Schmuck gilt als Erzeugnis im Sinne des Artikels 67 der REACH-Verordnung. Werden die genannten Beschränkungen nicht eingehalten, darf Schmuck nicht hergestellt, in Verkehr gebracht oder verwendet werden. Für die Überprüfung der Gehalte wird der Schmuck im Säurebad aufgelöst und die Konzentration der Elemente Blei und Cadmium in der Lösung bestimmt. Die Gehaltsbeschränkungen gelten auch für die Teile, wie Karabiner, Anhänger und Kettenglieder und müssen von diesen einzeln eingehalten werden.
Modeschmuck - schwer angesagt, aber auch schwer belastet?
Modeschmuck spiegelt die Trends der aktuellen Zeit wider und lässt sich zu fast allem tragen. Er braucht also nicht langlebig sein und ist deshalb auch meist günstig. Aber wie sieht es bei niedrigen Preisen mit der Qualität aus?
Das Institut für Bedarfsgegenstände in Lüneburg des LAVES überprüft regelmäßig Modeschmuckstücke auf ihren Blei- und Cadmiumgehalt oder auf ihre Nickellässigkeit.
Modeschmuck ist auch für Kinder und junge Leute nach wie vor angesagt. Die bunten Perlen, Anhänger, Ohrringe oder Ketten mit und ohne Anhänger, die in Drogerien, Warenhäusern und an Marktständen erworben werden, können aber auch Gefahren bergen. So können Kleinteile verschluckt werden und es kann zu Verletzungen im Rachenbereich oder gar zum Ersticken kommen.
Eine weitere, oft unterschätzte, Gefahrenquelle ist die Zusammensetzung des Materials. Dabei kann es durch das Verschlucken nicht nur zu den genannten Verletzungen kommen. Es können auch Vergiftungen auftreten, wenn die verschluckten Teile beispielsweise Schwermetalle enthalten, die vom Körper aufgenommen werden können.
Bei Untersuchungen von Modeschmuck in den letzten Jahren wurde immer wieder festgestellt, dass blei- und cadmiumhaltiger Modeschmuck den Weg nach Europa und auf den deutschen Markt findet. Blei und Cadmium können über die Nahrung aufgenommen werden oder über die Luft in den Körper gelangen, weshalb weitere Expositionsquellen so gering wie möglich ausfallen oder vermieden werden sollten.
Untersuchungen im LAVES
Grundsätzlich werden Proben mit Hilfe der Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) untersucht, welche die grobe Elementzusammensetzung aufzeigt. Im Anschluss werden die Werte für Nickel, Blei und Cadmium gesichtet und mit den Grenzwerten verglichen. Liegen die ermittelten Cadmium- und Bleiwerte oberhalb der Grenzwerte aus der REACH-Verordnung, so werden diese Teile der Probe aufgeschlossen und untersucht, um den tatsächlichen Gehalt dieser Elemente zu bestimmen.
Findet sich bei Nickel eine Auffälligkeit bei der RFA-Untersuchung, so wird zunächst der „Nickel-Wischtest“ durchgeführt. Dieser zeigt binnen Sekunden durch Bildung eines pinkfarbenen Farbkomplexes, ob das Schmuckteil das enthaltene Nickel abgibt und somit eine Nickelallergie auslösen könnte. Lediglich das Vorhandensein von Nickel gibt noch keinen Hinweis auf die Nickellässigkeit. Ist dieser Test positiv, wird die Untersuchung auf die Nickellässigkeit durchgeführt und mit dem Grenzwert verglichen.
Im Jahr 2023 hat das Institut für Bedarfsgegenstände in Lüneburg 110 Proben Schmuck auf ihre Elementzusammensetzung analysiert. Untersucht wurden Ringe, Ketten, Uhrenarmbänder, Ohrstecker aber auch Piercingschmuck.
Von den 110 untersuchten Schmuckproben wurden zwei Proben hinsichtlich einer Überschreitung des Cadmiumgrenzwertes beurteilt und eine Probe wegen einer zu hohen Nickellässigkeit. Erfahrungsgemäß sind die Auffälligkeiten, die festgestellt werden, nicht mehr primär die Nickellässigkeit, sondern ein zu hoher Gehalt an Blei oder Cadmium.
Im Jahr 2022 wurden im IfB Lüneburg 15 Proben im Rahmen eines g@zielt-Programms zu Modeschmuck untersucht. Die Proben stammten von Online-Händlern mit Sitz in Niedersachsen.
Die g@zielt-Arbeitsgruppe ermittelt durch Internetrecherche in Niedersachsen ansässige Händler von Internetshops oder Händlern, die auf den Marketplaces ihre Waren anbieten. Die Proben werden nicht im Einzelhandel zur Prüfung entnommen, sondern im Internet bestellt, wie es Kundinnen und Kunden im Internet tun. Auf diese Weise ist der Verbraucherschutz auch im Internet gewährleistet.
Es handelte sich um Schmuck aus Metall, darunter Halsketten, Armbänder, Ringe und Ohrringe. Auch Einzelteile, die man zum Zusammenbasteln von Schmuck braucht, wie lose Perlen oder Anhänger, wurden untersucht.
Alle 15 Proben waren in Ordnung. Hinsichtlich der stofflichen Zusammensetzung gab es keine Abweichung von den rechtlichen Anforderungen. Es konnte auch keine erhöhte Nickellässigkeit festgestellt werden und auch die Kennzeichnung war in Ordnung.
Belastete Geschichte
Anders sah es Ende 2020 aus, als ein g@zielt-Programm zu Modeschmuck aus dem Internethandel durchgeführt wurde. Aufgrund einer Quote von 30 Prozent Grenzwertüberschreitungen mit derart hohen Befunden wurde angeregt, solche Projekte zu wiederholen.
Es wurden Hals- und Fußketten, Anhänger, Ohrringe und Ringe bestellt und zur Untersuchung eingesandt. Insgesamt wurden 39 Proben, die sich teilweise in 5 oder mehr Teilproben einteilen ließen, untersucht. Diese Zahl kommt zustande, da zum Beispiel eine Kette aus einem mehrteiligen Anhänger, der Befestigung, den Kettengliedern und auch dem Verschluss besteht. Und jedes Teilstück besteht aus einem anderen Material.
In dem 2020 durchgeführten Untersuchungsprojekt kam es zu einigen teils erheblichen Feststellungen: Bei sechs Proben war der Bleigehalt über der zulässigen Höchstmenge von 0,05 Prozent, was 500 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) Material entspricht. Der höchste ermittelte Befund an Blei bei einer Teilprobe beläuft sich auf eine Überschreitung von Faktor 1800, was einem Gehalt von 94 % Blei entspricht. Ähnlich hohe Gehaltsbefunde wurden auch bei Cadmium gemacht. Insgesamt überschritten fünf roben den Höchstgehalt an Cadmium, wobei der höchste Befund um Faktor 9200 über dem Grenzwert lag, was einem Gehalt von 92 % entspricht.
Elf Proben entsprachen vollständig den Vorgaben hinsichtlich der Kennzeichnungselemente sowie den Gehalten an den geprüften Schwermetallen Blei und Cadmium. Bei 20 Proben (über 50 Prozent) fehlten die Kennzeichnungselemente, die auf jedem Verbraucherprodukt angebracht sein müssen, damit eine Identifikation gewährleistet ist und ein verantwortlicher Inverkehrbringer benannt ist.
Im Jahr 2019 wurden im Institut für Bedarfsgegenstände in Lüneburg des LAVES im Rahmen von acht Projekten 82 Schmuckproben auf ihren Blei- und Cadmiumgehalt oder auf ihre Nickellässigkeit geprüft. Dabei konnten circa 10 Prozent der untersuchten Proben die gesetzlichen Anforderungen nicht einhalten. Es wurden teilweise erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte für Blei und/oder Cadmium bis in den mittleren zweistelligen Prozentbereich nachgewiesen. Überschreitungen der Nickellässigkeit wurden in dieser Untersuchungsserie nicht festgesellt. Ebenso entsprachen die Kennzeichnungselemente den Anforderungen.
Im Jahr 2016 wurden 27 Modeschmuckproben aller Art untersucht. Bei dieser Untersuchungsserie gab es zwei Proben, die durch Blei- und Cadmiumgehalte weit über dem Grenzwert auffielen. Bei beiden Proben handelte es sich um Ohrringe bzw. Ohrhänger. In der Teilprobe eines Ohrhängers wurde ein Cadmiumgehalt von 59 Prozent ermittelt. Die zweite Probe wies in zwei verschiedenen Teilen Bleigehalte von 71 Prozent sowie 89 Prozent auf.
Im Jahr 2015 wurden im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜp) im Institut für Bedarfsgegenstände 37 Proben, die sich in 123 Teile separieren ließen, auf ihren Blei- und Cadmiumgehalt hin untersucht. In 15 Teilen konnten Bleigehalte ermittelt werden, die den Grenzwert geringfügig überschritten. Zwei dieser 15 Teile wiesen Werte bis zwei Prozent auf und überschritten den Grenzwert für Blei von 0,05 Prozent, womit diese Erzeugnisse nach der REACH-Verordnung nicht verkehrsfähig sind. Cadmium wurde in keiner Teilprobe gefunden.
Europäische Grenzwerte in der REACH-Verordnung
Bei der REACH-Verordnung (VO (EG) Nr. 1907/2006) handelt es sich um eine Verordnung, die in allen europäischen Mitgliedstaaten gilt und die Registrierung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien durch Hersteller und Importeure regelt. Dabei soll durch die erhöhte Eigenverantwortlichkeit der Hersteller für ein hohes Schutzniveau von Mensch und Umwelt gesorgt werden.
Im Anhang XVII der Verordnung sind für die Schwermetalle Blei und Cadmium Grenzwerte genannt, die zum Beispiel in Metallschmuck, Armbanduhren, Piercingschmuck oder Manschettenknöpfen nicht überschritten werden dürfen. Andernfalls ist ein Inverkehrbringen dieser Artikel untersagt.
Konkret liegt der Grenzwert für Blei bei 0,05 Prozent (der Masse) und für Cadmium bei 0,01 Prozent. Um dies zu überprüfen, werden die Proben in ihre Einzelteile zerlegt und einzeln in einem Säurebad aufgelöst. In dieser Lösung wird dann die Konzentration an Metallionen bestimmt und mittels zuvor bestimmter Einwaage kann der Gehalt in Milligramm pro Kilo oder in Prozent errechnet werden.
Wichtig ist dabei, dass sich diese Betrachtung nicht nur auf das ganze Schmuckteil, sondern auch auf die einzelnen Teile bezieht. Das bedeutet, dass ein Schmuckstück auch dann nicht verkehrsfähig ist, wenn zum Beispiel von einer Halskette mit Anhänger der Verschluss des Schmuckstücks den Anforderungen durch eine Grenzwertüberschreitung nicht entspricht.Diese Artikel könnte Sie auch interessieren: