Acrylamid in Pommes und Co. – alles goldgelb in Niedersachsen?
In den Medien und auch im LAVES ist Acrylamid in Pommes und anderen frittierten Kartoffelerzeugnissen immer wieder Thema – und das nicht ohne Grund. Acrylamid entsteht beim Backen, Braten, Grillen und Frittieren von stärkehaltigen Lebensmitteln als Nebenprodukt beim Bräunungsprozess. Den höchsten Gehalt an Acrylamid haben Kartoffelprodukte wie Chips, Kartoffelpuffer und Pommes frites sowie Getreideprodukte wie zum Beispiel Knäckebrot, Kräcker und Kekse. Da auch beim Rösten Acrylamid entsteht, ist Kaffee ebenfalls eine bedeutsame Acrylamid-Quelle.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Acrylamid krebserregend ist und das Erbgut schädigt. Die IARC (International Agency for Research on Cancer – Internationale Krebsforschungsagentur) hat Acrylamid als „wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen“ eingestuft. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt in einem wissenschaftlichen Gutachten, dass Acrylamid in Lebensmitteln das Krebsrisiko für Verbraucherinnen und Verbraucher aller Altersgruppen potentiell erhöht.
Seit dem 11. April 2018 gilt die Verordnung VO (EU) 2017/2158 der Kommission zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamid-Gehaltes in Lebensmitteln. Lebensmittelunternehmen sind verpflichtet, die dort aufgeführten Minimierungsmaßnahmen anzuwenden, um die niedrigsten nach vernünftigem Ermessen erreichbaren Acrylamid-Gehalte unterhalb der jeweils festgelegten Richtwerte zu erreichen.
Die aktuell gültigen Richtwerte sind keine rechtlich verbindlichen Höchstgehalte oder Sicherheits- beziehungsweise Gefährdungsgrenzwerte. Die Überschreitung eines Richtwertes zeigt zunächst lediglich an, dass eine Überprüfung beziehungsweise Anpassung von Herstellungsprozessen erforderlich ist. Ein überschrittener Richtwert führt nicht automatisch dazu, dass vom betroffenen Lebensmittel eine Gesundheitsgefahr ausgeht und dieses nicht mehr verkehrsfähig ist.
Untersuchungsergebnisse
Im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover wird in regelmäßigen Abständen der Acrylamid-Gehalt in verschiedenen Lebensmitteln überprüft. Im Jahr 2023 standen Pommes frites und andere frittierte Erzeugnisse im Fokus. Wenden die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Gastronomie die Empfehlungen aus der Verordnung an? Wie hoch sind die Temperaturen an den Fritteusen für die Zubereitung der Erzeugnisse eingestellt und wie hoch ist die Temperatur des verwendeten Öls? Um diese Fragen zu beantworten, wurden gemeinsam mit der Lebensmittelüberwachung der Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen mehrerer Projekte Probenahmen vereinbart.
In Summe wurden 72 Proben auf den Gehalt an Acrylamid durch das LAVES untersucht. Es handelte sich um Pommes frites (61), Kartoffelpuffer/Reibekuchen (4), Süßkartoffel-Pommes (1), Gitterkartoffeln (1), Kroketten (1), Netz- kartoffeln (1) und Spiralkartoffeln/Twisterkartoffeln/Curly Fries (3). Entnommen wurden die Proben von den Behörden vor Ort an Imbisseinrichtungen und von Marktständen sowie aus Speisegaststätten.
Der aktuell gültige Richtwert von 500 Mikrogramm (μg) pro Kilogramm (kg) für Pommes frites wurde von sechs Proben überschritten. Die ermittelten Gehalte lagen zwischen 518 und 670 μg/kg. In einer Probe Reibekuchen lag der analysierte Gehalt mit 779 μg/kg knapp über dem für Reibekuchen festgelegten Richtwert von 750 μg/kg. Keine der Überschreitungen war jedoch statistisch aufgrund der Messunsicherheit der Analysenmethode gesichert.
Die von der Lebensmittelüberwachung übermittelten Temperaturen der Frittierfette, beziehungsweise die an der Fritteuse eingestellte Temperatur, lagen bei fast allen beprobten Betrieben im empfohlenen Bereich.
Was haben die Behörden unternommen?
Bei überschrittenen Richtwerten informiert die jeweils zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde die verantwortlichen Unternehmen darüber, dass bei einer Überschreitung des Richtwertes die angewandten Minimierungsmaßnahmen überprüft und Verfahren, beziehungsweise Kontrollen, angepasst werden müssen. Dabei sollen die Lebensmittelunternehmerinnen und -unternehmer der Lebensmittelsicherheit, besonderen Produktionsbedingungen und geographischen Bedingungen oder Produktmerkmalen Rechnung tragen. Minimierungsmaßnahmen sind in den Anhängen I und II der Verordnung (EU) 2017/2158 aufgeführt und um- fassen bestimmte Temperaturen, Lagerung oder ähnliches.
Was ist Acrylamid?Acrylamid entsteht durch eine Reaktion von reduzierenden Zuckern (vor allem Glucose, Fructose) mit Eiweißbausteinen (Aminosäure Asparagin) bei einer Temperatur ab 120 °C. Beim Erhitzen und Bräunen (Maillard-Reak- tion) werden somit nicht nur erwünschte Aroma- und Geschmacksstoffe gebildet, sondern auch Acrylamid. |
Die Bildung von Acrylamid wird gefördert durch:
- hohe Temperaturen (Acrylamid wird in kleineren Mengen schon bei ca. 120 °C gebildet)
- lange Erhitzungszeiten
- bestimmte Bestandteile von Eiweißen und Zucker
- niedrigen Wassergehalt in Lebensmitteln
Die natürlichen Gehalte an Glucose und Asparagin in Kartoffeln begünstigen die Bildung von Acrylamid. Wichtig dabei zu wissen ist, dass der Gehalt an Glucose während der Lagerung von Kartoffeln durch den Abbau von Stärke über die Wintermonate ansteigt, so dass die entstehenden Acrylamid- Mengen in verarbeiteten Produkten über das Jahr durchaus schwanken können. Daher wird empfohlen, Kartoffeln nicht unter 6 °C zu lagern.
Minimierungsempfehlungen
- Verwendung von Kartoffelsorten mit niedrigerem Zuckergehalt
- Lagerung der Kartoffeln bei einer Temperatur über 6 °C
- Waschen und vorzugsweise 30 Minuten bis zu zwei Stunden lang in kaltem Wasser einweichen. Die Streifen vor dem Frittieren in sauberem Wasser spülen.
- Einige Minuten lang in warmem Wasser einweichen. Die Streifen vor dem Frittieren in sauberem Wasser spülen.
- Nach Möglichkeit vor dem Frittieren die Kartoffeln blanchieren.
- Verwendung von Frittierölen und -fetten. Normale Speiseöle sind oft nicht zum Frittieren geeignet, weshalb auf die Kennzeichnung geachtet werden sollte.
- Die Frittiertemperatur muss unter 175 °C liegen und in jedem Fall so niedrig wie möglich sein.
- Die Qualität der Frittieröle und -fette wird durch häufiges Abschöpfen zur Entfernung von
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