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Organozinnverbindungen in Lebensmittelverpackungen aus Papier, Karton und Pappe

Pommestüten, Pappteller und Müslipackungen haben eines gemeinsam: Sie enthalten sogenannte Organozinnverbindungen, die in hoher Menge umwelt- und gesundheitsschädigend wirken. Aus diesem Grund hat das Institut für Bedarfsgegenstände Lüneburg des LAVES 2011 über 70 Proben auf diese Stoffgruppe hin untersucht. Das Ergebnis ist eine gute Nachricht für Verbraucher: Beim Verzehr von Lebensmitteln, die mit den untersuchten Proben aus Papier oder Pappe in Kontakt kommen, besteht kein Risiko einer überhöhten Aufnahme gesundheitsgefährdender Substanzen.


Was sind Organozinnverbindungen?

Organozinnverbindungen sind chemische Verbindungen, die aus dem Schwermetall Zinn sowie einer oder mehreren Kohlenstoff-Gruppen bestehen. Sie sind weltweit in der Umwelt zu finden.

Organozinnverbindungen und ihre Anwendung

Organozinnverbindungen finden vielfältige Anwendung bei der Herstellung und Behandlung von Bedarfsgegenständen, die dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) unterliegen. Organozinnverbindungen werden beispielsweise angewendet bei Spielwaren, Kleidungsstücken oder Pflanzenschutzmitteln. Bei der Herstellung von Materialien mit Lebensmittelkontakt dienen Organozinnverbindungen unter anderem als Stabilisatoren im Kunststoffbereich, als Katalysatoren bei der Herstellung von Silikondichtungen sowie als Hilfsstoffe bei der Papierherstellung.

Auch bei sonstigen Gebrauchsgegenständen werden diese Verbindungen eingesetzt. So wurde beispielsweise bei Schiffsanstrichen jahrelang Tributylzinn verwendet, weil es der Besiedelung von Schiffsrümpfen mit Muscheln und anderen Organismen entgegenwirkt. Dieser Einsatz ist inzwischen verboten, da sich das umwelt- und gesundheitsschädliche Tributylzinn bzw. seine Abbauprodukte in Flüssen, Seen und Meeren angereichert und somit weit verbreitet haben.

Warum die Verwendung überwacht werden muss

Bei Untersuchungen zur Giftigkeit dieser Stoffe ist vor allem ihre Wirkung auf das Immunsystem und die Fortpflanzung (einschließlich der Wirkung auf Hormone) von Bedeutung. Nimmt ein Verbraucher täglich Organozinnverbindungen aus verschiedenen Produkten auf, unterliegt er nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung im schlimmsten anzunehmenden Fall einer nicht zu vernachlässigenden Belastung. Beschränkungen sind daher notwendig.

Für alle Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, gelten nach einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates ( VO [EG] 1935 / 2004) die gleichen Anforderungen. Dazu gehören alle Arten von Verpackungen, Flaschen (Kunststoff und Glas), Geschirr und Bestecke sowie Klebstoffe oder auch Druckerfarbe für Etiketten.

Materialien und Gegenstände, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, sind nach guter Herstellungspraxis herzustellen. Sie dürfen an die Lebensmittel auf keinen Fall Mengen von Bestandteilen abgeben, die geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu gefährden oder eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeizuführen.

Soweit Organozinnverbindungen für die Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien zugelassen sind, gelten Grenzwerte, deren Einhaltung im Rahmen des Verbraucherschutzes überprüft werden müssen.

Härter und Katalysatoren auf dem Prüfstand

Im Jahr 2011 wurden im Institut für Bedarfsgegenstände Lüneburg Untersuchungen von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Papier, Karton und Pappe durchgeführt, die von den kommunalen Behörden entnommen wurden. Dabei wurde speziell auf bestimmte Organozinnverbindungen geprüft, die als Härter bei der Herstellung von Leimstoffen – genauer zur Verklebung von Papier- und Kartonschichten – eingesetzt werden. Von besonderem Interesse waren auch spezielle Organozinnverbindungen, die als Härter, aber auch als Katalysatoren in der Produktion eingesetzt werden.

Insgesamt 73 Proben wurden auf Organozinnverbindungen untersucht. Bei diesen Proben handelte es sich um Pappgeschirr (Pappteller, Pappbecher, Pommestüten für den Direktverzehr, Backpapier) sowie Verpackungen für Pizza, Teigwaren, Müsli, Gebäck und Brötchentüten. Bei acht Proben wurden Organozinnverbindungen oberhalb der Nachweisgrenze festgestellt, davon der höchste Gehalt bei einer Gebäckverpackung. Die Höchstmengenbeschränkungen wurden aber bei allen Proben eingehalten. Damit besteht beim Verzehr von Lebensmitteln, die mit den untersuchten Proben aus Papier oder Pappe in Kontakt kommen, kein Risiko einer überhöhten Aufnahme dieser gesundheitsgefährdenden Substanzen.

Untersuchungsmethodik

Aus Papier oder Pappe werden die Organozinnverbindungen mit einem geeigneten Lösungsmittel herausgelöst. Nach einer chemischen Umwandlung in ein Gemisch ähnlicher Stoffe können mit spezifischen Analysenmethoden daraus 15 Einzelkomponenten aufgetrennt werden. Jede einzelne Komponente wird für die Beurteilung einer Belastung mit Organozinnverbindungen von Lebensmittelkontaktmaterialien herangezogen. Um die Methode zu kontrollieren, wurde auch ein Küstensediment untersucht – dieses enthält als Umweltkontaminante Organozinnverbindungen (Bezugsquelle Forschungszentrum der Europäischen Kommission).

Pizza im Karton Bildrechte: © Africa Studio - Fotolia.com
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