Morphin und Pflanzenschutzmittelrückstände in Mohnsaaten
Mohnsamen für Speisezwecke sind die reifen Samen von Papaver somniferum L. (Schlafmohn). Untersuchungen zeigten, dass Mohnsamen höhere Gehalte an Morphin aufweisen können. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat eine gesundheitliche Bewertung des Morphingehaltes in Mohnsamen vorgenommen und einen vorläufigen Richtwert von 4 mg/kg abgeleitet. Im Lebensmittelinstitut Braunschweig des LAVES wurden insgesamt 12 Proben Mohnsamen untersucht. Das Ergebnis: bei sieben Proben wurde der Richtwert überschritten. |
Mohnsamen für Speisezwecke sind die reifen Samen von Papaver somniferum L. (Schlafmohn). Sie dienen in Deutschland hauptsächlich zur Herstellung von mohnhaltigen Backwaren. Die Samen von Blau-, Grau oder Weißmohn werden z.B. zum Bestreuen der Gebäckoberfläche von Brot, Brötchen oder Knabbergebäck verwendet. In gemahlener Form werden sie für die Herstellung von Mohnmassen zum Füllen von Mohnkuchen, Mohnstollen usw. eingesetzt.
Untersuchungen zeigten, dass Mohnsamen höhere Gehalte an Morphin aufweisen können. Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint der Morphingehalt in Speisemohn vor allem von der Mohnsorte und den jeweiligen Ernteverfahren abhängig zu sein.
Neben Morphin kommen in Mohnsamen noch weitere Alkaloide wie z.B. das Codein vor. Untersuchungen zeigten, dass hohe Codeingehalte ausschließlich mit hohen Morphingehalten vergesellschaftet auftraten.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat eine gesundheitliche Bewertung des Morphingehaltes in Mohnsamen vorgenommen. In dieser Bewertung wird eine vorläufige maximale tägliche Aufnahmemenge von 6,3 µg Morphin/kg Körpergewicht/Tag angegeben. Für einen Erwachsenen mit einem Körpergewicht von 60 kg errechnet sich daraus eine vorläufige maximale tägliche Aufnahmemenge von 0,38 mg Morphin. Hieraus wurde ein vorläufiger Richtwert von 4 mg/kg Mohnsaat abgeleitet. Auch für Kinder ist bei Einhaltung dieses vorläufigen Richtwertes mit keinen negativen Wirkungen zu rechnen.
Für Codein wurde bislang noch kein Richtwert etabliert. Das BfR legte unter Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte einen vorläufigen Anhaltswert von 1 bis 2 mg/kg fest.
Grundsätzlich sollte angestrebt werden, nur Mohn mit einem Gehalt unterhalb des vorläufigen BfR-Richtwertes von 4 mg/kg direkt an den Verbraucher abzugeben.
Bei Gehalten von über 4 mg/kg bis 20 mg/kg wird empfohlen, als Deklaration einen allgemeinen Hinweis anzubringen. Dieser könnte z.B. lauten: "vor Verzehr mit warmem Wasser waschen, bei rohem Verzehr maximale tägliche Verzehrsmenge 20 g, kein Lebensmittel für Kleinkinder".
Mohnsamen mit Morphingehalten über 20 mg/kg sollten nach entsprechender Prüfung nur noch an weiterverarbeitende Betriebe abgegeben werden.
Mohn für weiterverarbeitende Betriebe
Für Mohn, der z.B. für Bäckereien zu Backzwecken bestimmt ist, verhält sich die Situation etwas anders, da hier durch entsprechende Verarbeitungsschritte eine deutliche Senkung des Morphingehaltes erzielt werden kann. Der Morphingehalt kann in Mohnsamen und Mohngebäcken durch eine praxisübliche Verarbeitung gesenkt werden. Dazu zählen z.B. Erhitzungsprozesse wie Backen und Rösten oder auch Waschen bzw. Dämpfen des Mohns. Bereits ein Mahlen der Mohnsamen bewirkt eine Reduzierung des Morphingehaltes. Beim Verzehr von verarbeiteten mohnhaltigen Lebensmitteln wird im Vergleich zu rohen, unbearbeiteten Mohnsamen eine deutlich geringere Morphinmenge aufgenommen. Der vorläufige BfR-Richtwert von 4 mg/kg kann daher für den Rohmohn nur bedingt angewendet werden. Der Verantwortliche muss allerdings in jedem Fall nachweisen, dass die Verarbeitung der Mohnsamen durch Wasch-, Mahl und Erhitzungsprozesse zu einer ausreichenden Reduzierung des Morphingehaltes geführt hat.
Durch den Verzehr des hergestellten Mohngebäcks darf die maximal tägliche Aufnahmemenge von 0,38 mg Morphin pro Person nicht überschritten werden. Der Lieferant hat daher gegenüber dem Weiterverarbeiter die Informationspflicht über den Morphingehalt des angelieferten Mohns.
Die seit September 2014 vorliegende Empfehlung der Kommission 2014/662/EU vom 10.09.2014 beinhaltet Informationen über gute Praxis zur Vermeidung und Verringerung des Vorhandenseins von Opiumalkaloiden in Mohnsamen und Mohnerzeugnissen (ABl. Nr. L 271/96 vom 12.9.2014).
Im Lebensmittelinstitut Braunschweig wurden im Jahr 2015 insgesamt 12 Proben Mohnsaaten untersucht. Bei sieben Proben handelte es sich um Waren aus dem Einzelhandel. Fünf Proben kamen als lose Abfüllungen aus Bäckereien. Neben den Morphingehalten wurden die Proben auch auf ihre Codeingehalte hin untersucht. Ergänzend wurde auch auf Pflanzenschutzmittelrückstände überprüft, da frühere Untersuchungen zum Teil deutliche Belastungen aufzeigten.
Bei der Untersuchung wurde außerdem überprüft, ob eine Verbesserung hinsichtlich der Deklaration von Warnhinweisen und Verzehrempfehlungen vom Handel umgesetzt wurde.
Ermittelt wurden in 12 Proben die Gehalte an Morphin und Codein. Die Morphingehalte lagen zwischen 0,42 mg/kg und 15,06 mg/kg. Darunter befanden sich sieben Proben mit Richtwertüberschreitungen. Die Codeingehalte lagen zwischen nicht nachweisbar (< 0,05mg/kg) und 1,48 mg/kg und somit unter dem Anhaltswert.
Von den sieben Proben mit Richtwertüberschreitungen wies eine Probe aus dem Einzelhandel einen Warnhinweis und Verzehrempfehlungen auf. Bei den anderen sechs Proben (2 x Einzelhandel, 4 x Bäckereien) fehlten entsprechende Hinweise auf der Verpackung oder waren den Unterlagen nicht zu entnehmen.
Alle 12 Proben wurden auf Pflanzenschutzmittelrückständeuntersucht. Insgesamt waren fünf Proben rückstandsfrei. Sieben Proben wiesen nachweisbare Gehalte an ein bis vier Wirkstoffen auf. Zwei Proben aus dem Einzelhandel wurden aufgrund von Höchstgehaltsüberschreitungen (1 x Pirimiphosmethyl, 1 x Famoxadon) als nicht verkehrsfähig beurteilt.
Aufgrund der Untersuchungsergebnisse, sollte eine regelmäßige Wiederholung des Projektes angestrebt werden, um einer Anhebung des vorläufigen Richtwertes entgegenzuwirken.
In der EU wird derzeit ein möglicher Richtwert von 10 mg/kg für Morphin diskutiert. Die Bewertung durch die EFSA wird jedoch zunächst abgewartet.
Weitere Informationen zu Morphin: