„Enthält verschluckbare Kleinteile“: Wie wird geprüft, ob Spielzeug verschluckt werden kann?
Institut für Bedarfsgegenstände Lüneburg nutzt Prüfzylinder, um die Verschluckbarkeit von Spielzeug zu testen
Einmal nicht aufgepasst – und verschluckt. Schnell reagiert, auf den Rücken geklopft, nochmal alles gut gegangen.
Kleine Kinder haben die Angewohnheit einfach alles in den Mund zu nehmen. Umso wichtiger ist es, dass Spielzeug, welches für Kinder unter 36 Monaten bestimmt ist, keine verschluckbaren Kleinteile enthält. Doch was bedeutet „verschluckbares Kleinteil“? Um verschluckbar zu sein, sind die Größe und die Form eines Objektes ausschlaggebend. Wird eine bestimmte Größe unterschritten, kann ein Objekt in die Luftröhre gelangen, diese verschließen und damit zum Ersticken führen. Ein derartiges Objekt gilt als „verschluckbar“.
Eine besondere Beachtung bei der Entscheidung, ob ein Spielzeug für Kinder unter 36 Monaten geeignet ist, ist die Form. Im Gegensatz zu „kleinen Teilen“, die zu einer Gefährdung führen können, wenn sie sich zum Beispiel von einem Spielzeug lösen, besteht bei kleinen Kugeln auch ein Risiko, wenn diese an einer Schnur befestigt sind. Die Definition von kleinen Kugeln bezieht sich auf kugel-, ei- oder ellipsoidförmige Objekte.
Wie aber wird festgelegt, ob ein Objekt verschluckbar ist? Die Normenreihe 71 beschäftigt sich mit der Sicherheit von Spielzeug. In der DIN EN 71-1 wird auf die mechanischen und physikalischen Eigenschaften von Spielzeug eingegangen. In der genannten Norm finden sich die Maße, mit denen sich ein Prüfzylinder zur Überprüfung der Verschluckbarkeit herstellen lässt.
Bei der Prüfung auf Verschluckbarkeit werden die Objekte in verschiedenen Positionen auf dem Zylinder positioniert und es wird geprüft, ob diese Objekte den Zylinder passieren können. Lassen sich die Objekte durch den Zylinder führen, so gelten diese als verschluckbar.
Bei Kugeln verhält es sich ein wenig anders. Hier wird nicht der „Schluckzylinder“ zur Prüfung herangezogen, sondern eine Prüfschablone, deren Maße auch in der DIN EN 71-1 festgelegt sind. Anders als bei eckigen Objekten, können kugelige Teile in jeder Lage die Atemwege blockieren.
Damit Eltern erkennen können, welche Spielzeuge für Kinder unter 36 Monaten geeignet sind, müssen auf Spielzeugen, die eine potentielle Gefährdung für Kinder dieses Alters darstellen können, Warnhinweise angebracht sein. Wie ein derartiger Warnhinweis aufgebracht werden muss, ist gesetzlich geregelt in der Zweiten Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (2. ProdSV) in Verbindung mit der Richtlinie 2009/48/EG. Dort ist festgelegt, dass ein Warnhinweis in Deutschland immer mit dem Wort „Achtung“ beginnen muss. Es ist nicht zulässig Worte, wie „Warnung“ oder „Warning“ zu verwenden. Weiterhin muss beispielsweise der Warnhinweis „Nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet“ oder „Nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet“ aufgebracht werden. Es ist auch möglich den Warnhinweis in Form der in Anhang V Teil B der Richtlinie 2009/48/EG dargestellten Abbildung anzubringen.
Der aufgebrachte Warnhinweis muss als drittes Merkmal einen kurzen Hinweis enthalten, der auf die besonderen Gefahren dieses Spielzeugs hinweist. Falls der Platz auf dem Spielzeug selbst, einem angebrachten Etikett oder der Verpackung nicht ausreicht, ist es auch möglich den dritten Teil des Warnhinweises in die Gebrauchsanweisung zu schreiben.
Ein klassischer Warnhinweis für Spielzeuge, die nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet sind, ist „Achtung! Nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet. Erstickungsgefahr durch verschluckbare Kleinteile“.
Das Institut für Bedarfsgegenstände Lüneburg (IFB) befasst sich mit der stofflichen Beschaffenheit von Spielzeug, die mechanischen und physikalischen Eigenschaften werden an anderer Stelle in Niedersachsen überprüft. Besteht bei der Sinnesprüfung einer vorliegenden Probe (anschauen, an der Probe riechen, an angebrachten Teilen zupfen) der Verdacht, dass ein Teil eines für Kinder unter 36 Monate bestimmten Spielzeugs verschluckbar sein könnte, kommt jedoch auch hier der Prüfzylinder zum Einsatz. Fällt ein Teil durch den Prüfzylinder, wird dies zur Kenntnis genommen und der zuständigen Behörde übermittelt.
Rechtstexte:
[1] Richtlinie 2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Sicherheit von Spielzeug (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02009L0048-20210521&qid=1627623445822&from=DE)
[2] Zweite Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug)*) (2. ProdSV) (https://www.gesetze-im-internet.de/gpsgv_2/2._ProdSV.pdf)
[3] DIN EN 71-1 Sicherheit von Spielzeug