lebensmitteln
Um mehr Daten zum Vorkommen von MCPD- und Glycidyl-Estern in Lebensmitteln zu erhalten, hat die Europäische Kommission im Jahr 2014 eine Empfehlung zum Monitoring dieser Prozesskontaminanten abgegeben [5]. Insbesondere sollen die Gehalte von 2- und 3-MCPD-Fettsäureestern und Glycidyl-Fettsäureestern in Pflanzenölen und -fetten und daraus gewonnenen Lebensmitteln (zum Beispiel Margarine) oder damit zubereiteten beziehungsweise hergestellten Lebensmitteln und in Säuglingsanfangs- und Folgenahrung überwacht werden.
Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES wurden in den Jahren 2018 bis 2020 über 500 Proben auf MCPD- und Glycidyl-Ester untersucht. Der Schwerpunkt lag bei Fetten und Ölen. Zusätzlich wurden auch Brotaufstriche, Feine Backwaren, Kartoffelknabbererzeugnisse, sowie Säuglingsanfangsnahrung und Getreidebrei für Säuglinge und Kleinkinder untersucht. Die Ergebnisse für Glycidyl-Ester und 3-MCPD-Ester sind in Graphik eins zusammengestellt.
Die von der EU festgelegten Höchstgehalte beziehen sich in der Regel auf reine Fette und Öle beziehungsweise auf die zur Herstellung von zusammengesetzten Lebensmitteln eingesetzten Fette und Öle. Gemessen werden die Gehalte in dem jeweils vorliegenden oder aus der Probe extrahierten Fett beziehungsweise Öl. Die Angaben der Ergebnisse erfolgen daher auch in µg pro kg im Fettanteil. Nur die Höchstgehalte für Säuglingsnahrung beziehen sich auf das angebotene Produkt.
Grafik eins: Ergebnisse (Mittelwerte) in Mikrogramm pro Kilogramm Fett (µg/ kg Fett) bezogen auf Proben mit Gehalten über der Bestimmungsgrenze; n gibt die Anzahl der untersuchten Proben an
Bei zusammengesetzten Proben wurde zuerst das in der Lebensmittelprobe enthaltene Fett mit Hilfe einer Beschleunigten Fettextraktion (ASE) herausgelöst. Gemessen wurden die Gehalte im jeweils vorliegenden oder aus der Probe extrahierten Fett beziehungsweise Öl. Um die MCPD- und Glycidylester-Gehalte einer Probe parallel zu untersuchen, wurde eine von der American Oil Chemists’ Society (AOCS) veröffentlichte Methode zugrunde gelegt [6]. Diese beinhaltet einen Bromierungsschritt, eine saure Hydrolyse und die Derivatisierung mit Phenylboronsäure. Gemessen wurde mittels Gaschromatographie mit Tandem-Massenspektrometrie (GC-MS/MS).
Ergebnisse und Fazit
Die Ergebnisse der letzten Jahre zeigen, dass in den meisten Fällen die bestehenden Höchstgehalte für Glycidyl-Ester nicht überschritten werden. Hier konnten die Minimierungsmaßnahmen von Seiten der Lebensmittelindustrie bereits greifen. Es kommt nur noch sehr vereinzelt zu Überschreitungen. In dem hier gezeigten Zeitraum war lediglich in zwei Proben (Chipsletten, Röstzwiebeln) der Gehalt von Glycidyl-Estern im Bereich des Höchstgehaltes von 1000 µg/kg Fett.
Für die seit dem 01.01.2021 geltenden Höchstgehalte für 3-MCPD-Fettsäureester sehen die Ergebnisse anders aus. Vor allem bei zusammengesetzten Lebensmitteln wie zum Beispiel Feine Backwaren wird häufig Palmfett benutzt, da es günstig und gut zu verarbeiten ist. In dieser Kategorie überschritten 20 von 138 Proben (15 Prozent) den zur Zeit der Untersuchung noch nicht gültigen Höchstgehalt für 3-MCPD-Fettsäureester von 1250 µg/kg beziehungsweise 2500 µg/kg.
Dies zeigt, dass vor allem bei den Rohstoffen für die Lebensmittelindustrie noch weitere Minimierungskonzepte notwendig sind, um auch die geforderten Höchstgehalte für 3-MCPD-Fettsäureester zukünftig einzuhalten. Das Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover wird daher auch weiterhin die Einhaltung der geltenden Höchstgehalte überwachen.
Weiterführende Links:
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR): "Gesundheitliche Risiken durch hohe Gehalte an 3-MCPD- und Glycidylfettsäureestern in bestimmten Lebensmitteln möglich"; Stellungnahme Nr 020/2020 des BFR vom 20. April 2020
[1] Chemicals in food 2016: Overview of selected data collection (EFSA 2016)
[2] SCF (2016). Risks for human health related to the presence of 3- and 2-monochloropropanediol (MCPD), and their fatty acid esters,and glycidyl fatty acid esters in food (EFSA Journal 2016;14(5):4426)
[3] Update of the risk assessment on 3-monochloropropane diol and its fatty acid esters (EFSA Journal 2018;16(1):5083
[4] Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln
[5] Empfehlung der Kommission 2014/661/EU vom 10. September 2014 zum Monitoring des Vorkommens von 2- und 3-Monochlorpropan-1,2-diol (2- und 3-MCPD) Fettsäureestern und Glycidylfettsäureestern in Lebensmitteln
[6] AOCS Official Method Cd 29a- 13: "2- und 3-MCPD Fatty Acid Esters and Glycidol Fatty Acid Esters in Edible Oils and Fats by Acid Transesterification and GC/MS"
Fettgebäck (Berliner)
- LAVES untersucht Knabbergebäck auf Glycidyl-Fettsäureester und MCPD-Fettsäureester
- Alles ok bei Berliner und Co?
- Kontamination von Lebensmitteln mit 3-MCPD-, 2-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureestern (BfR)
- BfR: FAQ zur Kontamination von Lebensmitteln mit 3-MCPD-, 2-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureestern
- EFSA und BfR sehen Gesundheitsrisiko vor allem für jüngere Bevölkerungsgruppen