Aufs Korn genommen
Dinkel - das gesunde Korn
Dinkelspezialität: Was ist Grünkern?
Untersuchungsprogramme
Untersuchung von Dinkel- und Grünkernprodukten in Niedersachsen in den Jahren 2015 und 2016
Fazit
Vegetarische und vegane Kost liegen beim ernährungsbewussten Verbraucher im Trend. Dinkel und andere ursprüngliche Getreidearten erfreuen sich unter anderem auch daher in den letzten Jahren großer Beliebtheit. Auch in der wiederentdeckten Heilkunde der Hildegard von Bingen spielt Dinkel als Ernährungsbestandteil eine zentrale Rolle.
Dinkel (Triticum aestivum subsp. spelta) ist eine alte Kulturform des Weizens und aus den Urweizenarten Einkorn und Emmer hervorgegangen. Es handelt sich um ein sogenanntes Spelzgetreide. Dinkel muss speziell bearbeitet werden, damit sich die Samenschalen lösen. Dreschen allein reicht nicht. Andererseits ist Dinkel robust, anspruchslos im Anbau und kaum anfällig gegen Krankheitsbefall.
Hervorzuheben sind die Gehalte an den Inhaltsstoffen Eiweiß, Kalium, Phosphor, Kieselsäure und Eisen. Brot und Gebäck aus Dinkelerzeugnissen haben einen kräftigen nussartigen Geschmack. Für Weizen-Allergiker ist Dinkel eine Alternative. Allerdings nicht für Menschen, die an Zöliakie leiden, da es sich dabei um eine Gluten-Unverträglichkeit handelt und Gluten auch in Dinkel enthalten ist [1].
Dinkelspezialität: Was ist Grünkern?
Grünkern ist unreif geernteter Dinkel, der auf speziellen Darren geröstet wird, wodurch er ein ganz besonders würziges, rauchiges Aroma bekommt und länger haltbar wird. Grünkern ist gut zur Herstellung von Suppen, Bratlingen und Aufläufen geeignet [2].
In den Jahren 2015 und 2016 wurden in Niedersachsen Grünkern und Dinkel bzw. Dinkelerzeugnisse im Hinblick auf folgende Fragen unter die Lupe genommen:
- Gehalte an Mutterkorn- und Tropanalkaloiden im Rahmen des Projekt-Monitorings 2016 sowie der amtlichen Überwachungsprogramme
- Gehalte an Mykotoxinen im Rahmen des Warenkorb-Monitorings 2015
- Gehalte an Nickel im Rahmen eines EU-Untersuchungsprogrammes gemäß der Empfehlung (EU) 2016/1111 der Kommission vom 06. Juli 2016
- Überprüfung der Zusammensetzung von Erzeugnissen aus bzw. mit Dinkel (Nährwertanalyse, Eigehalts-, Butterfett- und Mehltypen-Bestimmung) und der Kennzeichnung im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachungstätigkeit
Insgesamt wurden 111 Proben mit folgendem Ergebnis untersucht (siehe auch Tabelle unten):
Mutterkornalkaloide:
24 Produkte wurden auf die folgenden Mutterkornalkaloide geprüft: alpha-Ergokryptin, Ergocornin, Ergocristin, Ergometrin, Ergosin und Ergotamin.
Die Gehalte an Mutterkornalkaloiden lagen unterhalb der jeweiligen Nachweisgrenze für die Einzelsubstanzen (5 μg/kg). Geeignete gesetzliche Höchstmengen für Mutterkornalkaloide sollen laut amtlicher Anmerkung 4 zur VO (EG) Nr. 1881/2006 Abschnitt 2 Ziffer 2.9.2.2. im Laufe des Jahres 2017 festgelegt werden.
Mykotoxine:
34 Proben wurden mit einer LC-MS/MS-Screening-Methode auf 19 Mykotoxine überprüft.
Die ermittelten Mykotoxingehalte lagen für die folgenden Substanzen jeweils unterhalb der in der Kontaminanten-Verordnung VO(EG)1881/2004 festgelegten Höchstmengen:
Deoxynivalenol (DON):Höchstgehalt 750 μg/kg
Aflatoxin B1: Höchstgehalt 2 μg/kg
Aflatoxin B1,B2,G1,G2 (Summe): Höchstgehalt 4 μg/kg
Ochratoxin A: Höchstgehalt 3 μg/kg
Für eine Dinkelteigware wurde ein Gehalt von 339 μg/kg DON gemessen. Alle anderen Gehalte lagen unterhalb der Nachweisgrenze der Messmethode.
Für die Toxine T2 und HT2 sieht die EU derzeit für Teigwaren einen Richtwert von 25 μg/kg vor. Dieser Wert wurde bei allen Proben unterschritten. Für die anderen überprüften Mykotoxine sind noch keine Grenzwerte festgelegt.
Tropanalkaloide:
Tropanalkaloide sind natürliche Inhaltsstoffe bestimmter Pflanzen. Durch Verunreinigung von Getreide mit Samenkörnern
z. B. von Bilsenkraut oder Stechapfel können diese Substanzen auch in Lebensmitteln auf Getreidebasis vorkommen. Von der EFSA wurde eine akute Referenzdosis (ARfD) in Höhe von 0,016 μg/kg Körpergewicht abgeleitet, bezogen auf die Summe von (-)Hyoscyamin und (-)-Scopolamin.
Mit einer LC-MS/MS-Screening-Methode wurde auf die Tropanalkaloide Atropin und Scopolamin (Synonym: Hyoscin) geprüft. Die Gehalte an diesen Substanzen lagen jeweils unterhalb der Nachweisgrenze der Bestimmungsmethode (< 2 μg/kg).
Nickel:
Die ermittelten Nickelgehalte lagen in einem Bereich von 0,035 – 0,115 mg/kg.
In der Europäischen Union wurden bislang keine Höchstgehalte für Nickel in Lebensmitteln festgelegt. Im Februar 2015 veröffentlichte die EFSA ein wissenschaftliches Gutachten zu den Risiken für die menschliche Gesundheit durch Nickel in Lebensmitteln, insbesondere Gemüse, sowie im Trinkwasser.
Die EFSA ermittelte einen sicheren Höchstwert, die sogenannte tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (Tolerable Daily Intake – TDI), von 2,8 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht (μg/kg KG). Ausgehend von aktuellen Werten für die mittlere bzw. erhöhte Exposition kamen die EFSA-Sachverständigen zu dem Schluss, dass die derzeitige chronische ernährungsbedingte Exposition gegenüber Nickel für die Allgemeinbevölkerung Bedenken aufwirft. Die Sammlung von weiteren aktuellen Untersuchungsdaten ist deshalb von Interesse.
Ein Kind mit einem Körpergewicht von 20 kg müsste pro Tag ca. 490 g von dem Dinkelmehl mit dem höchsten gemessenen Nickelgehalt des Überwachungsprojektes verzehren, um den TDI-Wert von 2,8 μg/kg KG zu erreichen.
Über die Untersuchungszahlen der geprüften Erzeugnisse gibt die folgende Tabelle Auskunft:
Untersuchung von Dinkel- und Grünkernprodukten in Niedersachsen in den Jahren 2015 und 2016
Warengruppen Körner, Müsli und Mahlerzeugnisse, Brot und Kleingebäck, Feine Backwaren, Teigwaren |
Anzahl Untersuchungen |
Gesamtzahl der Proben: 111, davon Grünkern: 5 |
|
Untersuchungsparameter: | |
Mykotoxine | 34 |
Mutterkornalkaloide | 24 |
Acrylamid | 13 |
Tropanalkaloide | 6 |
Mineralöl (MOSH/MOAH) |
3 |
Elemente (Nickel) |
4 |
Salmonellen | 5 |
Allergene (Lupine u.a.) |
5 |
Pflanzenschutzmittel (PSM) |
1 |
Zusammensetzung / Zusatzstoffe (Z) |
63 |
Kennzeichnung (KZ) |
111 |
Beanstandete Probenzahl (Z und KZ) |
23 |
Die niedersächsischen Untersuchungsergebnisse auf Kontaminanten wie z. B. Mykotoxine und Mutterkornalkaloide decken sich mit den Auswertungstrends der bundesweit durchgeführten Monitoringprogramme. Es wurden keine Höchstmengenüberschreitungen festgestellt. Der Verbraucher kann sich die angebotenen Dinkel- und Grünkernerzeugnisse deshalb ohne Bedenken schmecken lassen.
Beanstandungen ergaben sich ausschließlich bei der Kennzeichnungs- und Zusammensetzungsüberprüfung: z. B. fehlerhafte und irreführende Nährwertkennzeichnung, Mehltypen- und Eigehaltsangabe sowie formale Kennzeichnungsmängel. Die Beanstandungsrate betrug in diesem Bereich 20,7 Prozent.
Info Monitoring-Programme Das Monitoring ist ein gemeinsam von Bund und Ländern seit 1995 durchgeführtes systematisches Mess- und Beobachtungsprogramm und dient dem vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutz. Eine Übersicht der im Monitoring seit 1995 untersuchten und 2017 zu untersuchenden Erzeugnisse hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Dezember 2016 bekannt gegeben. Folgende Dinkelerzeugnisse wurden bislang untersucht:
Die Monitoring-Untersuchungsergebnisse werden jährlich in den „Berichten zur Lebensmittelsicherheit“ vom BVL veröffentlicht: |
Literaturverzeichnis:
[1] Getreide & Korn, Das Standardwerk; Renate Kissel, Christian Verlag GmbH, München, 2013
[2] Sachunterricht live! Die Herkunft von Brot, Milch, Obst & Co. entdecken; Antje Fries, Verlag an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr, 2012