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Sensorik – Prüfen mit allen Sinnen

Frau schnürt sich auf einer Steinmauer bei Sonnenschein den Schuh, davor steht eine gefüllte blaue Trinkflasche.   Bildrechte: © kieferpix - stock.adobe.com
In der sensorischen Prüfung: Trinkflaschen mit Marzipangeschmack sind unerwünscht.
In den Untersuchungsämtern des LAVES in Niedersachsen werden Lebensmittel aller Art, Bedarfsgegenstände, kosmetische Mittel, Wasch- und Reinigungsmittel, sowie Futtermittel untersucht. Dabei werden Parameter wie die stoffliche Zusammensetzung, aber auch die Kennzeichnung untersucht. Dafür stehen analytische Methoden und gesetzliche Grundlagen zur Verfügung, die dabei helfen, die produzierten Analysedaten rechtlich zu interpretieren und eine Bewertung vorzunehmen.

Knackt der Keks richtig? – Was, wenn kein analytisches System für die Fragestellung oder den Sachverhalt zur Verfügung steht?

In der Industrie, beispielsweise bei Lebensmittelherstellern ist die Sensorik (Bewertung von Eigenschaften mit den Sinnesorganen) ein sehr wichtiges Mittel für die Bewertung von neuen Produkten oder Variationen. Ebenso wird sie als Werkzeug in Qualitätsfragen verwendet. Dabei werden verschiedene Dinge geprüft und Fragestellungen beantwortet. Knackt der Keks mit der richtigen Lautstärke? Wie fühlt es sich beim Kauen an? Hinterlässt das Produkt einen vollmundigen Geschmack oder ist es eher dünn? Schmeckt das Produkt am Ende der Haltbarkeitsdauer noch so, wie es die Kriterien vorgeben? Im Grunde werden bei der sensorischen Prüfung sämtliche Sinne wie der Tastsinn, der Geruchssinn, der Geschmackssinn und der Gehörsinn angewendet.

Auch die Überwachungsbehörden führen sensorische Prüfungen durch. Sei es der Fehler im Wein oder der strenge Geruch der Trinkflasche für das Fahrrad. Für Bedarfsgegenstände gilt die EU-Verordnung 1935/2004, nach der Lebensmittel durch Lebensmittelkontaktmaterialien nicht negativ beeinflusst werden dürfen. Das gilt sensorisch, aber auch für alle weiteren Stoffübergänge.

„Schmeckt komisch, riecht unangenehm oder sieht echt nicht gut aus.“ So könnte eine Bewertung von ungeübten Laien ausfallen. Im Falle der sensorischen Untersuchung werden, erst einmal unabhängig von dem zu prüfenden Gut, geschulte Fachleute eingesetzt. Diese Gruppe von Fachleuten – das sogenannte Panel – ist auf ihrem jeweiligen Gebiet (beispielsweise Lebensmittel oder Bedarfsgegenstände) geschult und weiß, worauf es ankommt. Beispielsweise erkennt der Weinprüfer Weinfehler oder den „Korkton“. Bei Lebensmittelbedarfsgegenständen können zum Beispiel bei fehlerhafter Prozessführung der Herstellung Nebenprodukte entstehen, die man riechen und schmecken kann und die auf das Lebensmittel übergehen können.

Der Mensch mit seinen Sinnen wird zum „Analysengerät“. Er ist in vielen Hinsichten empfindlicher als ein Analysengerät, nur kann er nicht quantifizieren, das heißt, er kann nicht benennen, wie viel eines geruchs- oder geschmacksaktiven Stoffes auf das Prüflebensmittel übergegangen ist.

Sensorik
Sensorische Prüfung

Wie läuft eine sensorische Untersuchung ab?

Zur sensorischen Untersuchung von Lebensmittelbedarfsgegenständen wird die DIN 10955 (Deutsches Institut für Normung) herangezogen. Im Institut für Bedarfsgegenstände Lüneburg wird zur Untersuchung von Lebensmittelbedarfsgegenständen als Analysenmethode ein erweiterter Dreieckstest verwendet. Dies bedeutet, dass die Prüfperson bei einer Prüfung drei Gefäße vor sich stehen hat, die mit Zufallszahlen gekennzeichnet sind. In einem der Gefäße befindet sich das Prüflebensmittel, welches mit dem Lebensmittelbedarfsgegenstand in Kontakt gebracht wurde (Probe), in den anderen beiden befindet sich jeweils die Referenzlösung (Referenz), die mit den gleichen Prüfbedingungen behandelt wurde.

Der erweiterte Dreieckstest beinhaltet zwei Prüfungen in einem. Zunächst geht es darum, herauszufinden, ob zwischen der Referenz und der Probe ein signifikanter Unterschied besteht. Wieterhin wird die Intensität der gegebenenfalls vorhandenen Abweichung anhand einer Intensitätsskala von null (keine Abweichung) bis vier (starke Abweichung) bewertet. Dies bedeutet im Umkehrschluss: sobald ich benennen kann, wonach das Prüflebensmittel riecht, beziehungsweise schmeckt, handelt es sich um eine Bewertung von mindestens zwei. Abweichungen können zum Beispiel ein bitterer, süßlicher aber auch muffiger Geschmack sein.

Butterkekse Bildrechte: © victoria p. - Fotolia.com
Butterkekse nehmen schnell Gerüche und Aromen an.

Gurke, Butterkeks und Wasser als Prüflebensmittel

Da eine Vielzahl von Lebensmittelbedarfsgegenständen, die im alltäglichen Gebrauch verschieden genutzt wird, auf den Übergang von sensorisch wirksamen Stoffen geprüft wird, ist die Auswahl der Prüfbedingungen unterschiedlich. Beginnend bei der Wahl des Prüflebensmittels, bis hin zu der Temperatur und der Kontaktzeit. In der DIN 10955 sind Beispiele für verschiedene Prüflebensmittel aufgeführt. So kann als Prüflebensmittel für feste, überwiegend wasserhaltige Lebensmittel Gurke verwendet werden und für trockene Lebensmittel Butterkeks oder auch entrindetes Buttertoast. Für die Simulation von flüssigen Lebensmitteln wird am häufigsten Wasser verwendet. Hierbei wichtig bei der Beurteilung ist, dass Wasser durch seine starke Eigenschaft geruchs- und geschmacksaktive Substanzen aufzunehmen, immer der „worst case“ ist.

Bei der Wahl der Kontaktzeit und -temperatur, wird der alltägliche Gebrauch berücksichtigt. Als Hilfestellung kann zum einen die Kunststoffverordnung Verordnung (EU) Nr. 10/2011 herangezogen werden, oder aber die „best practice" Anweisungen des Arbeitskreises „Sensorik“ der Deutschen Gesellschaft für Sensorik e.V. und EUROLAB-D (Best practice - Deutsche Gesellschaft für Sensorik - DGSens e.V.).

Sensorik im Labor Bildrechte: © gani_dteurope - Fotolia.com
Prüflebensmittel werden auf Abweichungen im Geruch oder Geschmack getestet.

Sensorische Untersuchung am Beispiel einer Trinkflasche

Eine Trinkflasche aus Kunststoff beispielsweise wird mit vorgewärmtem Wasser befüllt und 24 Stunden bei 40 Grad Celsius gelagert. Für die Referenz wird Wasser in Glasgefäße gefüllt und unter den gleichen Bedingungen gelagert. Anschließend werden die Prüflösungen auf Raumtemperatur abgekühlt, in die Prüfgefäße gefüllt und den Prüfpersonen zum Verkosten hingestellt.

Bei Kunststoffprodukten kann als Abweichung auch ein süßlicher Geruch oder Geschmack vorkommen, der in die Richtung von Marzipan geht. Dies liegt am Benzaldehyd, welches bei der Herstellung von Kunststoffen für den Lebensmittelkontakt verwendet werden darf. Der erfrischende Schluck Wasser aus der Trinkflasche sollte jedoch nicht überraschend nach Marzipan schmecken.

Auswertung der sensorischen Ergebnisse

Für die Bewertung eines Lebensmittelbedarfsgegenstandes ist es Voraussetzung, dass es mindestens sechs übereinstimmende Ergebnisse gibt. Dies bedeutet, dass die Bewertungen der Prüfpersonen „zusammenpassen“ müssen. Das Endergebnis wird als Median berechnet.
Wie bei allen Untersuchungen, muss entschieden werden, ab wann ein Ergebnis als nicht konform mit den rechtlichen Grundlagen bewertet wird. Für den Fall der sensorischen Untersuchung ist in der DIN 10955 ein Beurteilungswert bei Prüflebensmitteln von drei festgelegt. Wenn bei einer sensorischen Untersuchung ein Median von größer oder gleich drei für den Geruch und/oder den Geschmack ermittelt wird, so ist der Lebensmittelbedarfsgegenstand als nicht den Anforderungen an Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 entsprechend zu beurteilen. Im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) ist es nach § 31 Absatz 1 verboten, Materialien und Gegenstände, die den Anforderungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 nicht entsprechen, als Bedarfsgegenstände zu verwenden oder in den Verkehr zu bringen.

Um die Aufgabe einer sensorischen Prüfung meistern zu können, bedarf es kontinuierlichen Trainings der Prüfpersonen und es dauert seine Zeit bis sie Erfahrungen auf ihrem Gebiet haben. Die Prüfpersonen müssen lernen, worauf sie zu achten haben, wie eine Abweichung zu bewerten ist und sich ein großes Vokabular für die Beschreibung der Eindrücke erarbeiten.

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