Weinuntersuchung und Überwachung – Wissenswertes und Aktuelles aus Niedersachsen
Die Untersuchung und Beurteilung von Weinbauerzeugnissen, dazu gehören hauptsächlich Wein, Perlwein, Schaumwein, Sekt und Likörwein, wird in Niedersachsen am Standort Braunschweig des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) durchgeführt.
Zusätzlich zu den von den Lebensmittelüberwachungsbehörden eingesandten Proben werden im Fachbereich Getränke auch Erzeugnisse des Weinbaus im Rahmen von Einfuhruntersuchungen analysiert. Für diese Aufgabe ist in jedem Bundesland eine staatliche Untersuchungseinrichtung benannt, für Niedersachsen ist es das Lebensmittel- und Veterinärinstitut (LVI) Braunschweig/Hannover.
Wein – was wird untersucht?
Die Untersuchung der Weine beginnt mit der sensorischen Prüfung, die von den Weinkontrolleurinnen und Weinkontrolleuren durchgeführt wird. Hierbei wird geprüft, ob der Wein Fehler aufweist und ob der sensorische Eindruck von den Angaben zu Herkunft, Rebsorte oder Jahrgang abweicht. Weisen die Erzeugnisse Fehler oder Auffälligkeiten auf, ergeben sich bereits im Vorfeld weitere über die Routine hinaus gehende Untersuchungen.
Unter Fehlern bei einem Wein sind unerwünschte optische, geruchliche und geschmackliche Eindrücke zu verstehen. Am bekanntesten ist wohl der Korkfehler, zu erkennen am muffigen Geruch und Geschmack. Dieser kommt jedoch durch die zunehmende Verwendung von alternativen Verschlüssen (Schraubverschlüsse, Kunststoffstopfen) immer seltener vor. Auch während der Gärung und Lagerung können Stoffe entstehen, die sich im Endprodukt durch Fehlnoten bemerkbar machen, zum Beispiel als Essigstich.
Ein häufig anzutreffender Fehler ist die auf Überlagerung zurückzuführende Oxidation. Diese macht sich geruchlich und geschmacklich durch eine sherryartige Note bemerkbar. Sie geht mit einer Braunfärbung einher, die beim abgebildeten Weißwein gut zu sehen ist. Typisch für diese Weine ist, dass mit fortschreitender Oxidation der Gehalt an Schwefeldioxid abnimmt. Weine, die sensorische Fehler aufweisen, sind nicht verkehrsfähig, das heißt diese Erzeugnisse dürfen nicht mehr verkauft werden.
Die chemisch-physikalische Untersuchung umfasst die quantitative Bestimmung der wichtigsten Inhaltsstoffe wie den vorhandenen Alkohol, Extrakt, Zucker, organische Säuren, Gärungsnebenprodukte und Mineralstoffe, sowie die Prüfung auf Verwendung von üblicherweise in der Weinbereitung eingesetzten Zusatzstoffen (Konservierungsstoffe, Antioxidationsmittel). Die Überprüfung weiterer Inhaltsstoffe wie Shikimisäure erfolgt entweder im Rahmen eines Untersuchungsprogramms oder bei sensorisch und analytisch auffälligen Proben.
Neben klassischen Untersuchungsmethoden wie Pyknometrie und Titrimetrie kommen moderne Verfahren wie Hochleistungsflüssigkeitschromatografie (HPLC), Infrarotspektroskopie (FTIR) und Gaschromatografie (GC) zur Anwendung.
Zunehmend gewinnt bei Wein die Wasserstoff-Kernspinresonanzspektroskopie (H-NMR-Spektroskopie) an Bedeutung. Mit Hilfe dieser Technik ist neben der quantitativen Bestimmung von verschiedenen Weininhaltsstoffen eine Aussage zur Authentizität hinsichtlich Herkunft und Rebsorten möglich. Die Beurteilung der Etikettierung schließt die Überprüfung der Erzeugnisse ab.Untersuchungsergebnisse des LAVES
Das LVI Braunschweig/Hannover untersuchte in den Jahren 2021 und 2023 niedersächsischen Wein.
Dabei wurden klassische Parameter zur Qualität und Beschaffenheit überprüft, wie Sensorik, Alkoholgehalt, Zucker und Säuren. Auch in der Kellerwirtschaft erlaubte Zusatzstoffe wie Ascorbinsäure, Schwefeldioxid und Sorbinsäure wurden untersucht. Weitere Schwerpunkte bildeten die Kontrolle auf Pflanzenschutzmittelrückstände und Schwermetalle.
Insgesamt wurden 18 Weine aus Niedersachsen untersucht: 16 Weißweine, ein Rotwein und ein Rotling. Die häufigsten Rebsorten waren Solaris und Souvignier Gris. Alle untersuchten Weinproben entsprachen in der sensorischen Prüfung den Anforderungen, Weinfehler wurden nicht festgestellt. Die klassischen Weinparameter (etwa Alkohol, Extrakt, Zucker) entsprachen bei allen Proben der Deklaration beziehungsweise den rechtlichen Anforderungen.
Bei einer Probe wurde eine Überschreitung der zulässigen Höchstmenge des Antioxidationsmittels Schwefeldioxid festgestellt. In keiner der untersuchten Weinproben kam es zu Überschreitungen von Höchstmengen bei Pflanzenschutzmittelrückständen oder Schwermetallen. Bei der Kennzeichnungsprüfung stellte das Institut jedoch bei fünf Proben Mängel fest, hierbei handelte es sich um Bezugnahmen auf geographische Regionen oder an besondere Bedingungen geknüpfte Begriffe wie „Weingut“.
Die direkte Bezugnahme auf die Anbauregion oder den Begriff „Weingut“ ist nur für Weine mit geschützter geografischer Angabe oder geschützter Ursprungsbezeichnung zulässig. Diese Voraussetzungen liegen für Wein aus Niedersachsen noch nicht vor, und es ist in der Etikettierung nur die Bezeichnung „Deutscher Wein“ erlaubt. Bei den untersuchten niedersächsischen Weinen handelt es sich um vielfältige und regionale Lebensmittel, die das LVI Braunschweig/Hannover auch zukünftig in Untersuchungsprojekten prüfen wird. Es ist zu erwarten, dass die bewirtschafteten Rebflächen ebenso wie die Vielfalt der Weine und somit die Probenzahl zunehmen.
Überwachung in Niedersachsen
Für Weinbauerzeugnisse gelten neben speziellen EU-Verordnungen das deutsche Weingesetz nebst Verordnungen. Nach dem Weingesetz (§ 31 Abs. 3) sind in jedem Bundesland zur Unterstützung der Überwachungsbehörden Weinkontrolleure bestellt. In Niedersachsen haben die ausgebildeten Diplomingenieure für Weinbau und Oenologie ihren Dienstsitz in Braunschweig. Sie unterstützen den dort angesiedelten Fachbereich Getränke durch ihr Spezialwissen im Weinrecht und der Weinbereitung (Oenologie). Ihre Erfahrung in der sensorischen Bewertung dieser Erzeugnisse fließt als wichtiger Teil in die Gesamtbegutachtung ein. Darüber hinaus unterstützen sie mit ihrem Fachwissen die zuständigen Überwachungsbehörden bei den Kontrollen von Produktionsbetrieben sowie des Import-, Groß- und Einzelhandels.
Dazu gehört auch die Überwachung von Sonderpostenmärkten. In Niedersachsen haben einige der bekanntesten Firmen aus diesem Handelssektor ihren Hauptsitz. Namengebend sind Waren aus Überproduktionen, Testproduktionen, Restbeständen anderer Geschäfte und Insolvenzmassen, die neben einem mehr oder weniger großen Dauersortiment angeboten werden. Insbesondere bei echten Sonderposten sind Beanstandungen nicht selten. Dies reicht von kleinen Kennzeichnungsmängeln über Exportausstattungen, die von nur formal falsch bis unverständlich gekennzeichnet reichen, bis hin zu überlagerten und verfälschten Produkten.
Weinbau in Niedersachsen
Seit 2016 ist in Niedersachsen gewerblicher Weinbau möglich. Die ersten Reben sind gepflanzt. Informationen zu den Regelungen des Anbaus finden sich in unserem Artikel dazu.
Auch hier unterstützen die Weinkontrolleurinnen und Weinkontrolleure das zuständige Dezernat 43 des LAVES bei der Marktüberwachung mit ihrem Spezialwissen.
Einfuhruntersuchungen
Die Einfuhr von Wein unterliegt, genau wie andere Lebensmittel, zahlreichen rechtlichen Bestimmungen. Zuständig sind die Zolldienststellen der einzelnen Bundesländer. Wenn Wein aus einem Drittland für den Verkauf auf dem deutschen Markt eingeführt werden soll, regelt die deutsche Weingesetzgebung unter anderem, dass eine Einfuhr nur nach Zulassung erfolgen darf. Die für die Einfuhr von Wein zuständige Zolldienststelle entnimmt Stichproben aus den zur Einfuhr angemeldeten Chargen. Sofern sich auf Grund der analytischen und sensorischen Untersuchungen sowie der Prüfung der Etikettierung keine Mängel ergeben, erteilt die Zollbehörde die Genehmigung zur Einfuhr.
Wein als Kulturgetränk
Wein als Kulturgetränk besitzt in der Gesellschaft einen besonderen Status. Die Wertigkeit des Weines wird an der Rebsorte, dem Erzeuger, dem Jahrgang oder der Herkunft gemessen. Die Untersuchungen zeigen, dass eine amtliche Überwachung nicht nur am Ort der Herstellung, sondern auch im Einzelhandel nach wie vor erforderlich ist. Mit modernen analytischen Verfahren und permanenter Weiterentwicklung von Methoden wird es in Zukunft immer besser möglich sein, betrügerische Praktiken bei der Herstellung von Erzeugnissen aufzudecken und die betreffenden Produkte vom Markt zu nehmen beziehungsweise die Einfuhr von nicht rechtskonformer Ware zu unterbinden.