Bacillus cereus
Bacillus (B.) cereus ist ein weit verbreiteter Sporenbildner und kommt im Erdboden und Staub vor. Sporen von B. cereus sind unempfindlich gegen Hitze, sterben daher während des Kochens nicht ab und sind oft in vorgekochten, stärkehaltigen Lebensmitteln wie Nudeln und Reis nachweisbar. Sie können jahrelang überleben und später zu vermehrungsfähigen Bakterien auskeimen. Weiterhin kann B. cereus Toxine bilden, die zu Erbrechen oder Durchfall führen.
Erkrankungsausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen
Lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche durch Reis und tiefgekühlte Beeren?
Im Jahr 2023 kam es im Landkreis Göttingen zu zwei umfangreichen lebensmittelbedingten Erkrankungsgeschehen. Die Behörden vermuten als Übeltäter tiefgekühlte Beeren und vorgekochten Reis.
Tiefgekühlte Beeren im Verdacht
Der Leiter einer Großküche meldete im Juni 2023 dem Veterinäramt, dass in drei von ihm belieferten Einrichtungen viele Kinder an Magen-Darm-Beschwerden erkrankt seien. Der Unternehmer war besorgt, dass diese mit den von ihm gelieferten Speisen zusammenhängen könnten. Insgesamt beliefert die Küche 65 Einrichtungen mit etwa 1.800 Personen.
Die sofortige amtliche Betriebskontrolle ergab, dass zwei Tage vor der Meldung ein Dessert mit einer nicht ausreichend erhitzten Tiefkühl- (TK) Beerenmischung ausgegeben wurde. Hygienemängel wurden nicht festgestellt. Im Verlauf der Folgewoche erkrankten mehr als 530 Personen in 49 der belieferten 61 Einrichtungen. Vier nicht mit dem Dessert belieferte Einrichtungen blieben verschont. Epidemiologisch wurden Norovirusinfektionen durch die TK-Beeren vermutet und durch 31 positive Stuhlproben bestätigt. Die umfangreiche Probenahme und Untersuchung im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover des LAVES führte zu keinem Nachweis in den vorhandenen Rückstellproben. TK-Beeren lagen im Betrieb nicht mehr vor.
Das Veterinäramt veranlasste die Rückverfolgung der Rohwaren, insbesondere der TK-Beeren, auch in anderen Bundesländern. Die TK-Beeren wurden bis zum Hersteller zurückverfolgt. Insgesamt umfasste die Charge 9,8 Tonnen, wovon letztlich 40 Kilogramm durch ein anderes Bundesland beprobt und untersucht wurden. Es wurden jedoch keine Noroviren nachgewiesen.
Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt führte umfangreiche Befragungen aller betroffenen Einrichtungen und Erkrankten durch. Die positiven Stuhlproben wurden an das Robert Koch-Institut gesandt. Die Auswertung ergab einen eindeutigen Bezug zu der Herstellerküche und eine gemeinsame Infektionsquelle. Das Dessert ist also sehr wahrscheinlich die Ursache für die Erkrankungen.
Vorgekochter Reis mit Bacillus cereus
In insgesamt acht Kitas kam es im September 2023 kurz nach dem Mittagessen zu Erbrechen bei 57 Kindern und vier Erwachsenen. Da es keine Rückstellproben gab, nahm das Veterinäramt Speisereste aus vier Einrichtungen als Proben. Diese wurden im LAVES-Standort Braunschweig untersucht. Proben mit dem 24 Stunden vor Ausgabe gekochten Reis enthielten teils erhebliche Gehalte an präsumtiven Bacillus (B.) cereus (bis 107 KbE/g Probe). B. cereus ist ein sporenbildendes Bakterium, dessen Toxine sowohl Erbrechen als auch Durchfall verursachen können.
Weitere Untersuchungen und Abstimmungen mit mehreren Behörden in zwei Bundesländern zu dem weiteren Vorgehen folgten. Das LAVES klärte die genetische Struktur der präsumtiven B. cereus aus acht Proben mittels Sequenzierung, einer Analysemethode, auf. Fünf dieser Isolate wurden als B. paranthracis1 bestimmt. Sie werden den sogenannten „B. cereus im weiteren Sinne“ zugerechnet . Die Keime trugen Gene für die Bildung des Erbrechens-Toxin Cereulid.
Fazit
Die Erkrankungsausbrüche in den Gemeinschaftseinrichtungen zeigen eindrücklich, dass eine gute Hygiene und das Verständnis für das richtige Temperaturmanagement in Lebensmittelbetrieben und an den Ausgabestellen sehr wichtig sind. Im Ausbruchsfall ist eine unverzügliche Meldung an die zuständigen Behörden gemäß Infektionsschutzgesetz notwendig. Nur so können Ausbrüche aufgeklärt und zukünftige Erkrankungen vermieden werden.
Lebensmittelbedingte Erkrankungen vermeiden Die richtige Temperatur ist wichtig, damit Lebensmittel nicht krank machen. Bei Kälte vermehren sich Mikroorganismen langsamer. Hitze tötet viele Keime ab, jedoch nicht alle Bakteriensporen3. Unterhalb von 60 °C keimen Sporen aus, und bestimmte Keime können Toxine bilden. Deshalb sollte die Abkühlung heißer Speisen von 60 °C auf 7 °C in maximal 120 Minuten erfolgen4. Zur Vermeidung von Lebensmittelinfektionen sind rohe tierische Produkte, Sprossen, Keimlinge, Tiefkühlbeeren und -gemüse sowie Speisen mit Getreidemehl ausreichend zu erhitzen sowie lange Standzeiten gekochter Waren unbedingt zu vermeiden5. |
1Bacillus-cereus-Bakterien in Lebensmitteln können Magen-Darm-Erkrankungen verursachen – Aktualisierte Stellungnahme Nr. 048/2020 des BfR vom 30. Oktober 2020, doi: 10.17590/20190916-142347
2https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/ Downloads/01_Lebensmittel/ALS_ALTS/ Entscheidungsbaum_Bacillus_cereus.html
3BfR (2021): Pressinformation 2021/05: „Sicher verpflegt.“, URL abgerufen am 08.03.2024: https://www.bfr.bund.de/de/ presseinformation/2021/05/sicher_verpflegt__schutz_vor_lebensmittelinfektionen_in_gemeinschaftseinrichtun- gen-266453.html
4DIN 10508:2022-03: Temperaturen für Lebensmittel
5BfR (2020): „Presseinformation 2020/20: Durchfall- und Gelbsuchterreger in Schach halten.“, URL abgerufen am 08.03.2024: https://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2020/20/durchfall__und_gelbsuchterreger_in_schach_ halten-247036.html
Von Campylobacter, Listerien, Salmonellen und vielen anderen - Steckbriefe krankmachender Keime
In den meisten Fällen werden diese krankmachenden Mikroorganismen über tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte übertragen, aber auch durch pflanzliche Lebensmittel ist eine Infektion möglich. mehrSalmonellenausbruch in einem Imbissbetrieb
Unabhängig voneinander erkrankten im Jahr 2023 mehrere Kundinnen und Kunden eines Imbissbetriebs an Salmonellen. Bei der amtlichen Kontrolle der Betriebshygiene wurden neun Tupferproben von Ausrüstungsgegenständen entnommen. In acht Tupferproben wurden Salmonellen nachgewiesen. mehrBeeren aus der Tiefkühltruhe: Gefahr durch Hepatitis A- und Noroviren?
Tiefgefrorene Früchte sind ein beliebter Frischobstersatz in Süßspeisen oder Smoothies . Was nur Wenige wissen: Noroviren und Hepatitis A-Viren können während des Anbaus, der Ernte oder Verarbeitung auf die Früchte gelangen. Nur ausreichendes Erhitzen tötet die Viren ab. mehrTiefkühlgemüse: Immer eine gesunde Alternative?
Im LAVES werden Tiefkühl-Gemüseprodukte aus dem Einzelhandel und aus Herstellerbetrieben aufgrund des möglichen Gesundheitsrisikos regelmäßig auf Listeria monocytogenes untersucht. mehrNoroviren
Noroviren sind die häufigste Ursache für Magen-Darm-Erkrankungen, da zehn Viruspartikel für eine Infektion genügen. Gleichzeitig sind sie sehr umweltstabil und bleiben lange ansteckend, zum Beispiel in Tiefkühlbeeren oder an Türklinken. Eine Infektion breitet sich rasch aus und führt oft zu Massenerkrankungen.
Pilotworkshop zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen
Lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche zeigen, wie wichtig eine schnelle und abgestimmte Zusammenarbeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes und der Lebensmittelüberwachung ist. Um den Gedanken der Kooperation aufzugreifen, wurde im Juni 2023 erstmalig ein interdisziplinärer dreitägiger Pilotworkshop dazu angeboten.
Organisiert wurde dieser vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) und dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) im Rahmen des Verbundprojekts Connect One Health Data, gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
Teilnahmevoraussetzung war, dass sich je eine Person aus dem öffentlichen Gesundheitsdienst sowie der Lebensmittelüberwachung eines Landkreises / einer kreisfreien Stadt gemeinsam anmelden. Anhand praxisnaher Vorträge und Übungen mit Fallbeispielen wurde das Vorgehen bei lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen geschult.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stuften in der abschließenden Evaluierung den Austausch von persönlichen Erfahrungen und konkreten Beispielen aus der eigenen Praxis als besonders hilfreich und wertvoll ein.
Der Workshop soll 2024 bis 2026 jährlich wiederholt werden.