Geistige Getränke: Spirituosen aus der Apotheke
Apothekenbetreiber bieten neben Arzneimitteln auch erweiterte Dienstleistungen, Körperpflege- und sogenannte Wellnessartikel an. Darüber hinaus kann man in einigen Apotheken auch Spirituosen, basierend auf Kräuterauszügen, käuflich erwerben. Aber welche Spirituosen werden in niedersächsischen Apotheken zum Verkauf vorrätig gehalten, wie sind diese beschaffen und wie werden sie gekennzeichnet? Diese Fragen versuchte ein vom Lebensmittelinstitut Braunschweig im Jahr 2009 gestartetes Projekt zu beantworten.
Die Bezeichnung hält nicht immer, was sie verspricht
Bei den in niedersächsischen Apotheken angebotenen Erzeugnissen auf alkoholischer Basis handelt es sich zumeist um Kräuterliköre. Von den eingelieferten Proben kamen alle – mit einer Ausnahme – aus eigener Herstellung. Ein in der Apotheke hergestellter Eierlikör wurde nicht in der eigenen Apotheke, sondern im Lebensmitteleinzelhandel vor Ort verkauft.
Spirituosen unterliegen der Spirituosenbezeichnungsverordnung (EG) Nr. 110/2008. Ihre stoffliche Beschaffenheit oder Zusammensetzung richtet sich nach strengen Kriterien für die einzelnen Kategorien und soll die Bezeichnung „Spirituose“ schützen.
Der Hinweis auf eine Spirituosenkategorie in der Etikettierung ist nur zulässig, wenn alle dort genannten Bedingungen erfüllt sind. Die hier untersuchten neun Proben waren als „Kräuterlikör“, „Bitterlikör“ oder „Magenlikör“ bezeichnet. Die EU-Verordnung sieht bestimmte Kriterien für ein Erzeugnis mit der Bezeichnung „Likör“ vor (Anhang II der VO (EG) Nr. 110/2008, Kategorie 32). Der dort unter anderem definierte Mindestzuckergehalt von mindestens 100 g/L war in acht der neun Proben enthalten. Eine Probe wies nur einen Zuckergehalt von 38 g/L auf. Die Verkehrsbezeichnung „Likör“ darf dieses Erzeugnis demzufolge nicht tragen. Sie wurde als irreführende Bezeichnung beanstandet.
Der in der Spirituosenbezeichnungsverordnung für einen Likör festgelegte Mindestalkoholgehalt von 15 % vol (Ausnahme: mindestens 14 % vol für Eierlikör) wurde von allen untersuchten Proben erfüllt. Die untersuchten Proben wiesen deklarierte Alkoholgehalte zwischen 16 und 43 Prozent auf. Auch wenn es Toleranzen für die Alkoholangabe gibt, muss ein Erzeugnis seiner Kennzeichnung entsprechen. Der Toleranzwert erlaubt eine Abweichung des vorhandenen Alkoholgehalts von dem auf dem Etikett deklarierten Gehalt um ± 0,3 Prozent. Von den neun untersuchten Proben zeigten drei Erzeugnisse auch nach Berücksichtigung der Ergebnisunsicherheit zum Teil deutlich abweichende Gehalte: Zwei dieser Proben wiesen Überschreitungen von 3,26 % vol bzw. 4,26 % vol auf. Eine Probe unterschritt den angegebenen Gehalt von 38 % vol um 6,4 % vol.
Werbung auf dem Etikett wenig bekömmlich
Gesundheits- und nährwertbezogene Angaben über Lebensmittel werden seit Juli 2007 durch eine EU-Verordnung (VO (EG) Nr. 1924/2006) für den gesamten europäischen Markt geregelt. Im Sinne dieser Verordnung wird mit einer gesundheitsbezogenen Angabe erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.
Gemäß dieser Verordnung dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent, also auch die hier untersuchten Spirituosen, keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen.
Von den untersuchten Likören aus der Apotheke entsprachen die Angaben auf den Etiketten nicht immer diesem Verbot. Aussagen und Bezeichnungen wie „Aqua vitae“ (lat. für Lebenswasser), „Lebenselixier“, „Jungbrunnen“ und „Quelle des Wohlbefindens“ waren auf vier Erzeugnissen angebracht. Die Etikettierung dieser Proben wurde beanstandet. Da einige der hier untersuchten Erzeugnisse auch im Internet zum Kauf angeboten oder beworben werden, läuft derzeit beim zuständigen Dezernat des LAVES die Überprüfung der jeweiligen Internetauftritte, denn auch diese „nicht Produkt begleitende Werbung“ hat die rechtlichen Vorgaben zu erfüllen.
Weitere Überprüfungen geplant
Nur zwei von neun untersuchten Proben waren inhaltlich und in der Etikettierung nicht zu beanstanden. Aus diesem Grund plant das Lebensmittelinstitut Braunschweig in naher Zukunft eine Wiederholung des Projektes.