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PFAS in Textilien – wasserabweisend für die Ewigkeit

Auf einem Textilgewebe liegen zwei zu Perlen geformte Tröpfchen, eines aus Wasser, eines aus Öl.   Bildrechte: © LAVES / M.Mäder
Vorprobe auf PFAS mit Wasser (links) und Öl (rechts)
Polyflourierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind schwer abbaubar und können negative Auswirkungen auf Lebewesen haben. Ihre vielfältige Verwendung auf Textilien für den Außeneinsatz wie „Outdoor-Bekleidung“ oder Kissen ist näher zu betrachten. Das LAVES untersuchte daher Polster und Tischtücher auf PFAS.

Polyurethan statt PFAS – umweltverträglicher Ersatz

Gerade lässt es sich noch bequem auf dem Balkon oder der Terrasse sitzen und plötzlich setzt der Regen ein. Schnell rein ins Trockene, aber das Sitzkissen ist in der Eile vergessen. Die üblicherweise eingesetzten Fasern Polyester, Polyacryl und Viskose sind selbst nur gering wasserabweisend oder, wie im Falle von Baumwolle, saugen sie sogar das Wasser auf – unpraktisch wenn sie dann lange trocknen müssen. Wasserabweisende Polster und Kissen für den Außenbereich sind daher vorteilhaft. Auch Tischtücher, die wasserabweisende und schmutzabweisende Eigenschaften haben, sind im Alltag hilfreich.

Die wasserabweisende Wirkung kann durch den Einsatz einer Oberflächenbeschichtung erreicht werden. Hierfür wird heutzutage häufig Polyurethan eingesetzt; es ist umweltverträglich und für die üblichen Anwendungen ausreichend. Neben Polyurethan werden bis heute Beschichtungen aus polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) eingesetzt. Diese sind immer mehr in die Kritik gekommen, weil PFAS toxisch und langlebig sind. Das Vorhandensein von PFAS ist seit Jahren bekannt und in den Fokus gerückt. Auch Nichtregierungsorganisationen weisen schon seit über einem Jahrzehnt auf das Vorhandensein von PFAS in Textilien hin.1,2 Die europäische Gesetzgebung hat auf das Risiko entsprechend reagiert: Die Verordnungen (EU) 2019/1021 und (EG) Nr. 1907/2006 enthalten Beschränkungen hinsichtlich des Einsatzes von PFAS mit einer Kettenlänge ab sieben beziehungsweise acht vollständig fluorierten Kohlenstoffatomen. Diese Substanzen sind seitens der europäischen Chemikalienagentur (ECHA) als toxisch und langlebig eingestuft. Der Einsatz von PFAS in „Outdoor-Bekleidung“ ist aufgrund dieser Problematik seit Jahren stark rückläufig.

Im Gegensatz zu Bekleidungstextilien ist der Einsatz von PFAS in Textilien für den Außenbereich noch weit verbreitet. Kritisch zu bewerten ist vor allem der Einsatz der mittlerweile regulierten PFAS auf Basis der Fluortelomeralkohole 8:2-FTOH und 10:2-FTOH. Auf die Anwendung von PFAS kann bei Produkten für den Privathaushalt verzichtet werden.

Eine weitere Aufklärung und Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher so wie der Unternehmen für die Thematik ist unabdingbar, um dem Ziel „PFAS-frei“ bei Textilien näher zu kommen. 3

Untersuchungen des LAVES

Das IfB Lüneburg nahm deshalb wasserabweisende Polster, Kissen und Tischdecken in den Fokus seiner Untersuchungen. Im Gegensatz zu Bekleidungstextilien ist bei diesen Textilien davon auszugehen, dass die Kollektionen nicht in kurzen Zeitabständen wechseln. Somit werden derzeit möglicherweise noch Restbestände mit einer Beschichtung aus PFAS verkauft. Diese Produkte fanden im Zusammenhang mit PFAS in der Öffentlichkeit bisher wenig Beachtung.

Mit der risikoorientierten Probenahme wurden im Jahr 2024 bisher 30 Proben in Niedersachsen und Ländern der Norddeutschen Kooperation von der Lebensmittelüberwachung im stationären Handel gezogen. Alle Proben wurden zunächst einer Vorprobe („Perlentest“) mittels Wasser und Öl unterzogen – diesen Test kann jede Verbraucherin und jeder Verbraucher zuhause durchführen [siehe Bild oben].4 Die Proben, welche in der Vorprobe die typischen Perlen bildeten und damit auffällig waren, wurden mithilfe einer speziell für die PFAS entwickelten Methode analysiert.5 Diese Methode ermöglicht die Analyse der üblicherweise auf Textilien eingesetzten polymeren Fluortelomeralkoholacrylsäureestern [Bild 1].

Bildrechte: © LAVES / M.Nobis
[Bild 1] Strukturformel eines Fluortelomeralkoholmethacrylsäureesters (Monomer)

Untersuchungsergebnisse

15 der 30 untersuchten Proben enthielten PFAS, aufgebaut aus den Fluortelomeralkoholen 8:2-FTOH und 10:2-FTOH. Erster unterliegt einer Beschränkung gemäß der Verordnung (EU) 2019/1021 mit einem Grenzwert von einem Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) und zweiter nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 mit einem Grenzwert von 0,26 mg/kg. Die höchsten ermittelten Gehalte lagen bei 285 mg/kg 8:2-FTOH bzw. 77 mg/kg 10:2-FTOH; es lag somit eine Überschreitung des Grenzwerts um den Faktor 285 beziehungsweise 296 vor [Diagramm 1].

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[Diagramm 1] Gehalt von freiem und über Estern gebundenem 8:2-FTOH

Ein Teil der Proben enthielt PFAS auf Basis des derzeit noch nicht regulierten Fluortelomeralkohols 6:2-FTOH. Ein Beschränkungsvorschlag für diese Substanz liegt seitens der europäischen Chemikalienagentur jedoch bereits vor.6 Es ist somit davon auszugehen, dass die Anwendung von 6:2-FTOH für häusliche Anwendungen, wie Kissen und Polster für den Außenbereich, beschränkt wird.

Auffällig war zudem, dass zwei Textilien, trotz Öko-Tex-Zertifizierung, PFAS enthielten. Neben den gesetzlichen Beschränkungen enthält der Öko-Tex-Standard weitere Anforderungen bezüglich der PFAS wie einen Grenzwert für 4:2-FTOH und 6:2-FTOH. Das Umweltzeichen wurde somit unzulässig verwendet. Hier liegt ein Verstoß gegen das Gesetz zum unlauteren Wettbewerb (UWG) vor. Das UWG wird von den Marktteilnehmern bei Gericht beispielsweise durch Unterlassungsklagen durchgesetzt. Die Verwendung von Umweltzeichen wird zukünftig in der europäischen „Green-Claims-Richtlinie“ geregelt sein. 7 Das IfB Lüneburg empfiehlt den für die Proben zuständigen Überwachungsbehörden eine Meldung beim Öko-Tex-Verband.

PFAS als Hilfsstoff – was bleibt am Produkt haften?

Für das Jahr 2024 sind weitere Untersuchungen auf PFAS geplant. Neben der Untersuchung von Textilien, bei welchen PFAS für die wasser- und schmutzabweisende Wirkung verantwortlich sind, sollen zukünftig auch Spuren von PFAS in Textilien und weiteren Verbraucherprodukten untersucht werden. PFAS können im Herstellungsprozess eingesetzt werden, ohne dass sie eine Funktion im Endprodukt erfüllen; man spricht hier von Hilfsstoffen. PFAS werden beispielsweise für die Schmierung von Maschinenteilen, für Färbeprozesse und als Trennmittel eingesetzt.8 Die für diese Zwecke eingesetzten PFAS können sich von den bisher analysierten unterscheiden und können deshalb gegebenenfalls nicht gemessen werden. In Zukunft ist deshalb eine Übersichtsanalyse (englisch: Screening) für PFAS geplant.

Wie funktioniert das PFAS-Screening?

Das Verfahren beruht auf der Freisetzung von Fluor mittels Verbrennung aus Kohlenstofffluorverbindungen (Verbrennungs-Ionenchromatographie; englisch: Combustion Ion Chromatography). Das Fluor wird zur Flusssäure, welche in Wasser Fluorid freisetzt. Das Fluorid (Anion des Fluors) kann mittels Ionenchromatographie bestimmt werden. Der auf diese Weise bestimmte Fluoridgehalt beziehungsweise Fluorgehalt kann Rückschluss auf das Vorhandensein von PFAS geben. 9


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