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Nahrungsergänzungsmittel für die Altersgruppe 50 plus

Gesund oder zu viel des Guten?


Stärkere Knochen, mehr Kraft oder ein besseres Immunsystem vesprechen u. a. die zahlreichen im Handel angebotenen Nahrungsergänzungsmittel. Aber was ist tatsächlich drin und dran an den Pillen und Tabletten?

Im Jahr 2014 wurden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig des LAVES Nahrungsergänzungsmittel untersucht, die sich speziell an die Altersgruppe der Personen ab 50 Jahren richten. Untersucht wurden Multivitamin-Multimineralstoff-Produkte (A-Z-Produkte), da besonders diese für besagte Altersgruppe angeboten werden.


Bei den Untersuchungen wurden die Gehalte an Mikronährstoffen verglichen mit den nationalen Nährstoffempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zusätzlich erfolgte ein Vergleich mit aktuellen Studiendaten zu möglichen Defiziten bei Mikronährstoffen in Deutschland allgemein und speziell in der Altersgruppe ab 50. Die Studiendaten zeigen, dass Personen der Altersgruppe 50 plus und hier speziell die Frauen am gesündesten leben und sich ernähren verglichen mit allen anderen Altersgruppen und Männern allgemein. Trotzdem nimmt in dieser Altersgruppe und speziell bei Frauen der zusätzliche Verzehr von Vitaminen und Mineralstoffen in Tablettenform zu. Eine ernährungsmedizinische Notwendigkeit besteht dafür nicht, da für die meisten Vitamine und Mineralstoffe der tägliche Bedarf allein durch die normale Ernährung gedeckt ist. Nur die Versorgung mit den Vitamin D und Folsäure und den Mineralstoffen Jod und Calcium sollte genauer betrachtet werden.

Untersuchungsergebnisse und deklarierte Mengen im Vergleich mit den Empfehlungen der DGE

Die folgende Tabelle zeigt, exemplarisch für die Vitamine D und Folsäure und die Mineralstoffe Jod und Calcium, die deklarierten und die analysierten Mengen.

Angegeben werden in jeder Spalte unter dem Namen des Vitamins bzw. Mineralstoffs die national geltenden Nährwertempfehlungen pro Tag, veröffentlicht von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die linke Zahlenkolonne gibt die auf der Verpackung deklarierten Werte und die rechte Zahlenkolonne die im Produkt analysierten Werte an. Es wird jeweils die Menge in µg pro Tagesdosis (TD) bzw. mg pro TD angegeben. Die analysierten Werte entsprechen weitestgehend den deklarierten Mengen.

Bei den beiden Vitaminen haben sich aufgrund neuer Studiendaten die DGE-Empfehlungen im Jahr 2014 verändert: Vitamin D wurde von 5 µg auf 20 µg pro Tag erhöht, Folsäure wurde von 400 µg auf 300 µg pro Tag verringert, genannt werden daher beide Empfehlungen.


Untersuchungsergebnisse und deklarierte Mengen im Vergleich mit den Empfehlungen der DGE

Es fiel auf, dass die Hersteller sich bezüglich der Dosierungen der Vitamine in der Regel an den Empfehlungen der DGE für die Tagesmenge orientieren. Bezüglich der Dosierungen bei den Mineralstoffen ist das jedoch nicht der Fall, bis auf Jod sind die Dosierungen erheblich niedriger. Möglicherweise kommt hier zum Tragen, dass es speziell zu Jod, Calcium und auch Magnesium höher und hochdosierte Monopräparate in Form von Arzneimitteln oder auch als Nahrungsergänzungsmitteln gibt, die speziell auch von der Altersgruppe 50plus verwendet werden.


Versorgung der Bevölkerung in Deutschland mit Vitaminen und Mineralstoffen – mit und ohne Nahrungsergänzungsmittel bzw. Supplemente

In Deutschland gibt es verschiedene Datenerhebungen zur Ernährung und zum Gesundheitszustand wie z. B. die Nationale Verzehrstudie II (NVS II) des Max-Rubner-Instituts (MRI) mit Datenerfassung von November 2005 bis Januar 2007 und die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS)“ des Robert-Koch-Instituts (RKI) mit Datenerfassung in den Jahren 2008 bis 2011 (MRI-Nationale Verzehrsstudie II Teil 1 / MRI-Nationale Verzehrsstudie II Teil 2 / DEGS-Informationsbroschüre-Die Gesundheit von Erwachsenen in Deutschland-pdf).

Die Daten der NVS II-Studie und auch der DEGS-Studie beinhalten Daten zum Gebrauch von Supplementen bzw. Nahrungsergänzungsmitteln, die u. a. Aufschluss geben über die Geschlechts- und Altersverteilung der Verwender, über die beliebtesten Produkte und ihre Zusammensetzungen, über die Versorgung der Bevölkerung mit Mikronährstoffen mit und ohne Supplemente und mögliche Beweggründe für den Gebrauch dieser Produkte (12. Ernährungsbericht dr Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Kapitel 1.4 Nährstoffzufuhr über Supplemente - Ergebnisse der Nationalen Verzehrsstudie II, DEGS - Infobroschüre s. o.).

In der NVS II-Studie werden unter dem Begriff „Supplemente“ sowohl Nahrungsergänzungsmittel als auch angereicherte Medikamente (z. B. Schmerzmittel mit Vitamin C oder hochdosierte Mineralstoffpräparate) zusammengefasst. Auch in der DEGS-Studie wurde entsprechend vorgegangen. Daher werden in den weiteren Ausführungen die Begriffe „Supplement“ und „Nahrungsergänzungsmittel“ synonym gebraucht.

Wer verwendet eher Supplemente/Nahrungsergänzungsmittel – Frauen oder Männer, junge oder ältere Menschen?

Nach Daten der NVS II-Studie des MRI verwenden 30 % der Frauen und 19 % Männer Nahrungsergänzungsmittel. Insgesamt gaben 27,6 % der Deutschen an Supplemente einzunehmen, 62 % davon benutzten ein Produkt und 2 6% auch zwei Produkte.

Wenn der Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln prozentual anhand des Alters beurteilt wird, zeigt sich folgender Trend:

  • junge Leute unter 25 verwenden diese Produkte am wenigsten, aber Frauen ab 19 schon zu 21 %,

  • in der Gruppe der 25-34-Jährigen steigt der Gebrauch insgesamt um 2 % an,

  • zwischen 35-50 Jahren erhöht sich der Gebrauch noch einmal, jetzt bei Männern geringfügig mehr,

  • dann ab 51 bis 80 Jahren nimmt der Gebrauch deutlich zu, hier wieder mehr bei Frauen,

  • in der Gruppe der 65-80-Jährigen war bei beiden Geschlechtern der Anteil am höchsten (Frauen: 46 %; Männer: 30 %).

Diesen Trend bestätigen auch die Zahlen der DEGS-Studie.


Wie sieht die allgemeine Ernährung der Verwender von Supplementen und speziell der Altersgruppe 50plus aus?

Die NVS II-Studie zeigte, dass aufgrund der erhobenen Daten die Menschen in Deutschland mit ihrer alltäglichen Ernährung von fast allen Vitaminen im Normalfall ausreichende Mengen zu sich nehmen. Aufgefallen war aber auch, dass besonders häufig die Personen, die bereits mit der täglichen Ernährung eine gute Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen erzielen, zusätzlich Vitamine und Mineralstoffe in Tablettenform nehmen (12. Ernährungsbericht der DGE).

Ein Ergebnis des aktuellen DKV-Reports „Wie gesund lebt Deutschland? 2015“ zeigt, dass ältere Menschen gesundheitsbewusster werden in ihrem Lebensstil und auch der Ernährung. Sie nehmen sich mehr Zeit für die Hauptmahlzeiten und essen regelmäßiger drei Mahlzeiten am Tag. Verglichen mit der Gruppe der 30-45-Jährigen essen ältere Menschen weniger Fleisch, mehr Fisch und Meeresfrüchte und auch mehr Obst und Gemüse (DKV-Report-2015-Wie-gesund-lebt-Deutschland.pdf).


Wie sieht die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen in der Bevölkerung aus - gemessen an den Empfehlungen der DGE?

Nach der NVS II-Studie werden für die gesamte Bevölkerung bei den Vitaminen speziell die Vitamine D und Folsäure und bei den Mineralstoffen Calcium und Jod genannt, deren Zufuhr deutlich unterhalb der Empfehlungen lagen. Bei allen anderen Vitaminen und Mineralstoffen werden die Referenzwerte im Mittel erreicht.

Für die beiden genannten Vitamine ist der Anteil der Verwender von Supplementen bei den 65- bis 80-jährigen Männern und Frauen am höchsten.

Bei Folsäure ist kritisch anzumerken, dass die Empfehlung während der NVS II-Studie noch 400 µg pro Tag lautete, heute werden aufgrund neuer Studienergebnisse jedoch nur noch 300 µg pro Tag empfohlen und die Durchschnittswerte der täglichen Zufuhr über die normale Ernährung der Altersgruppe ab 50 Jahren lag bei 240 – 280 µg. So ist nach heutigem Maßstab die Versorgung mit Folsäure speziell bei dieser Bevölkerungsgruppe auch ohne Supplemente in einem guten Bereich.

Bei Vitamin D ist grundsätzlich anzumerken, dass Personen, die sich mehr im Freien aufhalten, selbst mehr Vitamin D im Körper bilden. Nach den Ausführungen in den DGE-Empfehlungen kann bei häufiger Sonneneinstrahlung die gewünschte Vitamin D-Versorgung auch ohne die Einnahme eines Vitamin-D-Präparates erreicht werden. Nach Ausführungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) reicht es für Erwachsene aus, pro Tag ein Viertel der Körperoberfläche (Gesicht, Hände und Teile von Armen und Beinen) je nach Hauttyp und Jahreszeit 5 bis 25 Minuten der Sonne auszusetzen (BfR-Ausgewaehlte_Fragen_und_Antworten_zu_Vitamin_D).

Bei Calcium erreichen bei den 65- bis 80-Jährigen 61 % der Männer und 65 % der Frauen nicht die empfohlenen Mengen, die Verwender von Supplementen gleichen dieses Defizit dann aber aus. Bei der Verwendung von speziell höher dosierten Calcium-Supplementen sollte aber mit Bedacht vorgegangen werden, da sich in einigen Studien zeigte, dass sich das Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko bei Supplementverwendern erhöhte. Bei Calcium in Form herkömmlicher Lebensmittel besteht dieses Risiko nicht.

Nur für Jod wird nach der NVS II-Studie das Defizit in der Regel nicht ausgeglichen. Hierzu wird im Ernährungsbericht 2012 zu den Daten der NVS II-Studie jedoch ausgeführt, dass bei der Berechnung der Jodzufuhr die Zufuhr über jodiertes Speisesalz bzw. damit hergestellte Lebensmittel nicht berücksichtigt wurde und somit die Jodzufuhr insgesamt auch höher liegen könnte.

Zusammengefasst besteht nach den neuen DGE-Empfehlungen bei der Versorgung mit Folsäure nicht wirklich ein kritisches Defizit, die Vitamin D-Versorgung kann durch häufigere auch kürzere Aufenthalte im Freien signifikant verbessert werden, Calcium wird am besten über mehr Calcium-liefernde Lebensmittel zugeführt und die Versorgung mit Jod kann durch die Verwendung von jodiertem Speisesalz erheblich erhöht werden.

Multivitamin-Multimineralstoff-Supplemente sind unter normalen Umständen also für keine Altersgruppe und erst recht nicht für die Gruppe 50plus wirklich notwendig!


Hat der Gesundheitszustand Einfluss auf die Verwendung von Supplementen?

Die Auswerter der NVS II-Studie beobachteten, dass die Einnahme von Supplementen, die „ein mehr an Gesundheit versprechen“ abhängig sein könnte vom subjektiv empfundenen Gesundheitszustand. Befragte Personen, die individuell die Einordnung ihres Gesundheitszustandes in die Rubriken „sehr gut“, „gut“ und „mittelmäßig“ vorgenommen hatten, verwendeten in geringerem Umfang zusätzlich Supplemente.

Nahrungsergänzungsmittel Bildrechte: ©Goodpics - stock.adobe.com
Beim Übergang zur Einordnung des Gesundheitszustandes in die Rubrik „schlecht“ erfolgte eine deutliche Zunahme der Supplementeinnahme. Wenn der Gesundheitszustand in die Rubrik „sehr schlecht“ eingeordnet wurde, nahm die Häufigkeit der Einnahme um ein Drittel wieder ab. Dieser Trend war bei Männern und Frauen gleich.

Welche Vitamin- und/oder Mineralstoffpräparate werden am häufigsten gekauft?

Nach den Daten der NVS II-Studie greifen sowohl Männer als auch Frauen am häufigsten zu Kombinationsprodukten, wobei bei den Vitaminen die Vitamine C und E und bei den Mineralstoffen Magnesium und Calcium am beliebtesten sind.

Verkaufszahlen der Anbieter bestätigen diese Angaben (BLL, Marktanalyse 2014) (Multivitamine-und-Magnesium-die-beliebtesten-Nahrungsergaenzungsmittel).

Welche Risiken bestehen und welche Empfehlungen können für die Verwendung von Supplementen gegeben werden?

Die NVS II-Studie zeigte, dass in etwa ein Viertel aller Deutschen Supplemente verwenden.

Die DEGS-Studie von 2012 hat ihre Teilnehmer sowohl nach der Einnahme von Arzneimitteln als auch von Nahrungsergänzungsmitteln befragt. Das Resultat war, dass 75 % der 18- bis 79-Jährigen mindestens eines von beidem nehmen. Die durchschnittliche Anzahl der Substanzen, die über Tabletten zugeführt werden, steigt dabei deutlich mit dem Alter ab 50 Jahren an.

Ein Viertel der Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel werden eigenständig im Supermarkt, der Drogerie, dem Internet oder der Apotheke gekauft. Die Verwendung von vielen Medikamenten gleichzeitig, auch als „Polypharmazie“ bezeichnet, birgt die Gefahr von Nebenwirkungen. Daher wird empfohlen, dass Personen, die eigenständig gekaufte Präparate verwenden, ihre Ärzte darüber informieren. Am besten wäre es jedoch, so die Fachleute der DEGS-Studie, wenn der Konsum dieser Produkte auf das wirklich Nötige beschränkt wird (NEM-Fluch oder Segen, Selbstmedikation mit Vitaminen und Mineralstoffen).


Nährstoffreich und kalorienarm

Frau mit Apfel Bildrechte: © FreeProd - Fotolia.com
Bei der Lebensmittelauswahl und Speisenzubereitung sollten Personen der Altersgruppe 50plus auf einen möglichst hohen Gehalt an Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen sowie eine nährstoffschonende Zubereitung achten. Viel Obst und Gemüse sowie kalorienarme Lebensmittel, wie z. B. fettarme Milchprodukte, sollten bevorzugt werden.

In besonderen Einzelfällen kann die Einnahme von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten nach Rücksprache mit einer ausgebildeten Ernährungsfachkraft oder Ärztin/Arzt sinnvoll und notwendig sein.
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