"Schönfärberei" von Fisch mit Kohlenmonoxid
Behandlung, Lagerung und Transport von frischem Fisch
Frische Fische sind generell leicht verderbliche Lebensmittel. Wer Fisch kauft, sollte daher die eigenen Sinne einsetzen, um verdorbene Ware zu erkennen: Nicht mehr ganz frische und verdorbene Fische zeichnen sich insbesondere durch schlechten Geruch und eine bräunlich-graue Farbe aus. Riecht der Fisch angenehm und ist sein Muskelfleisch rot, ist er wahrscheinlich frisch – es sei denn, er wurde zuvor mit Kohlenmonoxid behandelt. Nach einer solchen Behandlung ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher sehr schwierig, ein verdorbenes Produkt zu erkennen. |
- Nachweis von Kohlenmonoxid in Tilapien
- Dem natürlichen Kohlenmonoxidgehalt auf der Spur
- Frische Fische: vor allem eine Frage der richtigen Lagerung
- Fische müssen im Eis liegen
- Tipps für den Kauf von frischen Fischen
In den vergangenen Jahren wurden auf dem Fischmarkt vermehrt rotfleischige Fischarten entdeckt, die zuvor mit Kohlenmonoxid oder mit kohlenmonoxidhaltigem Rauch behandelt worden waren. Diese Behandlung dient der Stabilisierung der roten Farbe des Fleisches und verhindert die während der Alterung eintretende braun-graue Verfärbung. Das Farbenspiel erinnert an das von reifen Himbeeren oder von frisch geschnittenem Melonenfruchtfleisch als an die natürliche Färbung von Thunfisch. Die Verderbnisprozesse im Fischfleisch werden jedoch durch dieses Verfahren nicht beeinflusst und es besteht die Gefahr, dass die intensive und lange anhaltende Rotfärbung eine nicht mehr vorhandene Frische vortäuscht.
Nachweis von Kohlenmonoxid in Tilapien
Offensichtlich ist die "Schönfärberei" weit verbreitet. Waren es zunächst vor allem teure Fischarten wie Thunfisch oder Schwertfisch, bei denen eine Behandlung mit Kohlenmonoxid nachgewiesen werden konnte, so entdeckten Verbraucherschützer in den vergangenen Jahren zunehmend, dass auch andere rotfleischige Fischarten wie Tilapia mit Kohlenmonoxid oder mit kohlenmonoxidhaltigem Rauch behandelt werden.
Aus diesem Grund wurden 2012 im Institut für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven (IFF) insgesamt 79 Fischproben untersucht. Davon waren 49 Proben Tilapien, 19 Proben Thunfische und 11 Proben entfielen auf sonstige Fischarten wie Schwertfisch, Red Snapper, Victoriabarsch, Lachs und andere. Unter den Thunfischen sowie unter den sonstigen Fischarten fanden die Lebensmittelanalytiker jeweils zwei Proben, die Kohlenmonoxidgehalte oberhalb des festgelegten Grenzwertes von 200 μg/kg aufwiesen. Die Beanstandungsquote bei den Tilapien lag 2012 bei rund zwei Prozent und fiel damit gegenüber den Vorjahren deutlich niedriger aus – eine Erfolgsmeldung für die Lebensmittelsicherheit und den Verbraucherschutz.
Dem natürlichen Kohlenmonoxidgehalt auf der Spur
Bei der Beurteilung von Kohlenmonoxidgehalten in Tilapien und der Frage, wann ein Produkt lebensmittelrechtlich zu beanstanden ist, besteht derzeit noch Unsicherheit. Denn auch das rote Fleisch unbehandelter Fische hat einen gewissen natürlichen Kohlenmonoxidgehalt. Im Fall von Thunfisch wurde ein Grenzwert von 200 μg/kg festgelegt, um unbehandelten von behandeltem Fisch zu unterscheiden. Tilapien gehören allerdings zur Familie der Buntbarsche, die einen deutlich geringeren Anteil an Rotfleisch besitzen.
Experten gehen davon aus, dass daher auch der natürliche Kohlenmonoxidgehalt bei Tilapia erheblich niedriger liegt als bei Thun- oder Schwertfisch, verweisen aber auf die noch fehlenden Kenntnisse über die Bandbreite der tatsächlichen Gehalte. Bis ein zuverlässiger Grenzwert für Tilapien gefunden ist, wird in den Lebensmittellaboren zunächst der beim Thunfisch geltende Grenzwert von 200 μg/kg angewendet.
Vor dem Hintergrund dieser bislang fehlenden Daten wurde vom Institut für Fische und Fischereierzeugnisse (IFF) Cuxhaven eine Übersicht über die natürlich vorkommenden Kohlenmonoxidgehalte in Tilapien erstellt. Untersucht wurden unbehandelte Tilapien aus dem Fischbestand zweier Arbeitsgruppen – der Universität Göttingen und der Universität Hohenheim – sowie weitere Tilapien aus Züchtungen des Heinrich von Thünen-Instituts. Für die physiologischen Kohlenmonoxidkonzentrationen in erwachsenen Tieren wurde ein Mittelwert von circa 20 μg/kg mit einer Standardabweichung von 9,2 gefunden.
Auf der Basis ihrer Untersuchungen haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IFF dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung (ML) einen Grenzwert von 100 μg/kg vorgeschlagen. Die Anwendung eines Grenzwertes in dieser Höhe hätte für die im Jahr 2012 genommenen Proben von Tilapia jedoch zur Folge, dass die Beanstandungsquote von 2 auf 12,2 Prozent zunehmen würde.
Wie die rote Farbe entsteht
Muskelgewebe des Fisches enthält das Pigment Myoglobin, das Sauerstoff absorbiert und mit ihm zu Oxymyoglobin reagiert. Diese Reaktion ist dafür verantwortlich, dass frischer Fisch von Natur aus rot gefärbt ist. Ist der Fisch, zum Beispiel durch Lagerung und Transport, über längere Zeit dem Sauerstoff in der Umgebungsluft ausgesetzt, wandelt sich Oxymyoglobin zu Metmyoglobin. Der Fisch nimmt eine unattraktive braune Farbe an. Metmyoglobin wird in der Industrie deshalb auch Schokoladenfarbe genannt.Nach einer Behandlung mit Kohlenmonoxid oder mit kohlenmonoxidhaltigem Rauch (sogenanntem „tasteless smoke“) bleibt die rote Färbung erhalten und der Fisch sieht lange appetitlich frisch aus. Der Grund dafür ist, dass Kohlenmonoxid gemeinsam mit Myoglobin das „kirschrote“ Carboxymyoglobin bildet. Carboxymyoglobin ist eine sehr stabile Verbindung, die sich bei Sauerstoffzufuhr nicht umwandelt. Kohlenmonoxid konserviert jedoch nur die Farbe des Fisches und nicht den Fisch selbst. In der Europäischen Union ist diese Behandlung deshalb nicht erlaubt. Bei Behandlung der Fische mit Kohlenmonoxid kann ein Gesundheitsrisiko entstehen, wenn die Produkte zu lange oder unter ungeeigneten Bedingungen gelagert wurden, da der Eindruck eines verdorbenen Produkts verdeckt wird.
Frische Fische: vor allem eine Frage der richtigen Lagerung
Es ist allgemein bekannt, dass bereits nicht mehr ganz frische oder gar verdorbene Fische insbesondere am abweichenden Geruch erkennbar sind. Frische Fische hingegen riechen nicht und/oder weisen einen angenehmen Geruch zum Beispiel nach Meer oder Seetang auf. Auch durch einen chemischen Nachweis auf verschiedene Verderbnismoleküle kann der Frischegrad eines Fisches bestimmt werden – allerdings nur im Labor.
Im Institut für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven wurden 2013 insgesamt 1831 Frischfischproben auf ihre Frische und Verzehrsfähigkeit hin untersucht. Unter die Lupe genommen wurden Fischarten, die vom Fang bis zu ihrem Verzehr nicht gefroren waren und somit als ganzer Fisch oder als Filet im Eis – zum Beispiel in Fischtheken – angeboten werden. Vor allem Seelachs, Kabeljau/Dorsch sowie Rotbarsch wurden organoleptisch, das heißt optisch, geruchlich und geschmacklich sowie chemisch untersucht.
Mittels chemischen Nachweises auf Verderbnismoleküle im Parameter „TVB-N“ wurden 367 Fischproben, die insbesondere aus den Fisch-Bedientheken stammten und zuvor nicht gefroren waren, zusammen mit einer sensorischen Überprüfung untersucht. TVB-N ist die Abkürzung für „Total Volatile Basic Nitrogen“ und beschreibt die Summe aller flüchtigen Basenstickstoffe, die vornehmlich für die Geruchs- oder Geschmacksabweichungen verantwortlich sind. Dieser Parameter wird insbesondere für die Frischegradbestimmung bei Seefischen herangezogen. Mit abnehmender Frische eines Seefisches steigt sein TVB-N-Gehalt an und ist ab einer bestimmten Menge auch mit der eigenen Nase wahrnehmbar. Die Grenzwerte von TVB-N bei den Seefischarten sind unterschiedlich, da die einzelnen Fischarten von Haus aus unterschiedliche Normalwerte mitbringen. In 62 der untersuchten Proben, das entspricht einem Anteil von knapp 17 Prozent, wurde eine Geruchsabweichung in Verbindung mit einem erhöhten Gehalt an Verderbnismolekülen bestimmt. Der ermittelte Gehalt überschritt in diesen Proben die zulässigen Grenzwerte, die im EU-Recht festgelegt sind. Die abweichenden Proben wurden in Zusammenarbeit mit den zuständigen kommunalen Behörden beanstandet und auf Grundlage der Lebensmittelgesetzgebung geahndet.
Die 62 nicht mehr frischen Fische wurden insbesondere in den Sommermonaten aufgefunden. Diese Häufung in der warmen Jahreszeit zeigt, dass eine strikte Einhaltung der Kühlkette notwendig ist, um die Frische eines Fisches zu gewährleisten. Bereits eine kurze Unterbrechung kann ausreichen, um eine unerwünschte Erwärmung des Fisches mit schnell abnehmender Frische entstehen zu lassen.
Eine ununterbrochene Einhaltung der Kühlkette ist nicht nur für die Lagerung des Fisches bis zu seinem Verkauf notwendig, sondern gilt auch für den Transport des Fisches von der Ladentheke bis zum eigenen Kühlschrank sowie der Lagerung dort. Frische Fische dürfen nach rechtlichen Vorgaben bis zu ihrem Verkauf nur bei Temperaturen von schmelzendem Eis gelagert und angeboten werden, also zwischen 0 °C und 2 °C (wenn Süßwasser zur Eisgewinnung verwendet wird). Diese Temperatur kann nur gehalten werden, wenn der Fisch beziehungsweise das Filet im Eis liegt oder vom Eis bedeckt ist – und nicht in Form von Stapeln auf dem Eis in der Ladentheke liegt.
Beim Kauf eines Fisches sollten insbesondere die eigenen Sinne eingesetzt werden: Frische Fische oder Fischfilets lassen sich anhand ihres Aussehens und ihres Geruchs erkennen. Die Augen eines Fisches sollten nicht stumpf und eingefallen, sondern klar und prall gefüllt sein. Die (Schleim-)Haut sollte glatt, glänzend, durchscheinend und ohne sonstige Beimengungen sein. Die Kiemen sollten deutlich rot und zusammenhängend sein. Sie sollten ebenfalls wenig Schleim aufweisen und ein gleichförmiges Erscheinungsbild haben. Der Fisch sollte weder unangenehm fischig, noch tranig oder stechend riechen. Ein Geruchstest beim Kauf oder unmittelbar nach Entgegennehmen der Ware kann hier hilfreich sein. Auf dem Weg des gekauften Fisches zum eigenen Kühlschrank sollten Verbraucherinnen und Verbraucher für den Transport – vor allem in den Sommermonaten – eine gut isolierte Kühltasche mit Kühlelementen verwenden. Alternativ können als Kühlelemente auch zugleich mit dem Fisch erworbene Tiefkühlprodukte dienen. Frischer Fisch sollte nach Möglichkeit noch am Tag seines Kaufes zubereitet und verzehrt werden, da die Kühlmöglichkeiten im eigenen Haushalt in der Regel nicht auf eine Lagerung von mehr als einem Tag eingestellt sind: Die meisten Kühlschränke in deutschen Haushalten weisen eine Kühltemperatur von 6 °C und mehr auf.
Thunfisch