Bittere Milch, rosa Eiklar, milder Maigouda
Viehfutter beeinflusst die Qualität tierischer Lebensmittel
Gesund vom Stall bis auf den Tisch - so sollen Lebensmittel erzeugt werden. Dabei ist das Futter, das die landwirtschaftlichen Nutztiere fressen, ein entscheidender Faktor. Geeignetes Viehfutter ist nicht nur für Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere von größter Wichtigkeit. Futtermittel beeinflussen darüber hinaus Beschaffenheit und Qualität von Lebensmitteln tierischer Herkunft wie Milch, Eier und Fleisch, die am Ende der Verbraucher auf den Teller bekommt. Futtermittel können Geruch, Geschmack, bestimmte Inhaltsstoffe und sogar die Farbe tierischer Lebensmittel beeinflussen.
Die amtliche Futtermittelüberwachung trägt dazu bei, die Qualität der Futtermittel und damit letzten Endes der tierischen Lebensmittel zu sichern. In Niedersachsen ist die wichtige Aufgabe der amtlichen Futtermittelüberwachung im LAVES angesiedelt. Hier erfolgt u.a. die Kontrolle der Herstellung und Behandlung von Futtermitteln sowie die amtliche Probenentnahme durch die Futtermittelüberwachung. Die Untersuchung der Proben obliegt vor allem dem Futtermittelinstitut in Stade.
Schon lange ist bekannt, dass Art und Zusammensetzung von Futtermitteln einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität von Lebensmitteln tierischer Herkunft haben. Bereits die erste Fassung des Deutschen Futtermittelgesetzes aus dem Jahr 1926 betonte den Zusammenhang zwischen der Fütterung der Tiere und der Qualität daraus erzeugter Lebensmittel. Die heute gültigen Rechtsgrundlagen sind u.a. die Verordnung (EG) Nr. 178/2002, das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch, die Futtermittelverordnung sowie eine Reihe von weiteren europäischen Verordnungen.
Gesunde Fettsäuren in Fleisch und Milch durch geeignete Futtermittel
Der Fett- bzw. Fleischansatz des Tierkörpers ist neben genetischen und Geschlechtsdispositionen vor allem vom Energiegehalt der zugeführten Futtermittel abhängig. Bei einer energetischen Unterversorgung bzw. nicht optimal zusammengesetztem Futter kommt es zu Leistungsdefiziten. Die Zusammensetzung der tierischen Fette und deren Beeinflussbarkeit ist seit Jahren weltweit Gegenstand intensiver Forschungen.
Bei der menschlichen Ernährung kommt den mehrfach ungesättigten (essentiellen) Fettsäuren, insbesondere den Omega-3-Fettsäuren (z.B. Linolensäure) eine wesentliche Bedeutung zu. Es gibt vielfältige Belege über ihre präventive und therapeutische Wirkung. Sie tragen u.a. dazu bei, den Cholesterolspiegel im Blut zu senken und wirken damit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems entgegen.
Die Fettsäurezusammensetzung von Fleisch, das konventionell durch Verfütterung von Getreide und Extraktionsschroten erzeugt wird, entspricht nicht dem von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für optimal gehaltenen Verhältnis. Dagegen hat z.B. Fleisch von Rindern, die in erster Linie mit jungem Gras oder Grassilagen gefüttert wurden, im Vergleich einen ca. dreifach erhöhten Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. Den gleichen Effekt erzielt man, wenn dem Futter spezielle pflanzliche Öle wie Lein- oder Rapsöl zugesetzt werden.
Das gleiche gilt auch für Milch. Besondere Aufmerksamkeit haben die konjugierten Fettsäuren in der Milch erlangt. Dominierend ist die sog. "rumenic acid". Hier werden zahlreiche positive gesundheitliche Wirkungen diskutiert. Eine Hemmung der krebserregenden Wirkung von Benzpyrenen ist zumindest im Mäuseversuch nachgewiesen. Der Gehalt dieser Fettsäure in der Milch liegt bei 0,5 bis 2 % und ist durch Fütterungseinflüsse sehr variabel.
Beim Schwein wird - abhängig vom Fütterungsniveau - ein Teil der Fettsäuren aus dem Futter unverändert in das Körperfett eingebaut. Das bedeutet, dass ein hoher Anteil an essentiellen Fettsäuren im Futter, z.B. durch Zugabe von Rapsöl, auch zu einer vermehrten Einlagerung von ungesättigten Fettsäuren in das Schweinefett führt. Dieses Fett ist jedoch in der Konsistenz weicher als gesättigtes Fett, was technologisch nicht erwünscht ist.
Das Auge isst mit - Futter sorgt für eine appetitliche Farbe der Lebensmittel
Die Farbe des Fettgewebes - z.B. bei Rindern - wird durch Futter beeinflusst. Beta-Karotin (Vitamin A) aus Frischgras sowie der Farbstoff Zeaxanthin erzeugen eine gelbliche Fettfarbe. Natürliche Farbstoffe, die sich auf die Färbung des Eidotters auswirken, sind überwiegend gelbfärbend und stammen aus Mais, Luzerne und Grasgrünmehl. Eine unerwünschte Rosafärbung des Eiklars und Grünfärbung des Eidotters kann durch die Verfütterung von Baumwollsaat bewirkt werden, wenn darin hohe Konzentrationen von Gossypol enthalten sind. Färbende Stoffe und Pigmente werden als Zusatzstoffe vorwiegend in der Fischzucht und Geflügelhaltung eingesetzt. Bei der Eierzeugung werden gelbe und rote Farbpigmente im Verhältnis 2:1 eingestellt. Die höchst zulässigen Gehalte werden in der Futtermittelverordnung festgelegt.
Bei Kalbfleisch ist die Mehrheit der Verbraucher in den meisten Ländern an eine helle Fleischfarbe gewöhnt. Eine eisenarme Fütterung, die sich nur aus Milch zusammensetzt, erlaubt, ein helles Fleisch zu produzieren. Die Futtermittelverordnung schreibt vorbeugend eine minimale Versorgung des Kalbes mit Eisen vor, mit dem Ziel, eisenbedingte Anämien zu verhindern. Die natürliche Zufuhr von Eisen über Heu oder andere eisenreiche Futtermittel kann dunkleres Fleisch mit einer stärkeren roten Färbung begünstigen.
Vitamine fördern die Fleisch-Qualität
Häufig werden Futtermitteln Vitamine und Spurenelemente zugesetzt. Im Falle der Vitamine sollen nicht nur die natürliche Variation der originären Gehalte bzw. etwaige Verluste durch Verarbeitungsprozesse im Futtermittel ausgeglichen werden. Die Zugabe der fettlöslichen Vitamine A und E spiegelt sich in den Gehalten in Muskulatur, Leber, Milch, Fettgewebe und Ei wieder. Über die Zugabe von Vitamin E soll jedoch auch die Fleischqualität beeinflusst werden, indem es als sog. Antioxidans vor dem Ranzigwerden des Fettes schützt. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Farbstabilität und das Safthaltevermögen des Fleisches verbessert werden. Ein hoher Gehalt an Vitamin E beeinflusst darüber hinaus die Farbe von Rindfleisch positiv. Hohe Gewebsspiegel von zudosiertem Vitamin A werden besonders in der Leber gefunden.
Eier mit Fischaroma... Wie Futterpflanzen Geruch und Geschmack von tierischen Produkten verändern
Der Zusammenhang zwischen Geruch und Geschmack tierischer Produkte und der Art der Fütterung ist bei Eiern und Milch am deutlichsten ausgeprägt. Fischiger Geruch von Eiern ist noch im kollektiven Gedächtnis der Verbraucher verankert. Bereits die Verfütterung von 1 % Fischöl in der Ration verursacht Fischgeruch bzw. -geschmack. In der Praxis spielt dies keine Rolle mehr, da Fischmehl inzwischen zu teuer ist. Ein unangenahmer Geruch kann allerdings auch unabhängig von einer Fütterung mit Fischmehl durch die Substanz Trimethylamin erzeugt werden. Sie kann bei braunen Hühnereiern auftreten, wenn die Legehennen zuvor mit Raps gefüttert wurden. Im Dickdarm bildet sich Trimethylamin, das normalerweise in der Hühnerleber zu geruchlosem Trimethylamin-Oxid umgewandelt und ausgeschieden wird. Bei manchen Legehennen, die braunschalige Eier produzieren, kann jedoch ein Gen-Defekt vorliegen, infolgedessen sich Trimethylamin im Eidotter ablagert. Das Problem trat häufiger auf, als Legehennen verstärkt mit Rapsextraktionsschrot an Stelle von Sojaschrot gefüttert wurden. Sojaschrot enthält keine Vorläufersubstanzen von Trimethylamin.
Es gibt zahlreiche Futterinhaltsstoffe mit starkem Eigengeruch, die den Geschmack von Milch negativ beeinflussen können. Die in Wicken, Lupinen und Erbsengrünfutter enthaltenen Alkaloide können einen bitteren Geschmack verursachen. Nachteilig für den Geschmack ist auch die Verfütterung von Rübenprodukten wegen des darin enthaltenen Betains. Aromasubstanzen von Pflanzen können sich aber auch positiv auswirken, wie am Beispiel des "Maigouda" ersichtlich wird. Er wird aus der Milch von Kühen hergestellt, die - meist Anfang Mai - das erste Mal nach der Silagefütterung im Winter wieder auf Weiden Gras fressen.
Schadstoffe: Vom Futtermittel ins Lebensmittel
Futtermittel sind auch für verschiedene Schadstoffe wie z.B. Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) oder Umweltkontaminanten wie z.B. Dioxine ein kritischer Eintragspfad in Lebensmittel (Carry-over-Effekt). Der Schutz der Verbraucher vor unerwünschten Stoffen aus der Kette Futtermittel - Tier - Lebensmittel ist ein zentraler Punkt bei der amtlichen Futtermittelüberwachung und seit 30 Jahren Gegenstand der Forschung. Die als relevant erkannten Stoffe sind in der Futtermittelverordnung mit Höchstmengen reglementiert und Gegenstand kontinuierlicher Kontrollanalysen im Futtermittelinstitut Stade. Grundsätzlich sind sowohl Futtermittel als auch Lebensmittel dann aus dem Verkehr zu ziehen, wenn verbindlich festgelegte Höchstgehalte überschritten werden.
Das Futtermittelinstitut arbeitet seit Jahren in enger Kooperation mit der Futtermittelüberwachung im LAVES an der kontinuierlichen Kontrolle der Futtermittel sowohl zum Schutz von Mensch und Tier vor gesundheitlichen Gefahren als auch im Sinne stetiger Qualitätsverbesserung von Futter- und Lebensmitteln.