Dioxin-Screening mit einem Biotest
Herkunft der Kontamination |
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Akute Vergiftung |
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Chronische Vergiftung |
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Analytik |
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„Dioxin“ ist die vereinfachte Bezeichnung für polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane. Sie treten als unerwünschte Verbrennungsprodukte organischer Substanzen bei Anwesenheit von Chlor auf. Ihre Verbreitung in der Umwelt ist aufgrund ihrer hohen Stabilität und Fettlöslichkeit problematisch. Das Dioxin mit dem nach internationalen Angaben höchsten Gefahrenpotential ist 2,3,7,8-TCDD (Tetrachlor-dibenzo-p-dioxin). Die Halbwertzeit im Körper beträgt bis zu 27 Jahre. Als chronische Erkrankungen wurden Einflüsse auf das Hormonsystem, die Haut und Störungen des Immunsystems beschrieben. Der Gehalt an Dioxinen/Furanen wird anhand ihrer Toxizität (TEF) relativ zu 2,3,7,8-TCDD angegeben.
PCB (polychlorierte Biphenyle) wurden gezielt hergestellt und in Transformatoren, Kondensatoren, als Hydraulikflüssigkeit oder Weichmacher in den verschiedensten Produktgruppen eingesetzt. PCB gelten als giftig und krebsauslösend und einige haben dioxinähnliche Wirkungen. Die letzteren werden deshalb als dioxinähnliche PCB (dl PCB) bezeichnet. Der Gehalt an dl PCB wird anhand ihrer Toxizität (TEF) relativ zu 2,3,7,8-TCDD angegeben.
Warum sind diese Stoffe gefährlich?
Sowohl Dioxine/Furane als auch PCB gelten bereits in relativ geringen Mengen als giftig. Sie werden in der Umwelt nur schwer abgebaut und reichern sich durch ihre gute Fettlöslichkeit in Tieren und dem Menschen an. Die Substanzen treten in der Regel als Mischung auf, ihre akute Wirkung ist vor allem aus Unfallberichten bekannt.
Das Spektrum der akuten Beschwerden reicht von schweren allgemeinen Krankheitssymptomen, über Nervenschädigungen und Leberschäden bis hin zur Chlorakne. Für letztere genügen wenige Mikrogramm (µg) Dioxin auf der Haut. Todesfälle nach akuter Vergiftung sind bislang nicht bekannt.
Die Einschätzung der Langzeitwirkung ist schwierig, da sich viele Faktoren im Leben eines Menschen summieren. Eine Schwächung des Immunsystems, bestimmte Hauterkrankungen und Leberschäden nach der Aufnahme großer Mengen an Dioxin gelten als erwiesen. Die Stoffgruppe wird zudem als krebsauslösend angesehen.
Wozu verwendet man einen Biotest?
In einem zellbasierten biologischen Testsystem werden nicht einzelne Substanzen, Rückstände oder Kontaminanten bestimmt, sondern Effekte auf die verwendeten Zellen. Dieser Untersuchungsansatz soll die instrumentelle Analytik ergänzen, aber nicht ersetzen. Grundsätzlich sind zwei Anwendungsbereiche möglich:
A) Wirkungsorientierter Ansatz: Nachweis und Erfassung bestimmter biologischer Wirkungen. Diese werden als Summenparameter nachgewiesen. Beispiel: Östrogene Wirkung auf bestimmte Brustkrebszellen.
B) Substanzorientierter Ansatz: Nachweis und Erfassung einer oder weniger Substanzklasse(n), deren Wirkung bekannt ist. Besonders interessant für Stoffe mit gesetzlich festgelegten Höchstwerten. Beispiel: Ah-Rezeptor-vermittelte Wirkung in Leberzellen durch Dioxine (PCDD/F) und dioxinähnliche PCB.
Wie funktioniert ein Biotest für Dioxine?
Bei einem Biotest mit lebenden Zellen erfolgen alle Arbeiten unter sterilen Bedingungen, um Kontaminationen mit Mikroorganismen zu vermeiden. In der Regel werden die Zellen in laufenden Kulturen gehalten und vermehren sich ständig. Ein bis zwei Mal pro Woche werden die Zellen passagiert, also mit geringerer Zellzahl in ein neues Kulturgefäß mit frischen Nährstoffen überführt.
Im LAVES wird für das Dioxin-Screening der sogenannte EROD mit Krebszellen aus Rattenlebern verwendet. Diese Zellen haben natürlicherweise einen hohen Gehalt eines bestimmten Rezeptors (Ah-R). Durch die Bindung dioxinartiger Substanzen an diesen Rezeptor wird ein Enzym (CYP 1A1) erzeugt, das in dem Test nachgewiesen wird. Je höher der Gehalt dioxinartiger Stoffe, desto größer ist das Messsignal für das Enzym.
Die Zellen werden in Kulturplatten ausgesät und nach wenigen Stunden mit den zu testenden Proben und Standards belastet. Nach einer Inkubation von 72 Stunden wird der Enzymgehalt bestimmt (siehe Abb. 1).
Die Beurteilung einer Probe erfolgt immer im Vergleich mit der Wirkung der parallel dazu gemessenen Positiv- und Negativkontrollen.
Aus einer Probe für diesen Biotest wird zunächst das Fett gewonnen und dieses chemisch aufgereinigt. Die Extrakte werden durch einen Lösungsvermittler (DMSO) wieder in eine wasserlösliche Form gebracht, um eine Mischung mit dem Zellkulturmedium zu erreichen.
Gibt es eine Rechtsgrundlage für das Screening von Lebensmitteln?
Seit Anfang 2012 gilt eine neue Verordnung zum Nachweis von Dioxinen, Furanen und PCB in Lebensmitteln VO (EG) Nr. 252/2012. Hier wird beschrieben, welche Vorgehensweisen bei der Auswahl, Entnahme, Vorbereitung und Analyse der Proben einzuhalten sind. Weiterhin werden Kriterien vorgeschrieben, die von Laboren bei der Feinbestimmung (Bestätigung) bzw. dem Screening nach Dioxinen/Furanen und dl PCB eingehalten werden müssen.
Wie wird ein Biotest für Dioxine validiert?
Entsprechend einer der genannten Möglichkeiten der aktuellen VO (EG) Nr. 252/2012. Im LVI BS/H erfolgt dies für jede relevante Matrix in zwei Stufen:
A) Erstvalidierung (Beispiel: Rindfleisch, siehe Abb.2)
Das Ziel ist das Erstellen von vorläufigen Entscheidungsgrenzen zur Beurteilung von Biotestergebnissen (konform, nicht konform) für die gewählte Matrix. Es werden mindestens fünf Konzentrationsstufen je sechs Mal aufgearbeitet und gemessen. Aus den rechtlichen Vorgaben und dem erzielten Kurvenanstieg lassen sich die Cut-off-Werte für die Abgrenzung von konformer zu vermutlich nicht konformen Proben bestimmen. Die Variationen zwischen den Ergebnissen dürfen dabei bestimmte Werte nicht übersteigen.
B) Revalidierung (Beispiel: Rindfleisch, siehe Abb. 3)
Die sogenannte Revalidierung erfolgte anhand von Proben, deren Gehalt an gesetzlich geregelten Dioxinen/Furanen und dl PCB mit instrumenteller Analytik (HRGC/HRMS) bestimmt wurde. Im LAVES erfolgt dies im Lebensmittel- und Veterinärinstitut Oldenburg. Mindestens 20 Proben mit einer breiten Spanne an Dioxin- und PCB-Belastung werden je doppelt für den Biotest aufgearbeitet. Auf Grundlage der erzielten Daten wird der Entscheidungswert (Cut-off) für die interessierende Konzentration (Auslösewert oder Höchstgehalt) aus der Erstvalidierung überprüft und ggf. angepasst. Proben, deren Biotestergebnis unterhalb des Entscheidungswertes liegt, gelten als konform mit dem geltenden Recht. Die Reproduzierbarkeit soll gemäß geltendem Recht kleiner 25% sein.
Warum ist die Analytik so schwierig?
Um den Verbraucher zu schützen, liegen die gesetzlichen Höchstmengen für Dioxine in vielen Lebensmittel im Bereich von Pikogramm Dioxin/Furan pro Gramm Fett (pg WHO-TEQ/g Fett). Viele Bestandteile der Lebensmittel kommen in wesentlich größeren Mengen vor und können die hochsensiblen Messgeräte stören oder das Signal überlagern. Deshalb wird in mehreren Extraktions- und Aufreinigungsschritten aus dem Lebensmittel ein Extrakt mit möglichst wenigen Störsubstanzen hergestellt.
Leider treten einige Störsubstanzen auch im Alltag auf. Beispielsweise entweichen geringe Mengen an PCB aus bestimmten elektronischen Bauteilen. An Staub gebundene Kontaminationen können über die Luft in die Labore gelangen. Die verwendeten Chemikalien müssen höchste Reinheitsgrade aufweisen, da auch hier Nebenprodukte der Produktion die Analytik stören könnten. Deshalb werden in der Spurenanalytik extreme Anstrengungen unternommen, um Verunreinigungen der Utensilien so gering wie möglich zu halten.