Alles gut im Napf? – Kaninchenfutter unter der Lupe
Kaninchenhalter und -halterinnen müssen nicht mehr mit der Sichel auf die Wiese gehen, der Handel bietet in vielfältiger Aufmachung Alleinfutter für Kaninchen an. Aber reicht das aus?
Ein „Alleinfutter“ muss dem Tier alle für die Erhaltung und Gesundheit nötigen Nährstoffe mit der Ration zuführen.
Ob diese Anforderung erfüllt wird, war eine zentrale Frage eines Monitorings, das vom Dezernat Futtermittelkontrolle und dem Futtermittelinstitut Stade des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Jahr 2017 an 24 Futterproben durchgeführt wurde.
Der Handel bietet bunte, komponentenreiche Mischungen an, die den Eindruck von ausgewogener Reichhaltigkeit erwecken. Sie unterscheiden sich qualitativ jedoch nicht von schlichten braunen Pellets.
Getreide wird von wildlebenden Kaninchen durchaus gern gefressen, dennoch ist es keinesfalls Hauptkomponente der Futterzusammensetzung. Leider ist es dominanter Bestandteil der Handelsfutter, teilweise verborgen hinter fantasievollen Formen. Herzchen-, Mond- und Bonbonformen sprechen insbesondere Kinder an. Die Proben erwiesen sich für eine ausgewogene Kaninchenernährung als nicht hinreichend, da die Mischungen selektives Fressen zuckerreicher Komponenten begünstigen.
Viele der Pellets, die im Zuge des Monitorings untersucht wurden, waren nur von mäßiger Festigkeit und hätten so den Nagetrieb nicht befriedigen können. Eine Beifütterung von Heu- beziehungsweise Saftfutter, sowie Obstbaumzweigen ist also grundsätzlich angezeigt, somit ist die Kennzeichnung als „Alleinfutter" nicht gerechtfertigt.
Welche Art der Fütterung ist denn nun zu empfehlen?
Aus tierärztlicher Sicht ist die Fütterung von kleinen Heimtieren, zu denen auch Kaninchen zählen, von wichtiger Bedeutung. Durch eine falsche Ernährung können zahlreiche, zum Teil tödliche oder zumindest lebensverkürzende Erkrankungen hervorgerufen werden!
Die Verdauung läuft anders ab, als beim Menschen. Kaninchen sind auf eine ständige Nahrungsaufnahme angewiesen. Kommt von oben nichts Neues nach, kommt hinten nichts raus. Zudem helfen zahlreiche Bakterien, dem Kaninchen bei der Verdauung und versorgen diese mit lebenswichtigen Nährstoffen. Dazu müssen Kaninchen einen Teil des Kots aus dem Blinddarm aufnehmen („Weichkot“). Man konnte zeigen, dass ein erhöhter Anteil an Kohlenhydraten in der Fütterungsration von Kaninchen zu einer Abnahme beziehungsweise zu einer Verweigerung der Aufnahme des Blinddarmkots führte.
Bei längeren Hungerzeiten stirbt die natürliche Darmflora der Kaninchen ab oder es kann zu einer Vermehrung von pathogenen Bakterien kommen. Bei einer kohlenhydratreichen Ernährung kann es zu einer Verschiebung der Bakterienflora und/oder einer massiven Vermehrung von Hefen im Darm kommen, die dann zu zusätzlichen ernsten Erkrankungen des Verdauungstraktes führen. Daher sollten Halter und Halterinnen sofort hellhörig werden, wenn das Kaninchen schlechter oder gar nicht mehr – niemals länger als einen Tag – frisst. Der Gang zum Tierarzt ist dann dringend und eilig angezeigt.
Zudem konnte festgestellt werden, dass Kaninchen, die energiereich und rohfaserarm gefüttert wurden, eine geringere Wasseraufnahme zeigten. Das kann auf lange Sicht zu Folgeschäden führen, zum Beispiel ernsthaften Problemen mit der Verdauung oder der harnableitenden Organe.
Wie bei allen Nagetieren, wachsen die Zähne bei Kaninchen ein Leben lang und müssen durch die richtige Ernährung gleichmäßig abgenutzt werden. Körner werden zum Beispiel gar nicht richtig zermahlen und die vorderen Schneidezähne werden dazu überhaupt nicht verwendet.
Beim Kaninchen im Speziellen ist die Fütterung von Heu und Saftfutter zu bevorzugen. Bei Tieren, die tragend sind oder aus anderen Gründen energiereicher gefüttert werden sollen, ist eine Zufütterung von hochwertigen Pellets zu empfehlen. Darunter versteht man ausreichend große Pellets, die eine gewisse Härte aufweisen und nur aus gepresstem Gras oder Kräutern bestehen, ohne Zuckerzusatz. Solche optimalen Futtermittel sind durchaus im Handel zu finden.
Generell abzuraten ist von Futtermitteln, die „für alle Nagetiere“ ausgelobt sind. Es besteht ein großer Unterschied zwischen der Ernährung eines Hamsters und der eines Kaninchens!
Verbraucher/-innen sollten sich einfach fragen, wo das Tier, das ernährt werden soll, ursprünglich lebt und was es dort zu fressen findet. Joghurtdrops werden wohl eher selten vorgefunden.