Mutationen erkennen: Etablierung der SARS-CoV-2-Sequenzierung am LAVES
Die Verbreitung und das Risiko der Corona-Mutanten bestimmen die aktuelle Debatte in Deutschland. Wie viele Mutationen gibt es bereits und wo haben sie sich verbreitet? Wie können sie erkannt werden? Die Antworten dieser Fragen liegen in den Erbinformationen der Krankheitserreger - diese gilt es zu entschlüsseln. Das LAVES nutzt die innovative Untersuchungsmethode Next Generation Sequencing (NGS), um Corona-Proben sequenzieren und Mutationen erkennen zu können.
Bereits seit 2018 werden im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Braunschweig/Hannover (LVI BS/H), Standort Braunschweig, Bakterien mittels NGS untersucht, die aus Lebensmitteln, aus der Produktionsumgebung von Betrieben, aus Ställen oder Tieren isoliert wurden.
Diese Analytik ist ebenfalls für die Sequenzierung von Viren geeignet. Deshalb etabliert das LVI BS/H die Methode zur Sequenzierung von SARS-CoV-2-Viren, um die Untersuchungskapazitäten in Niedersachsen zur Erkennung von Mutationen zu erhöhen.
Bei dieser Untersuchungsmethode kann, im Vergleich zu bisherigen Sequenzierungsmethoden, eine sehr große Anzahl von Genomfragmenten gleichzeitig sequenziert werden. Durch diese Art der Sequenzierung kann das gesamte Genom eines Bakteriums entschlüsselt werden. Mit den so erhaltenen Sequenzdaten lassen sich Bakterienisolate sehr genau untersuchen und charakterisieren.
Wie ist der Ablauf der Untersuchung?
- Eingang der Proben im Labor in Braunschweig in tiefgefrorenem Zustand. Es handelt sich dabei um aufgereinigte Proben, die bereits in einem anderen LAVES-Labor als SARS-CoV-2-positiv beurteilt wurden.
- Die Proben werden sofort weiter bearbeitet oder es erfolgt eine Lagerung bei -80 Grad Celsius bis zur Untersuchung.
- Erstellung der Sequenzierungs-Bibliothek.
- Sequenzierung mit einem Illumina MiSeq. Dabei entstehen große Mengen an Sequenzdaten, die zunächst auf ihre Qualität geprüft werden müssen.
- Im Anschluss werden die Daten mit speziellen Programmen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LAVES hinsichtlich der vorliegenden Mutationen und Vorbereitung für den Upload zum Robert-Koch-Institut (RKI) ausgewertet.
Wie lange dauert eine Untersuchung?
Wenn alles perfekt läuft, dauert die Probenvorbereitung und Sequenzierung circa zweieinhalb Tage. Daran schließt sich die Auswertung der Proben an, die je nach Anzahl der Proben einen halben bis einen Tag dauert.
Verzögerungen können durch nicht ausreichende RNA-Konzentrationen der Ausgangsproben oder durch den Ausfall von Proben während der Bibliotheken-Erstellung entstehen.
Wie viele Proben können pro Woche untersucht werden?
Pro Woche können bis zu 200 Proben untersucht werden. Die Proben werden in Probenpools untersucht. Hierbei kann ein Pool zwischen 1 bis maximal 100 Proben enthalten.
Wie müssen die Proben aufbereitet werden? Was ist so aufwendig daran?
Vor der Sequenzierung erfolgt die Erstellung einer Sequenzierungs-Bibliothek von jeder Probe. Während der Erstellung der Sequenzierungs-Bibliothek wird die RNA (Ribonukleinsäure, englisch: ribonucleic acid) in DNA (Desoxyribonukleinsäure, englisch: deoxyribonucleic acid) umgeschrieben, das Virusgenom spezifisch vermehrt und fragmentiert, anschließend mit Adaptern (zur Bindung auf der Flow Cell zur Sequenzierung) und Indices (zur Unterscheidung der einzelnen Proben) markiert. Zwischen den einzelnen Abschnitten befinden sich Aufreinigungsschritte und verschiedene Qualitätskontrollen.
Welche Qualitätskontrollen sind das?
Zu Beginn der Probenvorbereitung wird die RNA-Konzentration jeder Probe bestimmt. Im weiteren Verlauf der Bibliotheken-Erstellung wird überprüft, ob die Fragmente der Bibliothek die richtige Größe haben. Und dann wird nochmals die Konzentration jeder Proben-Bibliothek bestimmt. Mit Hilfe dieser Werte werden die Proben so eingestellt, dass sich von jeder Probe gleich viel im Pool zur Sequenzierung befindet.
Wie werden die Proben vor und nach der Untersuchung gelagert?
Das SARS-CoV-2 Virus gehört zu den RNA-Viren. Da RNA bei üblichen Lagertemperaturen (z. B. 4°C oder -20°C) instabil ist, werden die Proben vor und nach der Untersuchung bei -80°C gelagert.
Wohin werden die Ergebnisse geschickt?
Die Sequenzdaten werden an das RKI übermittelt. Das Ergebnis, ob eine Mutation vorliegt oder nicht, wird an die einsendenden Gesundheitsämter übermittelt.
Wie können Mutationen erkannt werden?
Die Sequenzdaten werden gegen eine vom RKI bestimmte Referenzsequenz abgeglichen. Die Veränderungen der Genomsequenz der aktuell wichtigen Mutationen (Variant of Concern, VOC) sind bekannt und können so überprüft werden. Hierbei handelt es sich im Moment um die Varianten aus dem Vereinigten Königreich B.1.1.7, Südafrika B.1.351 und Brasilien B.1.1.28 P.1.