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Einwegkunststoffverbot – sind Papierteller mit Kunststoffbeschichtungen noch erlaubt?

Auf einer Decke liegen Plastikgeschirr Teile neben Geschirr aus Papier.   Bildrechte: ® New Africa - stock.adobe.com

Welche Beschichtungen von Papiertellern sind nach der EWKVerbotsV noch zulässig?

Ein vermeintlich nachhaltiges Einwegerzeugnis aus Papier gilt nach EU-Leitlinie als Verbundartikel, der teilweise aus Kunststoff besteht, sobald eine Kunststoffbeschichtung oder -auskleidung auf die Oberfläche aufgebracht ist. Die Einwegkunststoffrichtlinie enthält keine Geringfügigkeitsschwelle für den Kunststoffgehalt eines Einwegartikels, sodass Einwegartikel aus Papier oder Karton mit Kunststoffbeschichtung in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen und folglich dem Verbot des Inverkehrbringens unterliegen . Dies betrifft in der Praxis derzeit in erster Linie Einwegteller, die üblicherweise für den Außerhausverzehr von Speisen verwendet werden.

Heißt das jetzt, dass keinerlei beschichtete Papierteller mehr im Handel verfügbar sind oder sein werden?

Dafür muss zunächst der Begriff „Kunststoff“ genau definiert werden:

Gemäß EWKVerbotsV bzw. Einwegkunststoffrichtlinie ist ein Kunststoff ein Werkstoff bestehend aus einem Polymer im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, dem möglicherweise Zusatzstoffe oder andere Stoffe zugesetzt wurden und der als Hauptstrukturbestandteil von Endprodukten fungieren kann, ausgenommen natürliche Polymere, die nicht chemisch modifiziert wurden.

An dieser Stelle sind jetzt mehrere Aspekte zu beachten. Wichtig ist zunächst, dass sich der Punkt „[…] der als Hauptstrukturbestandteil von Endprodukten fungieren kann“ nach EU-Leitlinie ausschließlich auf die Definition des Kunststoffs bezieht und demnach nicht auf die Definition eines Einwegkunststoffartikels. Somit kann grundsätzlich eine breite Palette von Polymeren als Hauptstrukturbestandteil von Endprodukten (Kunststoffen) eingesetzt werden.

Weiterhin ist zu klären, um was es sich bei Polymeren handelt, die chemisch nicht modifiziert wurden. Es wird erneut auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 verwiesen. Folgende Kernaussagen lassen sich hier ableiten:

1.: Polymere sind natürlich, wenn sie Ergebnis eines Polymerisationsvorgangs sind, der in der Natur stattgefunden hat. Entscheidend ist an dieser Stelle, dass die Polymerisation auch tatsächlich in der Natur stattgefunden hat. Bestimmte Polymere kommen sowohl natürlich vor, können andererseits auch synthetisch erzeugt werden. Trotz gleicher chemischer Struktur handelt es sich nach der Verordnung nicht um das gleiche Material.

2.: Bei der Entscheidung, ob ein Polymer bei seiner Herstellung chemisch modifiziert wurde oder nicht, soll nur der Unterschied zwischen dem Ausgangspolymer und dem daraus hergestellten Polymer berücksichtigt werden. Etwaige Veränderungen, die während des Herstellungsprozesses stattgefunden haben könnten, werden dabei außer Acht gelassen, da diese für die Eigenschaften und das Umweltverhalten des verwendeten und schließlich möglicherweise in die Umwelt freigesetzten Polymers nicht von Belang sind.

Beispiel Cellulose:

In der Leitlinie wird hier als Beispiel Cellulose genannt, die in unterschiedlichen Formen, z. B. Zellglas oder Viskose, vorkommt. Es ist entscheidend, dass trotz der „chemischen Produktionsschritte“ das Endprodukt weiterhin die gleiche chemische Struktur hat wie das Ausgangsmaterial (also die Cellulose). Chemische Produktionsschritte sind für Viskose und Zellglas das Lösen und anschließende Fällen der Cellulose. Es ist davon auszugehen, dass sich die unterschiedlichen Produkte aus Cellulose in der Umwelt ähnlich verhalten – es handelt sich chemisch gesehen weiterhin um Cellulose. Sollte jedoch eine chemische Modifizierung vorgenommen worden sein, wie das Einbringen einer zusätzlichen Seitenkette, liegt keine natürliche Cellulose mehr vor – chemisch gesehen handelt es sich um eine Abwandlung der Cellulose. Die Eigenschaften dieser Cellulose in der Umwelt werden sich von denen reiner Cellulose unterscheiden.

Fazit:

Was heißt das jetzt in der Praxis für die Hersteller von Papiertellern?
Wegen der fehlenden Geringfügigkeitsschwelle und der oben diskutierten Punkte zur Definition eines Kunststoffes sind die bisher üblichen Beschichtungen von Papiertellern auf Grundlage von Acrylat- und Polyolefin-Kunststoffen nicht mehr zulässig. Um Papiertellern jedoch weiterhin die von den Verbraucherinnen und Verbrauchern gewünschten Eigenschaften zu verleihen, können natürliche Polymere, die chemisch nicht modifiziert wurden, eingesetzt werden. Alternativen wie natürlich vorkommende Harze, teilweise mit mineralischen Beimischungen beispielsweise Kreide oder Talk, werden bereits heute eingesetzt.
  Bildrechte: © LAVES/T.Schick
Infrarot-Spektrum zweier Einwegteller aus Papier mit Beschichtungen – blaue Linie: Natürliches Polymer (Harz); rote Linie: Künstliches Polymer (Polystyrol-Acrylnitril-Copolymer); Die Infrarotspektroskopie ermöglicht die Unterscheidung von Materialie
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