Institut mit Geschichte - das Futtermittelinstitut Stade
1919 als Untersuchungsanstalt für Fohlenkrankheiten gegründet, heute das Futtermittelinstitut des LAVES
Vor mehr als hundert Jahren,1919, wurde in Stade eine "Untersuchungsanstalt für Fohlenkrankheiten" gegründet. Aus dieser Anstalt ist in den 1930er Jahren das Veterinäruntersuchungsamt hervorgegangen. Das Untersuchungsspektrum erweiterte sich auf alle landwirtschaftlichen Nutztiere mit dem Schwerpunkt der Bekämpfung und Prophylaxe von Tierseuchen. Im Jahr 2001 erfolgte dann die Angliederung an das damals neugegründete Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES). Am 1. Januar 2003 wurde aus der ehemaligen Außenstelle des Veterinärinstituts Oldenburg in Stade das eigenständige Futtermittelinstitut des LAVES mit einem völlig neuen Aufgabengebiet.
Proben aus der amtlichen Futtermittelüberwachung der Länder Niedersachsen und Bremen werden in den Laboren des Futtermittelinstituts Stade auf ihre Qualität und Sicherheit geprüft. Hinzu kommen Aufträge aus der "Norddeutschen Kooperation", dem Untersuchungsverbund norddeutscher Länder für eine effiziente Laboranalytik, und Proben von niedersächsischen Kommunalbehörden, die zum Beispiel aus Tierschutzgründen gezogen wurden. Das Institut hat derzeit 54 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon zwei Auszubildende.
Geboren aus der Krise
Mit dem ersten deutschen Fall des "Rinderwahns" (bovine spongiforme Enzephalopathie, BSE) im Jahr 2000 wurden eklatante Mängel der Überwachungssysteme des gesundheitlichen Verbraucherschutzes offenbar. Die niedersächsische Landesregierung reagierte darauf mit der Integration der laborgestützten Futtermittelkontrolle in das amtliche System des gesundheitlichen Verbraucherschutzes des LAVES. So wurde am 1. Januar 2003 aus der damaligen Außenstelle des Veterinärinstituts Oldenburg in Stade das eigenständige Futtermittelinstitut des LAVES mit einem völlig neuen Aufgabengebiet.
Von der Diagnostik zur Analytik
In dem primär auf Veterinärdiagnostik ausgerichteten Institut gab es nur im Bereich der Rückstandsanalytik chemisch ausgebildetes Personal. Dazu gehörten ein Chemiker, ein spezialisierter Tierarzt und fünf chemisch ausgebildete technische Assistentinnen. Das mikrobiologische Wissen der Diagnostiker war auf die Erfordernisse der hygienischen Futtermitteluntersuchung übertragbar. Alle übrigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mussten sich jedoch in die chemische Analytik einarbeiten, während die veterinärdiagnostischen Aufgaben allmählich an andere LAVES-Standorte verlagert wurden.
Durch die Bereitschaft des Stammpersonals, sich völlig neue Arbeitsfelder zu erschließen, eine gezielte Verstärkung mit Fachkräften und bauliche Anpassungen ist es dem Institut gelungen, sein Untersuchungsspektrum für das Spezialgebiet "Futtermitteluntersuchung" zu entwickeln und bis heute erheblich zu erweitern.
Jetzt stimmt die Chemie
Heute ist das Futtermittelinstitut in sechs Fachbereiche gegliedert:
Der Fachbereich "Futtermittelkunde und Probenmanagement" ist der zentrale Anlaufpunkt für das Probenmanagement innerhalb des Instituts und für die methodisch variantenreiche Vorbereitung der Proben verantwortlich. Hier findet auch die Kommunikation mit den Futtermittelprüfern im Außendienst statt, um alle Problemfälle zeitnah strategisch zu klären.
Die Fachbereiche "organisch-chemische Untersuchungen" und "anorganisch-chemische Untersuchungen" spüren mit hochmodernen Analysengeräten geringste Stoffspuren auf. Im Untersuchungsfokus steht hier ein großes Spektrum an unerwünschten oder unzulässigen Stoffen, unter anderem Umweltkontaminanten, sowie erlaubter aber höchstmengenbeschränkter Substanzen aus der großen Gruppe der Futtermittelzusatzstoffe oder pharmakologisch wirksamer Substanzen.
Der Fachbereich "wertgebende Bestandteile" überprüft den deklarierten Gehalt der Inhaltsstoffe, die der eigentlichen Ernährung dienen, und bestimmt den Energiegehalt von Futtermitteln.
Die Anteile der Einzelfutterkomponenten an der Zusammensetzung von Mischfuttermitteln ermittelt der Fachbereich "Mikroskopie und Molekularbiologie". Auch verbotene Stoffe, wie Verpackungsmaterial oder Giftpflanzen, werden hier erfasst und Einzelfuttermittel auf ihre botanische Reinheit geprüft. Mit der Lockerung des Fütterungsverbotes für Tiermehle wurde die Etablierung molekularbiologischer Techniken notwendig, und so wurde ein PCR- (Polymerase Kettenreaktion) Labor eingerichtet. Jetzt besteht die Möglichkeit, verbotenes Wiederkäuermaterial nachzuweisen.
Hygienische Beurteilung von Futtermitteln ist Sache des Fachbereichs "mikrobiologische und physiko-chemische Untersuchungen". Hier spielt auch der Ausschluss von Zoonoseerregern (vor allem Salmonellen, Listerien) eine wichtige Rolle. Neben der Untersuchung auf verschiedene Probiotika werden auch enzymatische Untersuchungen auf Phytasen und Harnstoff durchgeführt.
Flexibel und krisenfest vernetzt
Das Futtermittelinstitut hat sich in zahlreichen Krisen bewähren müssen. Kaum hatte es seine Tätigkeit aufgenommen, gerieten zum Beispiel im Jahr 2003 Futtermittel in den Verdacht, für die Kontamination von Eiern mit dem Kokzidiostatikum Lasalocid-Natrium ursächlich zu sein. Umgehend entwickelte und etablierte das Institut eine belastbare, massenspektrometrische Nachweismethode. Im Krisenfall wird, wenn es sein muss, auch das "Genre" gewechselt – so erstellte das Futtermittelinstitut eine Nachweismethode für Nikotin im Lebensmittel Ei und bewährte sich in der Melaminkrise als Kompetenzzentrum für die Kontrolle von Sojasaucenimporten.
Zur Nutzung von Synergieeffekten kooperiert das Futtermittelinstitut beim Nachweis von Dioxinen, Pflanzenschutzmitteln und GVO (gentechnisch veränderten Organismen) mit den Lebensmittel- und Veterinärinstituten Oldenburg und Braunschweig. Die Anforderungen des Futtermittelkontrollplans werden somit vollständig erfüllt.
Durch die gestaltende Mitarbeit in Gremien hat sich das Institut über Niedersachsen hinaus einen sehr guten Ruf erarbeitet. Ein Ausdruck dafür war die Ausrichtung der Frühjahrstagung 2018 der Fachgruppe VI "Futtermitteluntersuchung" des VDLUFA in Stade. Hier treffen sich Fachkolleg/-innen aus zahlreichen Untersuchungseinrichtungen zum Erfahrungsaustausch.
Im Probenlager des Futtermittelinstitutes werden alle Proben für mindestens zwei Monate aufbewahrt.
Norddeutsche Kooperation (NOKO)
Im Rahmen der „Norddeutschen Kooperation“ (NOKO) haben sich die staatlichen Untersuchungseinrichtungen Norddeutschlands, die Aufgaben der Lebensmittel-, Futtermittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung sowie der Tiergesundheitskontrolle wahrnehmen, zu einem Untersuchungsverbund zusammengefunden. Beteiligt sind die Bundesländer Berlin/Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.